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„wozu lesen?“ von charles dantzig – ein buchtipp

dieses buch ist eine wunderbare ergänzung zu ecos und carrières buch „die große zukunft des buches“. entpuppen sich eco und carriére als büchersammler und -liebhaber, als bibliophile, so ist charles dantzig der ultimative leser. jemand der nicht aufhören kann, beständig zu lesen. seine passion begann als kind. es war der versuch, der erwachsenenwelt näher zu kommen, es den erwachsenen gleich zu tun, in der hoffnung ebenso viel macht über den alltag zu erlangen. dies stellte sich zwar erst einmal als trugschluss heraus, doch es entstand eine lust an der literarischen einkehr. und es stellt eine provokation dar.

so schreibt danzig unter der überschrift „lesen, um sich abzusondern“: „lesen ist ein schwerer fall von selbstabsonderung. ich behaupte, man liest gerade, um sich abzusondern. skandalös! es hat mich immer schon erstaunt, welcher abscheu lesenden menschen, ich meine echten büchernarren, entgegenschlägt. ich selbst wurde von frühester jugend an dafür gehasst, wie ich war, weil ich diesen eigenartigen lesehunger verspürte, … in paris spaziere ich häufig lesen die rue de rennes entlang. seit einigen jahren sind dort … menschen postiert, die umfragen machen. ich kann mich fest darauf verlassen, dass mich einer von ihnen darum bitten wird, ein paar fragen zu beantworten. dabei deutet meine ganze haltung auf innere einkehr hin. ich sehe darin einen feindseligen und gehässigen akt gegen meine person. diese leute vertreten das uniforme denken, gott weiß, dass umfragen eine form von uniformem denken sind. kein wunder, dass sie den anblick von menschen, die ihre einsamkeit offenkundig genießen, nicht ertragen können.“ (s. 78)

und so entpuppt sich charles dantzig in seinem buch „wozu lesen?“ als verfechter des ungestümen, ungebremsten beinahe süchtigen lesens. er erteilt in kleinen, kurzen betrachtungen zu vielen verschiedenen aspekten des lesens zum beispiel pädagogischen zielen des lesens eine abfuhr. denn leserInnen können auch weiterhin mörderInnen sein, diktatorInnen oder despoten sein. sie können es aber auch sein, wenn sie nicht bücher lesen. es stimmt laut dantzig also nicht, dass lesen bildet, dass man beim lesen automatisch lernt. er betrachtet das lesen aus allen blickwinkeln: „lesen verändert uns nicht“, „lesen, um sich auszudrücken“, „lesen, um die buchmitte zu überwinden“, „lesen, um sich zu widersprechen“ oder „lesen, um sich zu verjüngen“ und „lesen als laster“ lauten beispielhaft die überschriften.

ein amüsantes buch für vielleserInnen. denn man fühlt sich bestätigt in all seinem tun und denkt während des lesens: „jawoll ja, er hat ja so recht.“. und man entdeckt am eigenen lesen noch so viel interessantes, das man bis zu dieser lektüre noch gar nicht bedacht hatte. hier meine antwort auf die frage „wozu lesen?“: „wegen diesem buch!“.
das buch ist 2011 im lagerfeld, steidl, druckerei verlag in göttingen erschienen. ISBN 978-3-86930-366-6

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„seelengevögelt“ von veit lindau – ein buchtipp

noch ein ratgeber zum selbstcoaching oder zu selbstoptimierung (das sz-magazin hat gerade in seiner letzten ausgabe den begründer der selbstoptimierung ausgemacht – gustav grossmann: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36861 ). aber ein buch mit aufforderndem und ganz humorvollem charakter. denn die sprache, die veit lindau verwendet, ist direkt und ohne schnörkel. das kann spass machen, vor allen dingen, da er sich erst einmal keiner problemlösungsinstitution angeschlossen hat.

das buch „seelengevögelt – manifest für das leben“ fordert dazu auf, das für einen selber wesentliche zu leben. auch dies keine neue botschaft, aber zumindest untermalt von einem großen optimismus. wie in anderen ratgebern tauchen hier zwar die ebenso die be- und verhinderungen des lebens der eigenen bedürfnisse auf, aber es droht im hintergrund nicht so sehr die „arbeit an sich selbst“. wahrscheinlich kommen wir heute ohne bücher, die uns beraten, wie man mit der vielfalt und den ruhigstellungsversuchen klarkommt, kaum mehr aus.

all diesen büchern ist eins gemein, sie reissen die gesellschaftlichen und politischen gründe für ein teils überforderndes und kompliziertes leben an, aber sie führen die daraus folgenden handlungen immer wieder auf den einzelnen zurück, der nur allein die wirkliche veränderung bewerkstelligen kann. kooperatives verhalten scheint unvorstellbar geworden zu sein. das sagt viel über unsere gesellschaft aus, die bücher sind auch nur eine folge daraus.

und doch finde ich das buch lesenwert, eben da es sehr direkt formuliert, vor welchen entscheidungen man sich gestellt sieht. und der autor formuliert gerade heraus, dass es verdammt viel zu entdecken gibt, dass kreativität eine möglichkeit ist, den eigenen ausdruck für ein lebenskonzept zu finden. manchmal wünscht man sich etwas mehr analysen der gründe für die ängste in einer angstgenerierenden gesellschaft. das buch ist 2011 im life-trust-verlag erschienen. ISBN 978-3-9434-7800-6

schnickschnack (99)

nächstes jahr ist es wieder so weit: die 13te documenta findet statt. erstaunlicherweise funktioniert das konzept einer großen ausstellung von zeitgenössischer kunst alle fünf jahre. noch spannender wird sie dadurch, dass jedes jahr jemand anderes als künstlerische leiterin oder künstlerischen leiter für die inhalte und den aufbau der ausstellung zuständig ist. dieses jahr ist es carolyn christov-bakargiev.

so entsteht eine mehrjährige „lücke“ zwischen den ausstellungen, die der vorbereitung der nächsten ausstellung dient. in der nähe von kassel lebende menschen konnten zwischen den großen events oft an den vorbereitungen durch vorträge, umbauten oder zwischenschauen teilhaben, doch andere menschen bekamen höchstens ein wenig in den feuilletons mit. da sei inzwischen das internet davor.

es gibt eine jetzt schon prall gefüllte homepage der nächsten documenta. da werden seit dem märz dieses jahres broschüren mit vorbereitenden texten und anderen arbeiten veröffentlicht. insgesamt bis zur eröffnung wohl 100 verschiedene broschüren. zudem finden sich viele links, texte und sogar eine bibliographie zu den vorbereitungen auf der seite. wenn man darüber schaut, dann kann man feststellen, dass im vorfeld der nächsten documenta ein philosopisch-künstlerisch-sozialwissenschaftlicher diskurs angeregt werden soll. viel dreht sich um die funktion der digitalen welt, aber auch der sprache, des schreibens, der kommunikation. ein spannender mix aus nicht allzu neuem und ganz neuem. die kombination stellt die basis eines kreativen ergebnisses dar. schmökern lohnt sich. und die zeit zwischen den documentas erscheint nicht gar so lang.

zu finden ist die webseite unter: http://d13.documenta.de/de/

jonathan franzen über das schreiben und den umweltschutz – ein lesetipp

in der aktuellen ausgabe der zeitschrift „cicero“ ist ein längeres interview mit jonathan franzen abgedruckt. auslöser ist die frage nach seinem umweltpolitischen engagement. auslöser sind der boom der grünen in deutschland und die umweltpolitischen essays von franzen in us-amerikanischen zeitschriften.

und es wird interessant. denn die umweltpolitik ist nur ein aspekt eines gesellschaftskritischen autors, der sich mit der frage auseinandersetzt, wie viel der aktuellen schwierigkeiten in der literatur platz finden kann und vor allen dingen in welcher form. anschließend wird der bogen vom gesellschaftlichen engagement zur persönlichen verfassung beim schreiben geschlagen.

auch hier sind die ausführungen recht interessante. hier traut sich jemand zu formulieren, dass das schreiben auch immer eine persönliche verarbeitung von anliegen und schwierigkeiten ist. der interviewer wolfram eilenberger möchte im schreiben noch stärker eine therapeutische funktion sehen als franzen selber. franzen hält sich da ein wenig bedeckt, will aber die chancen der selbstvergewisserung beim schreiben nicht klein reden.

auch wenn sich die interviews mit schriftstellerInnen über ihr schreiben in letzter zeit in den zeitschriften und zeitungen häufen (eine interessante frage, weshalb das schreiben so einen großen stellenwert bekommt), ist auch dieses interview recht aufschlussreich. es zeigt, wie unterschiedlich die beweggründe für das schreiben sein können. und es zeigt gleichzeitig, dass es wirkung zeigt, sowohl beim autor als auch bei den leserInnen. das ist ein aspekt, der heute gern klein geredet wird. wahrscheinlich unterschätzt sich der mensch an diesem punkt selbst ganz gern.

web 2.49 – edge.org

der mensch verfügt über einen vorsprung gegenüber tieren und technischen geräten. er kann über seine situation reflektieren, nachdem er sie wahrgenommen hat und erfahrenes kommuniziert. aus den reflexionen resultieren beim menschen oft handlungen. doch er misstraut seiner eigenen wahrnehmung oder nimmt sehr unterschiedlich wahr. darum muss sich der mensch immer wieder über seine möglichen handlungen austauschen.

im internet gibt es eine plattform, die den rahmen für einen umfassenden austausch über fragen, die die menschheit bewegen, bietet. „edge.org“ stellt einmal im jahr eine frage zur zukunft und menschheit, sozusagen eine frage des jahres, und fordert dazu auf, antworten in essays zu geben. ein teil der eingehenden antworten wird dann veröffentlicht und zur diskussion gestellt. die frage dieses jahres lautet: What Scientific Concept Would Improve Everybody’s Cognitive Toolkit? . letztes jahr ging es zum beispiel darum, inwieweit das internet unser leben beeinflusst und unser denken verändert.

nun sind wissenschaftlerInnen, künstlerInnen, philosophInnen, psychologInnen und zum beispiel schriftstellerInnen aufgefordert, eine antwort auf die frage zu finden. auf der homepage kann man viele antworten, aber auch viele journalistische auseinandersetzungen mit der frage des jahres zu finden. leider ist die website ein wenig unübersichtlich und man muss sich erst einmal durchwühlen, wo denn nun welcher beitrag ist. wann handelt es sich nur um eine journalistische aufarbeitung und wann handelt es sich um einen essay.

doch während man sucht, kann man sich ja schon einmal gedanken zur großen frage machen. vielleicht verfasst man einmal einen eigenen essay. zu finden ist die seite unter: http://www.edge.org/ . viel spaß beim lesen und erfahren, wie es uns so geht (übrigens wird ausschließlich in englisch kommuniziert).

„fuck it!“ von john c. parkin – ein buchtipp

kurz, griffig und direkt ist der titel des buches ein eyecatcher. das f***-wort ohne hemmungen verwendet spricht zum einen die sex-sells-haltung als auch die scheissegal-haltung an. das buch konzentriert sich auf zweitere. doch das würde dem buch nicht gerecht werden. john c. parkin möchte mit seinem buch sehr viel mehr. der vollständige titel lautet: „fuck it! – loslassen entspannen glücklich sein“ und reiht sich in die ratgeber ein, die das leben ein wenig leichter machen wollen.

alles in allem glückt das dem buch. denn es greift den gedanken auf, dass wir uns zwar alle nach bestem wissen und gewissen ohne ende bemühen, doch damit allen lebensbereichen zu viel bedeutung geben. alles was wir heute tun ist bedeutungsvoll und nicht selten weit weg von dem, das wir tun wollen. um sich von all den lebenskompromissen, die man so eingeht, zu verabschieden, empfiehlt parkin ein lautes „fuck it!“ von sich zu geben. oder wie es über einem kapitel geschrieben steht: „wir sagen fuckt it, wenn wir aufhören, dinge zu tun, die wir nicht tun wollen“.

in der folge fordert der autor dazu auf zum beispiel zur „richtigen ernährung“, zu beziehungen, zu krankheiten und schmerz, zu geld, zum wetter, zu selbstkontrolle und disziplin, zur angst oder auch dazu, eine friedliche person zu sein, „fuck it!“ zu sagen. es werden erst all die erwartungen und regeln demontiert, die einen von den wirklich wichtigen dingen abhalten, um dann das loslassen mit diversen entspannungstechniken zu erleichtern. denn der mensch neigt schnell zu schlechtem gewissen, wenn er den vorgegebenen rahmen verlässt. das hindert ihn aber am glücklich sein, so weit sich dies überhaupt verallgemeinern lässt. also tief durchatmen, fuck it sagen, loslassen, annehmen und eben glücklich sein.

das klingt hübsch, eher spielerisch und leichter geschrieben als getan, doch man kann sich den gedanken des autors nicht ganz entziehen. wer kennt nicht die frage: „wozu mache ich das eigentlich alles“? es bleibt eine berechtigte frage, auch wenn sie tagtäglich von vielen menschen gestellt wird. eine alternative kann da sicherlich größere gelassenheit sein. doch es geht eben nicht um die „scheissegal“-haltung, wie oben vermutet. es geht um eine konzentration auf den genuß und auf das, was sich gut anfühlt. na dann, einfach lesen und sich nur nicht zu viele gedanken danach machen. einfach sein 😮 .

das buch ist im ariston verlag, der zu random house gehört, 2010 erschienen. ISBN 978-3-424-20030-0 , homepage: http://www.thefuckitway.com/

schreibidee (131)

gerade habe ich ein interview mit jemandem gelesen, der versucht die welt in mathematische formeln zu packen. schon die filmreihe „matrix“ beschäftigte sich mit der frage, inwieweit die welt, die abläufe und das verhalten nicht auf mathematische rechnungen reduzieren lassen. zumindest suggeriert die entwicklung des computers diese vorstellung. die schreibanregung soll also in „weltformel-geschichten“ münden.

viele menschen stehen mit der mathematik auf kriegsfuss. deshalb sollte als einstieg ein cluster zum begriff „mathematik“ erstellt werden und daraus ein 1-seitiger text entstehen. anschließend ist eine 30-wort-assoziation zu der frage „was ist realität“ zu erstellen, um nun eine kurze geschichte zu verfassen. diese beiden texte werden von den teilnehmerInnen in der schreibgruppe vorgestellt. dadurch können alle noch einmal zusätzliche anregungen erhalten.

jetzt sind stichworte zu notieren, was passieren würde, wenn man selber die weltformel finden würde und damit die gesamte welt, ihre entstehung und die entwicklung, das verhalten des menschen erklären zu können. wäre dies ein positiver oder ein negativer zustand? was bedeutet dies für das zusammenleben, würden forscher daran arbeiten, den menschen neu zu programmieren? könnten wir hinter den vorhang unserer wahrnehmung schauen und plötzlich die welt ganz anders sehen?

viele weitere fragen können eine anregung für die assoziationen und ideen geben. begibt sich zum beispiel die mathematik in esoterische gefilde und erhält sie plötzlich eine gesellschaftstheoretische, philosophische note? weitere überlegungen können von den leiterInnen der schreibgruppen gegeben werden. anschließend ist eine längere geschichte zur weltformel zu verfassen, die in der gruppe vorgelesen wird.

biografisches schreiben und lebensphilosophie

 

einer der interessantesten aspekte bei biografien ist die lebensphilosophie der schreibenden. welche grundhaltungen nehmen sie zu dem ein, was ihnen widerfährt? denn erlebnisse kann man teilen, also gemeinsam erleben, doch was der andere, die andere denkt, kann man nicht erfassen, noch nicht einmal ahnen. auch wenn dies bei uns gern so gehandhabt wird, nämlich zu vermuten, was die anderen denken könnten, geschieht es doch oft genug, dass festgestellt wird, man hat sich getäuscht.

wie gelange ich dazu, meine eigene lebensphilosophie zu formulieren? unter den „schreibtechniken“ habe ich in diesem zusammenhang das arbeiten mit tabellen und listen als eine möglichkeit beschrieben, sich seiner eigenen haltung anzunähern. auch bei formen der emotionalen kurven habe ich bezug auf die lebensphilosophie genommen. doch es gibt noch weitere möglichkeiten. eine hier in letzter zeit öfter benannte, ist das arbeiten mit fragebögen. dann natürlich das nachlesen in tagebüchern, die meist nicht nur eine schilderung der ereignisse beinhalten, sondern auch haltungen widerspiegeln. man kann sich auch in gesprächen und diskussionen mit anderen seiner eigenen position annähern. oder zum beispiel einen persönlichen „zitatenschatz“ aus büchern zusammenstellen, die einen am meisten berührt haben.

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„warum denken traurig macht.“ von george steiner – ein buchtipp

manchmal läuft man am regal der philosophischen und soziologischen bücher vorbei und ein titel macht einen neugierig. dann schaut man sich den klappentext an und stellt fest, es klingt wirklich interessant. irgendwann nimmt man sich die zeit, das buch zu lesen und bemerkt sofort, das ist wahnsinnig spannend und berührt beinahe alle lebensaspekte, die man sich vorstellen kann.

dabei kommt das buch so klein und unscheinbar daher. der autor george steiner bezeichnet seine niedergeschriebenen gedanken auch gleich als „provisorischen versuch“. ein provisorium, das beständig zum denken anregt und somit laut autor traurig macht. der grundgedanke des buchs „warum denken traurig macht. zehn (mögliche) gründe“ ist, dass der mensch sich über sein denken nicht hinausdenken kann und deshalb keine gewissheit haben wird, ob das, was er denkt, nicht schon längst gedacht wurde oder überhaupt das abbildet, was existent ist. einzig eine sache ist sicher, dass beständig gedacht wird und dass man mit dem denken nicht aufhören kann. steiner vergleicht das mit dem atmen. er behauptet, dass man länger die luft anhalten kann als nicht zu denken.

auf ca. 110 seiten werden themen angesprochen wie glaube, gott, realität, phänomenologie, liebe, wissenschaft, kreativität, sprache, kommunikation, subjektivität und noch vieles mehr. man kann das buch nur als dicht bezeichnen. wer sich also in seinem denken verstören und verunsichern lassen will, wer den gedanken erträgt, dass das einzig sichere der tod ist, dem sei dieses buch empfohlen. es kann erfrischend sein, sich verstören zu lassen. mir hat das buch viel spaß gemacht und manche hinweise geliefert. es ist 2008 bei suhrkamp taschenbuch erschienen in frankfurt am main. ISBN 978-3-518-45981-2

10 fragen zur selbstbefragung (01)

  1. welches problem würden sie vordringlich als berater/in von obama in angriff nehmen?
  2. nachdem sie eine hühnerfarm besucht haben, essen sie dann noch hähnchenfleisch?
  3. wie wird ihre haltung zur sterbehilfe wohl sein, wenn sie ein schwerer pflegefall auf einer pflegestation sind?
  4. was ärgert sie zur zeit am meisten?
  5. geben sie ihrem ärger ausdruck oder behalten sie ihre stimmung für sich?
  6. mit wem streiten sie am ehesten: partner/in, arbeitskollege/kollegin, menschen auf der strasse oder verwandtsschaft?
  7. welchen traum wollen sie in diesem leben auf alle fälle noch verwirklichen?
  8. was finden sie schöner: ein kunstwerk oder einen hübschen menschen?
  9. würden sie für eine angemessene summe bei „ich bin ein star, holt mich hier raus!“ mitmachen?
  10. wer stand/steht ihnen näher, ihre mutter oder ihr vater? warum?

schnickschnack (51)

heute schnickschnackt es nur noch so. doch gerade lief mir ein ganz interessanter link über den weg. es betrifft weniger das schreiben, denn die gesellschaftlichen hintergründe und sozialen netzwerke. vor ein paar jahren wurde von der humboldt-universität und der viadrina in frankfurt an der oder eine governance-school gegründet.

der schwerpunkt dieser einrichtung liegt bei den themengebieten, ehrenamt, bürgerschaftliches engagement, zivilgesellschaft, ngo´s und gesellschaftstheorien. im rahmen der gründung, wurde auch eine präsenzbibliothek zu diesen themenschwerpunkten in berlin geschaffen. der katalog der bibliothek kann online eingesehen werden. ansonsten handelt es sich um eine bibliothek, in der der bestand frei zugänglich ist.

wer sich also zu erwähnten themen kundig machen will, findet eine recht einmalige zusammenstellung entsprechender literatur. da es in der gesellschaft anscheinend immer wichtiger wird, die versorgung und organisation selbst zu übernehmen, abseits der üblichen handlungsfelder politik und verwaltung, können die informationen der bibliothek zum beispiel ganz hilfreich sein beim aufbau eigener projekte oder bei der unterstützung von ngo´s („nichtregierungsorganisationen“).

zu finden ist der katalog der humboldt-viadrina-governance-school-bibliothek (was für ein wort) unter: http://vzlbs2.gbv.de./DB=52/ .

biografisches schreiben und lebenssinn

bisher wurde hier bei den überlegungen zum biografischen schreiben meist aufgezeigt, wie viel in der eigenen lebensgeschichte zu entdecken ist, was mensch für sich ergründen kann, um es an andere weiterzugeben. dabei wurde ausgeklammert, dass menschen bei einem resümee ihrer eigenen biografie an einem punkt angelangen können, der ihnen zeigt, dass sie vieles gelebt haben, was für sie im nachhinein und im ganzen betrachtet keinen sinn machte.

dazu zählen zum beispiel die momente, in denen man gegen seine eigenen interessen und bedürfnisse verstoßen muss. solche situationen kennt jeder mensch, da man sich nicht jeden moment und jede handlung frei wählen kann. doch es gibt menschen, die in der rückschau feststellen, vollständig fremdbestimmt gelebt zu haben. welche konsequenzen kann eine solche erkenntnis bei der biografiearbeit nach sich ziehen?

ich denke, man sollte sich vor allen dingen davor schützen, alles in bausch und bogen zu verteufeln. selbst bei einer sehr negativen bilanz in bezug auf den lebenssinn, wäre es hilfreich mehr ins detail zu gehen, um für sich festzustellen, ob nicht doch einzelne situationen sehr wichtig für einen waren.

außerdem gibt es keine altersgrenze dafür das ruder des eigenen lebenskonzeptes herumzureissen. einer der häufigsten gründe, weshalb menschen das ruder nicht früher herumreissen, hat damit zu tun, das vorweg angenommen wird, die situation werde nur anstrengender und noch unbefriedigender. schaut man sich die lebensgeschichten verschiedener menschen an, kann man feststellen, dass sich meist die im laufe der zeit wohler fühlen, die recht nahe an ihren subjektiven bedürfnissen leben.

und im vorfeld lässt sich vielleicht präventiv feststellen: man kann wahrscheinlich nicht zu früh damit anfangen sich entweder mit seiner biografie auseinanderzusetzen oder tagebuch zu schreiben, um im laufe der zeit ein gespür dafür zu bekommen, wie die eigenen bedürfnisse eigentlich aussehen. nur dann kann auch die konsequenz gezogen werden, wenn man bemerkt, dass man nicht mehr dem lebenssinn folgt, der einem wichtig ist.

web 2.0 und philosophie

manchmal zappt man sich so durch das programm und landet plötzlich bei einer kleinen perle, die leider schon eine gewisse zeit gesendet wird und nicht mehr vollständig aufgezeichnet werden kann. aber die modernen zeiten ermöglichen es, die sendung noch einmal im internet anzuschauen.

und so sei von mir die sendung „paris – berlin – die debatte“ vom 25ten september auf arte ans herz gelegt. denn das thema war: „der digitale mensch – schneller, stärker, schlauer?„. bei der digitalisierung der welt scheiden sich die geister, auch unter den philosophen. überwiegen die vorteile oder die nachteile, sowohl beim web 2.0 als auch beim handy? wahrscheinlich lässt sich diese frage erst in etlichen jahren beantworten. einig sind sich viele, dass ein sinnvoller umgang mit neuen medien gefunden werden muss. aber das betrifft eigentlich alle medien.

in der sendung von arte diskutieren zwei philosophen, ein experimenteller organisator und ein experte über diese fragen. eine spannende debatte, die sich den aktuellen gesellschaftlichen entwicklungen widmet. ein muss, wenn man die kritische distanz zum web 2.0 nicht aufgeben möchte. zu finden ist die sendung unter: http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2217930.html . ein paar zusatzinformationen zur sendung, zu den gästen und buchtipps sind zu finden unter: http://www.arte.tv/de/Die-Welt-verstehen/paris-berlin/paris-berlin/Naechste-Debatte/2103726,CmC=2103718.html .

tagung der ernst-bloch-gesellschaft zum begriff von heimat und stadt

berlin ist dieses jahr der tagungsort der ernst-bloch-gesellschaft, die das andenken des philosophen pflegt und diskutiert. da die veranstaltung in der metropole berlin stattfindet, in der bloch auch eine zeitlang wirkte und diskutierte. der stadt, die weit von seiner heimat entfernt lag, widmet sich das treffen vom 03ten bis 05ten oktober den begriffen „heimat“ und „stadt“ bei bloch. dazu finden verschiedene vorträge aus unterschiedlichen blickwinkeln statt. alle veranstaltungen sind kostenfrei und stehen jedem offen.

hatte vor einer weile der „segeberger kreis“ sein treffen unter das motto „schreiborte“ gestellt, wird bei der tagung der ernst-bloch-gesellschaft“ erst einmal der ort betrachtet, der vielleicht in späteren momenten auch zum schreibort werden kann. für menschen mit interesse an philosophischen diskursen ist die gesellschaft unter folgender adresse zu finden: http://www.ernst-bloch-gesellschaft.de/ . und das programm der tagung kann als pdf-datei hier betrachtet werden: http://www.ernst-bloch-gesellschaft.de/images/ebg-tagung-stadt-2008.pdf . vielleicht ist dies einen besuch in der stadt wert, um über die stadt nachzudenken.

verlag (13) – argument verlag

es gibt nicht sehr viele linke buchverlage. doch es gibt einen, der auf der einen seite bei den wissenschaftlichen fachbüchern eine eindeutig linke ausrichtung vorweist und auf der anderen seite seit jahren den gesellschaftskritischen krimi fördert. der „argument verlag“ gründet sein verlagsprogramm auf eine gesellschaftstheoretisch-kritische haltung, die sich auch im verlagsprogramm niederschlägt.

leider ist die homepage ein wenig unübersichtlich, was die suche nach interessanten angeboten etwas schwierig macht. man hat das gefühl, dass das gesamte verlagsprogramm nicht einzusehen ist. doch es ist genug anregendes zu finden. zum einen erscheint im verlag die zeitschrift „das argument“, eine fachzeitschrift für gesellschaftkritische theorie mit dem schwerpunkt der sozialwissenschaften. wer interesse an kritischer theorie hat, wird hier sicherlich fündig. daneben existieren zeitschriften zur „kritischen psychologie“, die in unregelmäßiger abfolge als „forum kritische psychologie“ erscheint, und zur „kritischen medizin“. auch die anderen fachbücher widmen sich den linken grundlagen für einen kritischen diskurs über aktuelle gesellschaftliche entwicklungen.

daneben werden die „ariadne-krimis“ herausgegeben. krimis mit einem feministischen, gesellschaftskritischen anspruch. sie sollen keine heile welt widerspiegeln, sondern gesellschaftliche widersprüche abbilden und aufgreifen. der hintergrund der krimis lässt sich schön an den hinweisen zu manuskripteinsendungen ablesen. wer also einen gesellschaftskritischen krimi verfassen möchte, kann sich hier kundig machen. allen anderen sei empfohlen, einmal einen etwas anderen krimi zu lesen. zu finden ist das gesamte verlagsangebot hier: http://www.argument.de .

web 2.19 – arts & letters daily

einer der großen vorteile des web 2.0 ist die enge verzahnung mit suchmaschinen. dazu kommt eine sehr aktuelle berichterstattung im netz. diese vorteile werden vor allen dingen von nachrichtenredaktionen und ihnen folgenden blogs genutzt. seltener finden sich gebündelte kunst- und kulturnachrichten.

doch das web 2.0 wäre nicht das web 2.0 wenn es nicht eine extreme ausnahme gäbe. die seite „arts & letters daily“ versucht im englischsprachigen raum zu bündeln, was nur zu bündeln ist. und bietet dadurch ein gigantisches feuilleton zum nachklicken. ob es sich nun um aktuelle meldungen, einer riesigen auswahl an buchrezensionen, an kommentaren und essays handelt, man kann  beinahe alles finden. dadurch erscheint die seite erst einmal unübersichtlich, doch wenn man sich ein wenig eingelesen hat, eröffnet sich einem eine große fundgrube. eigentlich besteht die seite nur aus weiterführenden links, die kurz beschrieben werden. es wird zu den führenden zeitungen und zeitschriften, die ihre texte ins netz setzen verwiesen. dabei werden themen, wie kunst, literatur, film, architektur, philosophie und mehr bevorzugt.

daneben gibt es eine nicht enden wollende linkliste, auch zu sendern und verlagen und ein unüberschaubares archiv aus den letzten jahren. mit dieser seite kann man sich monatelang beschäftigen, wenn man sich nur noch für kultur interessiert. ansonsten lohnt immer wieder ein abstecher zum reinschnuppern unter http://www.aldaily.com .

„abstrakt negiert ist halb kapiert“ – ein buchtipp

manchmal begegnet man in seinem leben menschen, die die eigene auffassung von der welt durcheinanderwirbeln. aus eigener erfahrung kann ich berichten, dass die vertreterInnen der kritischen psychologie dies bei mir schafften. und einer ihrer weiterhin sehr aktiven vertreter an der fu berlin, morus markard, hatte gerade einen runden geburtstag. und wie das gern in solchen momenten gemacht wird, verfassen ehemalige lernende eine festschrift.

so haben ehemalige mitstudentInnen den versuch unternommen einen aktuellen überblick über die diskussion in der kritischen psychologie zu geben. um es gleich zu schreiben, auch ich habe mich mit einem kleinen beitrag beteiligt. aber der eigentlich interessante aspekt ist der wunderbare gesamtüberblick darüber, was subjektwissenschaft alles bedeuten kann. in dem band „abstrakt negiert ist halb kapiert – beiträge zur marxistischen subjektwissenschaft – morus markard zum 60. geburtstag“ sind die verschiedenen aspekte und vertreterInnen der kritischen psychologie versammelt. es geht um die „kritik und weiterentwicklung psychologischer konzepte“, um „praxisverhältnisse“, um themen „über die psychologie hinaus“, um „kritische psychologie an der hochschule“, um „methodologie und methoden“ eines der steckenpferde von morus markard und um ihn selber.

je stärker der alltag einer psychologisierung ausgesetzt ist und je mehr das eigene verhalten einer gesellschaftlichen bewertung unterliegt, forderungen an die selbstverantwortung gestellt werden und die mainstream-psychologie sich der „glücksforschung“ und „neurologie“ widmen, um so wichtiger scheint es, dem eine kritische position entgegenzusetzen. das buch ist erschienen im verlag des bundes demokratischer wissenschaftlerinnen und wissenschaftler (bdwi) in marburg. ISBN 978-3-939864-05-9

kreatives schreiben und esoterik

 

„esoterik“ ist ein weites feld, das schwer in eindeutige beschreibungen zu fassen ist. das möchte ich auch hier nicht versuchen. ich nehme esoterik als oberbegriff für alle möglichen, abseits der mainstream-lebenshilfen und -glaubenrichtungen existierenden möglichkeiten einen zugang zur welt und zum eigenen glauben zu finden.

meiner ansicht nach können esoterik und kreatives schreiben eine fruchtbare verbindung miteinander eingehen. denn das kreative schreiben ist eine form des kreativen ausdrucks. eines ausdrucks, dessen inhalt nicht vorgegeben ist. will ich also meinen alltag auf anderen ebenen, zum beispiel spirituellen oder meditativen beschreiben oder meine spirituellen und meditativen erlebenisse in worte fassen, bietet auch hier das kreative schreiben gute möglichkeiten.

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„der sprung in den papierkorb“ – ein buchtipp

bücher über das schreiben und seine folgen oder techniken sind oft kleine handlungsanweisungen oder ratgeber. nur ganz selten kommen sie als humorvolle literatur daher. thomas hürlimann hat aber mit seinem buch „der sprung in den papierkorb – geschichten, gedanken und notizen am rand“ genau dies geschafft.

eine sammlung kleiner geschichten, beschreibungen und reden, die am „rand“ noch notizen zu einzelnen begriffen und ihren bedeutungen aufweisen, nähern sich humorvoll dem schreiben und der literatur an. oder betrachten die weitreichenderen folgen, mit eigenem an die öffentlichkeit zu gehen. in der sammlung verweben sich philosophie, literaturwissenschaft und reflexionen über das eigene schreiben. ein amüsantes büchlein. besonders angetan hat es mir die geschichte „im foyer“, die beobachtungen als gaderobier in der zürcher „theater-arche“ beschreibt. witziger kann man kulturpublikum kaum beschreiben.

ohne ratgeber zu sein, schimmert in etlichen texten die arbeitsweise des autors durch, die wiederum anlass sein kann, den eigenen schreibprozess damit zu vergleichen. ein kleines büchlein, das vor dem sprung in den papierkorb bewahrt werden sollte. das buch ist 2008 erschienen im ammann verlag, zürich mit der ISBN 978-3-250-60125-8

entschleunigung, slowdown und downshifting

die welt ist komplex. die zeit ist knapp. zeit ist geld und die kommunikation wird immer komplexer. wir menschen fühlen uns gestresst und überfordert. auch das privatleben wird inzwischen zu einer einzigen batterie an zeitmanagement-strategien. seit etlichen jahren gibt es eine gegenbewegung.

es gibt den versuch, sich die bewusste verfügung über die eigene zeit wieder anzueignen. man möchte sich, wie in „momo“ von michael ende, die zeit nicht mehr von den grauen herren stehlen lassen. man möchte wieder herr und frau der lage sein. es gibt inzwischen zeitphilosophische überlegungen und „simplify your live“-gruppen, die versuchen dem druck der beschleunigung standzuhalten. denn rasen ist eine geforderte verhaltensweise. widerstand bedeutet schon, nicht jederzeit ans telefon zu gehen oder nicht auf jede mail innerhalb von zehn minuten zu reagieren.

aber das ist leichter gesagt als getan. dabei ist der takt unseres lebens und unserer maschinen unser eigenes produkt. der natürliche rhythmus ist ein langwieriger, in unseren augen schon beinahe langsamer. wir haben in diesen rhythmus unsere tagesabläufe oder jahresplanungen gepackt und versuchen sie abzuhaken. würde uns wirklich etwas passieren, würden wir bestraft werden, wenn wir einen schritt langsamer gehen und einen termin weniger wahrnehmen?

kommt auf die lebensumstände und den job an. zeit ist inzwischen zu luxus geworden. wer geld hat, kann sich auch auszeiten leisten. wer es nicht hat, muss nach akkorden folgen.

die gegenbewegung macht sich inzwischen auch im internet bemerkbar. hier nur eine zeitphilosophische linksammlung: http://www.philosophers-today.com/whats-going-on/fachgebiet/zeit.html , wovon der interessanteste, der der „vereins zur verzögerung der zeit“ leider momentan nicht funktioniert. es ist nicht herauszufinden, woran das liegt. und ein ableger der simplify-bewegung hier: http://www.simpleliving.de/ . noch nicht ganz geklärt ist die frage, inwieweit entschleunigung und vereinfachung mit askese einhergehen müssen. warum nicht auch in saus und braus die zeit verschwenden?