Schlagwort-Archive: positiv

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (14)

aber arbeit

„seit wann hat schreiben spass gemacht?“, wird manche/r denken, wenn die überschrift wenn er/sie die überschrift liest. schreiben wird von vielen menschen zu den kompetenzen gezählt, die notwendig sind, aber nicht freude oder lust auf mehr bereiten. gut, mails, chats, sms, twitter, briefe und postkarten, das sind sondersituationen für die einzelnen, die eher mit kommunikation, mit reden, mit gegenseitigem austausch zu tun haben. doch so für sich erst einmal, einfach zu schreiben, geschichten zu notieren, gedanken auszuformulieren, das machen die wenigsten.

schreiben muss für viele von uns in eine „sinnvolle“ aufgabe eingebunden sein. schreiben muss angefordert oder erwartet werden, muss einen effekt haben. dabei wird unterschätzt, dass schreiben für sich, aus einer kreativen laune heraus, sehr wohl einen effekt hat. hat man diesen effekt jedoch noch nie erfahren, dann ist es schwer von außen nachzuvollziehen, dass schreiben und spass überhaupt kein widerspruch sind.

der wichtigste grund, weshalb nicht zum stift oder zur tastatur gegriffen wird, der liegt in der zeitknappheit, die als führendes argument ins feld geführt wird. „ich habe gar keine zeit und nicht die ruhe, mich hinzusetzen, um zu schreiben.“ schon an zweiter stelle folgt die argumentation: „ich muss während meiner arbeit schon so viel lesen und schreiben, da habe ich in meiner freizeit keine lust mehr dazu.“

es macht keinen sinn, jemanden zum schreiben zu überreden, der keine lust dazu hat, der schreiben als einzig anstrengendes unterfangen ansieht. aber es macht lust, menschen dazu zu überreden, es einmal kurz auszuprobieren, wie es sich anfühlt, wenn man „kreativ“ schreibt. denn meist schon nach den ersten versuchen des schreibens für sich selbst kommen viele menschen auf den geschmack. es ist qualitativ für alle schreibenden etwas anderes, selbst eine geschichte, ein gedicht oder auch nur ein elfchen zu schöpfen, als einen Weiterlesen

Werbung

schreibberatung und stärke

ratsuchende haben vor jedem beratungsgespräch schon die stärke aufgebracht, sich hilfe zu suchen, das gespräch zu vereinbaren und den termin wahrzunehmen. viele andere menschen verfügen nicht über dies kraft. doch im gespräch selber beschreiben sich viele als schwach, fehlerhaft oder unfähig eine bestimmte schreibaufgabe zu bewältigen. eine aufgabe von schreibberaterInnen ist es in diesem moment, neben der vermittlung von schreibtechniken, das selbstbewusstsein zu stärken.

dies lässt sich über verschiedene wege meist erreichen. zum einen kann man den menschen durch das absolvieren von schreibanregungen und die vermittlung von schreibtechniken, das gefühl zurückgeben, doch etwas schriftliches zu papier bringen zu können (und häufig dies nicht gleich abzuwerten). zum anderen kann man im gespräch die persönlichen ressourcen der ratsuchenden aufschlüsseln. meist zeigt sich, dass viel kompetenz vorhanden ist, diese aber als unzureichend betrachtet werden.

es geht oft in solchen beratungsgesprächen um die selbstbewertung, die wiederum auf teilweise erlebten fremdbewertungen basieren. man blickt also nicht selten in die vergangenheit, um festzustellen, wann das schreiben unangenehm wurde. kann man einzelne momente der abwertung durch andere ausmachen, dann können auch die gründe und maßstäbe für diese bewertungen hinterfragt werden. und man kann die frage stellen, warum den bewertungen durch andere so viel macht gegeben wird, dass die eigentliche tätigkeit des schreibens nicht mehr durchgeführt werden kann.

es geht nicht darum, bewertungen wegzureden. es wird sie immer geben, auch im berufsleben, teils berechtigt, teils beliebig. in der schreibberatung geht es darum, einen realistischen umgang mit den bewertungen zu finden, und einen angemessenen mit der Weiterlesen

selbstbefragung (156) – medien

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um die „medien“.

  • wie viel glauben sie den medien? beschreiben sie.
  • welche medien nutzen sie am häufigsten? warum?
  • in welchen medien haben sie schon veröffentlicht?
  • welche rolle sollten medien in der gesellschaft haben?
  • in welchen medien würden sie gern in erscheinung treten?
  • wen aus der medienwelt würden sie gern kennenlernen? warum?
  • was lassen sie sich die nutzung der medien kosten?
  • was bevorzugen sie: positive oder negative meldungen?
  • welche medialen produkte nerven sie am meisten? warum?
  • welche medialen produkte finden sie toll?

die letzten 150 selbstbefragungen sind als links hier gebündelt: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/01/05/1500-fragen-zur-selbstbefragung-aus-diesem-blog/

biografisches schreiben und lust (2)

über die lustvollen erlebnisse im eigenen leben wurde hier schon nachgedacht und darüber wie man sie in die eigene biografie einbinden könnte (siehe https://schreibschrift.wordpress.com/2009/06/15/biografisches-schreiben-und-lust/). doch dieses mal möchte ich den blick auf die lust am biografischen schreiben lenken, denn die beschäftigung mit dem eigenen leben hat auch eine sehr angenehme komponente, mit der wenige rechnen.

beim biografischen schreiben geht es nicht nur darum, vergangenheiten aufzuarbeiten, verdecktes offenzulegen und erinnerungen zu reaktivieren. es geht auch darum, sich seiner zu vergewissern, also für sich selbst eine haltung zu finden, die nicht mit vergangenem hadert. oft wird erklärt, dass der schritt dorthin anstrengend und schwer sei. sich all die widrigkeiten zu vergegenwärtigen, um sie loszulassen, koste viel energie und es gehe einem dann nicht immer gut. das ist möglich, doch oft genug ist das gegenteil der fall.

die schönen momente im leben vergessen wir gern schneller, als die widrigen. das schmerzhafte und problematische bleibt anscheinend besser im langzeitgedächtnis haften und scheint leichter abrufbar zu sein. fragen sie einmal andere menschen, welches die eindrücklichsten erlebnisse in ihrem leben waren und sie bekommen oft traumatische ereignisse geschildert. viele schreibtechniken des biografischen schreibens können aber auch darauf angewendet werden, sich verstärkt an die schönen dinge der eigenen biografie zu erinnern.

und plötzlich fällt menschen auf, wie viele schöne momente sie erlebt haben. es geht mir hier nicht um vorstellungen des „positive thinking“, sondern um das gleichgewicht Weiterlesen

selbstbefragung (132) – schicksal

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um das “schicksal“.

  • was in ihrem leben war für sie schicksalhaft? beschreiben sie.
  • glauben sie an schicksal? warum?
  • wann wären sie gern selbstbestimmter?
  • in welchen momenten sind sie fatalistisch?
  • welches schicksal berührt sie zur zeit am meisten?
  • wie viele unserer handlungen sind ihrer meinung nach genetisch bedingt? warum?
  • wann ereilte sie ein glückliches schicksal?
  • welches schicksal wünschen sie ihren liebsten?
  • wann haben sie ihr schicksal gewendet? beschreiben sie.
  • welches schicksal wird die menschheit ereilen? beschreiben sie.

kreatives schreiben und erfolg

wann ist kreatives schreiben erfolgreich? vielleicht wenn man einen schönen, zusammenhängenden text erstellt hat. oder wenn man das gefühl hat, dass die eigene kreativität viel raum einnehmen durfte. oder wenn man den inneren zensor überwinden konnte. oder vielleicht, wenn man eine tolle idee für eine längere geschichte entwickeln konnte. …

kreatives schreiben ist so vielfältig, dass man es aus den unterschiedlichsten blickwinkeln als erfolg erleben kann. und da es sich abermals um eine subjektive bewertung handelt, werden auch die bewertungsmaßstäbe, was nun am eigenen schreiben ein erfolg war, sehr unterschiedlich ausfallen.

doch oft genügt es schon den kreativ schreibenden, dass sie überhaupt geschrieben haben, als erfolg zu werten. das kreative schreiben ist ein ansporn, sich zeit zu nehmen (für sich selber, etwas zu tun), seiner kreativität raum zu geben (überhaupt daran zu glauben, kreativ sein zu können), eine idee zu verfolgen (ohne sie gleich wieder in zweifel zu ziehen) und etwas selber zu schöpfen (ja, die idee hat man eigenständig produziert und daraus ist etwas vollkommen neues, einmaliges enstanden).

dies ist der positive effekt des kreativen schreibens, der von vielen menschen so erlebt wird. darum ist kreatives schreiben, wenn man sich darauf einlassen kann und wenn man die eigene tätigkeit nicht gleich als schnickschnack abtut, oft erfolgreich. es vermittelt den menschen ein gutes gefühl und steigert dadurch das eigene selbstwertgefühl, so wie dies bei anderen erfolgen auch der fall ist.

beim kreativen schreiben steht man erst einmal nicht in konkurrenz mit anderen menschen (obwohl dies in schreibgruppen auch auftreten kann), sondern man steht in konkurrenz mit dem „inneren schweinehund“. es geht oft um den gedanken, doch nicht schreiben zu können, noch nie geschrieben zu haben und sowieso nichts anständiges hinzubekommen. die schreibtechniken des kreativen schreibens überzeugen im laufe der zeit, viele menschen vom gegenteil. und wenn man dann auch noch den erfolg feiern kann, sich darüber freuen kann, etwas geschrieben zu haben, dann löst sich die eventuelle konkurrenz zu anderen auch schnell in nichts auf.

denn das kreative schreiben folgt eigentlich keinem leistungsprinzip, man bestimmt eben subjektiv selber, was für einen in ordnung ist, was einen erfolg darstellt. das ist etwas, was viele von uns verlernt haben, da unsere gesellschaft sehr schnell mit bewertungen von außen bei der hand ist. das kreative schreiben kann erfolgreich bekräftigen, sich wieder mehr auf sich selbst und die eigenen bedürfnisse zu konzentrieren.

schreibberatung und ressourcen

in der beratung gibt es die „ressourcenorientierte“ herangehensweise. dabei geht es darum, auf welche fähigkeiten und kompetenzen klientInnen zurückgreifen können, um ein problem zu bewältigen. einer der ersten schritte besteht darin, herauszufinden, über welche ressourcen die ratsuchenden verfügen. dieser gedanke lässt sich natürlich auch in der schreibberatung umsetzen. dabei wäre zum beispiel zu klären, was die ratsuchenden bisher in ihrem leben geschrieben, welches für sie das bisher das beste „schreib“-setting war, wann sie am kreativsten sind, wie sie sich gut konzentrieren können und vieles mehr.

im nächsten schritt geht es dann darum, wie sich diese ressourcen für das anstehende problem nutzen lassen. dies ist zwischen beraterInnen und klientInnen zu klären. wenn ich zum beispiel weiß, in welchen situationen ich am leichtesten in einen schreibfluss geraten kann, dann kann man gemeinsam schauen, ob sich solche umstände nicht regelmäßig herstellen lassen. vorangegangen ist meist eine phase der selbstbefragung und selbstbeobachtung, um herauszufinden, in welchen settings sich die klientInnen wohl fühlen.

weitere formen der ressourcennutzung können in einer verwendung anderer interessen für den problematischen schreibprozess bestehen. so kann man sich in der schreibberatung zum beispiel daran orientieren, welche schriftlichen ergebnisse die ratsuchenden am liebsten mögen, ihnen am besten gefallen. zu diesen texten oder geschichten gestaltet man eine schreibübung oder -anregung. man nutzt die positive haltung, auch wenn das schreibthema nichts mit der eigentlichen problematik zu tun hat, um eine positive erfahrung mit dem schreiben und dem schreibfluss vermitteln zu können. vielleicht lässt sich diese erfahrung dann in die eigentliche fragestellung überführen. Weiterlesen

schreibidee (255)

„heiter weiter“ könnte das motto dieser schreibanregung sein. wie die medien gern mal sagen, es gibt nicht nur negative nachrichten, man möchte auch einmal etwas positives verkünden. doch dann kommen leider hochzeiten aus königshäusern, die eher einer großen inszenierung gleichen, denn einem echten fest. darum schlage ich vor, texte zu verfassen, die einem echten fest, nämlich einem „freudenfest“ gleichen.

einstieg soll die beschreibung des besten festes, an dem man teilgenommen hat, sein. der texte möge nicht länger als eine seite sein. anschließend werden die beschreibungen der feste in der schreibgruppe ohne feedback vorgetragen. danach beschreiben alle teilnehmerInnen ihr ideales fest. wie sollte es durchgeführt werden, was wird geboten, wer wird eingeladen. dieser text wird nicht vorgestellt.

denn der text ist die vorbereitung für eine längere geschichte oder beschreibung. zentral ist das fest, das mit viel freude gefeiert wird. es darf gern ein sittenbild gemalt werden, wie es der maler brueghel abbildete. natürlich darf es auch ruhiger zugehen. die schreibgruppenteilnehmerInnen sollen ihr ganz persönliches freudenfest erfinden. anschließend werden die texte vorgetragen und im feedback wir unter anderem betrachtet, wie weit sich die freude beim fest wahrnehmen lässt.

nun wird das „freudenfest“ zur metapher. es möge ein text verfasst werden, der selber wie ein freudenfest wirkt. eine der schwierigsten formen des ausdrucks in den kreativen professionen bleibt es, wahre freude „rüberzubringen“. schnell rutschen die handlungen in den kitschigen bereich, wirken überzeichnet oder sehr inszeniert. doch der versuch ist es wert: wie verfasst man einen text, der wahre freude wiedergibt? anschließend wir der text in der schreibgruppe vorgetragen und es wird ein ausführliches feedback gegeben.

zum abschluss kann nun ein „schreibgruppen-freudenfest“ gefeiert werden. alle teilnehmerInnen steuern etwas bei, das ihnen bei festen besonders wichtig und lieb ist. es können andere menschen eingeladen werden und es können, wenn gewollt, die letzten „freudenfest-texte“ vorgetragen werden.

kreatives schreiben und saftig

das leben ist bunt. darüber lässt sich vortrefflich schreiben. gern werden die worte gepflegt und geordnet gewählt, wird mit metaphern ein bild gezeichnet und eine story erzählt. doch das leben ist mehr. es ist kraftvoll, manchmal direkt und deftig. aber in diesem zusammenhang ist ein großteil der schreibenden sehr zurückhaltend. die worte werden weiterhin umgänglich verwendet. selten gehen schreibende „in die vollen“. warum eigentlich?

unsere sprache bietet gute möglichkeiten auch das zu formulieren, was vor kraft aus allen nähten platzt. menschen begeben sich gern zwischendurch in rauschhafte zustände, sie werden laut und direkt. aber beim schreiben gilt großteils ein konsens, der dies nicht mit entsprechenden worten abbildet. nur beim sex wird direkter formuliert. aber was schreibt man, wenn sich jemand einfach nur im wohlfühlen baden soll, sich seine wünsche und träume erfüllen und er der meinung, die welt gehöre ihm oder ihr?

klar, viele geschichen leben von der tragik und dramatik, schönes funktioniert teilweise nicht so gut und positives denken ist opium fürs volk, angesichts all der schlechtigkeiten. „schön“ wird es meist nur in den schmonzetten, in denen der sonnenuntergang am meeresstrand auf das glückliche paar scheint oder über die blühende wiese im frühling auf der alm gewandelt wird und die vöglein von den waldrändern zwitschern. dabei wäre es lohnenswert sich literarisch oder schriftlich einmal in ein kneipe zu begeben, wo sich die leute alkoholgeschwängert den mund fusselig reden, kein ende finden, sich die welt erklären und im gemeinsamen schwelgen.

auch in diesen situationen ereignen sich geschichten. oder jemand erfüllt sich nach jahrzehnten den traum seines / ihres lebens. und es klappt. hier braucht es eine umschreibung, die die dimension des erfüllens auch erfasst. da darf nicht nur von glück gesprochen werden, da ist das überschwemmt werden mit positiven gefühlen zu beschreiben. aber das fällt schwerer als die umschreibung, wenn der traum scheitert, wenn alles wieder vernichtet wird.

also, wie sieht das leben, die geschichte aus, wenn sie saftig sind? es wird geschwelgt, geschwärmt, es pulsiert, es tropft aus jeder pore, es blüht, es knallt einem entgegen, es trägt einen, es baut auf, es ergänzt, schmatzt, prall gefüllt öffnet sich der kelch, es ist fettig, süß und macht satt. es blickt einen aus großen augen mit offenem mund an, schreit, tobt und tanzt ekstatisch, es perlt, flüstert und schwimmt oben wie fettaugen, es pulsiert, stampft und atmet rhythmisch, es brüllt vor freude und verliert sich in wollüstigen. das kreative schreiben darf zwischendurch den höhepunkt des saftigen lebens beschreiben, zum beispiel um den kontrast zu den abgründen zu erhöhen oder auch nur eine seite der medaille zu beschreiben.

wie stark beeinflussen mich gesellschaftliche entwicklungen?

biografisches schreiben ist nie zu trennen von den gesellschaftlichen ereignissen, die ich miterlebte. ich kann noch so sehr bemüht sein, mein augenmerk auf meine ganz persönlichen erfahrungen zu lenken, ich handle doch immer im rahmen der gegebenheiten. es liegt momentan zwar im trend mit hilfe der genetik, der evolutionstheorie und der neuropsychologie, den menschen wieder mehr auf sich selbst zurückzuwerfen, doch keiner kann leugnen, dass ich mein handeln an meiner umwelt orientiere.

das absurde in den aktuellen debatten ist der versuch, dem menschen begabungen und talente anzudichten, die es schwer machen, an meinem verhalten noch etwas ändern zu können. immer wieder landet man in der debatte, ob der mensch an sich vorprogrammiert ist oder ob vieles sich erst entwickelt. die vorstellung von der vorprogrammierung entlastet von gesellschaftlicher verantwortung für die weitere entwicklungen der gesellschaftsmitglieder. oder direkt formuliert: wer dumm geboren wurde, wird nicht viel daran ändern können. dem widersprechen aber viele veränderungen, die die einzelnen menschen für sich vornehmen konnten und können.

so scheint es mir wichtig, wenn ich meine eigene biografie oder lebensgeschichte betrachte, ebenso die umweltbedingungen zu analysieren. dazu gehört, wen ich im laufe meines lebens getroffen habe? wie stark der einfluss der einzelnen begegnungen und menschen auf mich war? und welche schlüsse ich daraus gezogen habe? dazu gehört auch, in welchem gesellschaftssystem ich aufgewachsen bin. ob ich mich in einer diktatur oder in einer annähernd demokratischen umgebung entwickle hat auswirkungen auf meine einstellungen. was bedeutet es, den schulsystemen in einem kapitalistischen system ausgesetzt zu sein? was bedeutet es, einen krieg miterlebt zu haben? wie erlebe ich es, einer gesellschaftlichen minderheit anzugehören? und vor allen dingen, welche schlüsse ziehe ich daraus?

das interessante am biografischen schreiben ist es, dass mir eine technik an die hand gegeben wird, die mir zusätzliche möglichkeiten der selbstreflexion offenbart. ich kann also den blick auf meine einbettung in das hier und jetzt schärfen. dadurch finde ich vielleicht mehr neue handlungsmöglichkeiten. ich bekomme ein gefühl für das, was mich umgibt. ich kann zwischen meinen eigenen anteilen am geschehen und einflüssen von außen feiner unterscheiden. leider ist es heute gang und gebe, dass der mensch vor allen dingen nach defiziten bei sich sucht. gern wird dabei der versuch sozialer gruppen übersehen, einfluss auf die handlungen anderer zu nehmen. woraus entstehen einzel- und gruppeninteressen? welche sanktionen drohen mir, wenn ich mich gegen das soziale gefüge stelle? und vor allen dingen, wer bestimmt die regeln des zusammenlebens.

ich nehme mal ein einfaches beispiel. kluge köpfe haben menschenrechte formuliert, die bei der uno verankert sind, ihre achtung und wahrung wurde von vielen nationen unterzeichnet. und doch handelt beinahe jedes land auf der welt entgegen dieser formulierungen. nun gibt es zwei erklärungsrichtungen dafür: Weiterlesen

ab wann habe ich eine lebensgeschichte?

der gedanke, erst im hohen alter lohne es sich, seine lebensgeschichte aufzuschreiben, ist weit verbreitet. viele menschen gehen davon aus, dass sie in jüngeren jahren noch nicht viel zu erzählen. sie leben in der erwartung, dass noch viel passieren wird. und erst wenn viel passiert ist, haben sie auch anderen etwas mitzuteilen. dabei kann es vorkommen, dass sie jahre später der meinung sind, es sei immer noch nicht viel in ihrem leben geschehen. und so finden sie sich dann in hohem alter in der situation wieder, dass sie der meinung sind, es sei nichts aus ihrer vergangenheit mitteilenswert.

in diesem gedanken steckt zum einen die vorstellung, es benötige dramatische entwicklungen, um etwas erzählen zu können. zum anderen wird davon ausgegangen, dass biografisches schreiben sich vor allen dingen an den leserInnen orientiere. letzteres habe ich hier schon thematisiert. ich möchte mich der frage zuwenden, ab wann ich davon ausgehen kann, eine „lebensgeschichte“ erlebt zu haben. auch hier ist die erste antwort kurz und knapp: ab dem moment, ab dem ich schriftlich beschreiben kann. fragen sie einmal ein kind, was es denn bis jetzt so erlebt hat und sie werden viele geschichten erzählt bekommen.

nur erwachsene fangen an, vieles erlebte als bedeutungslos zu bezeichnen. meist sind die wertungen über erlebtes gar nicht ihre eigenen, sondern annahmen, die sie aufgrund der urteile anderer machen. orientiere ich mich zum beispiel an einem extremsportler, erscheint mein leben in bezug auf körperliche anstrengungen und extremerfahrungen sicherlich nüchtern und langweilig. ich vergleiche in diesem moment aber birnen mit äpfeln. im vordergrund für das biografische schreiben sollte zu beginn die einfache frage stehen: was hat mich am meisten bewegt? es gibt keinen menschen, den nichts bewegt hat.

bewegen können einen „kleine“ ereignisse, wie ein kinoabend, an dem man einen film gesehen hat, der einen in den grundfesten der eigenen vorstellungen erschüttert hat. bewegen kann einen natürlich auch, eine traumatische situation erlebt zu haben, wie den tod eines geliebten menschen. kinder machen einem aber vor, dass ganz alltägliche begebenheit ebenso wichtig und bewegend erlebt werden können. natürlich entwickelt man in manchen zusammenhängen im laufe seines lebens eine routine. Weiterlesen

selbsterkenntnis und ehrlichkeit

der mensch ist ganz gut, wenn es um das ausblenden und verdrängen eigener schwächen geht. dies ist eine form des selbstschutzes, da beständige selbstkritik sehr zermürbend sein kann und es einem beinahe unmöglich macht, selbstbewusst zu sein. man kann immer noch einen schritt besser sein, etwas noch perfekter hinbekommen, sich noch genauer kennen. gerade in der heutigen gesellschaft, in der eher kritik geäußert, denn lob ausgesprochen wird, mäkeln die menschen gern viel an sich selbst herum.

ich würde aber klar zwischen mäkeln und ehrlich sich selbst gegenüber sein unterscheiden. doch wie kann man sich selbst mit seinen ganzen schwächen erkennen und annehmen? ab wann sollte man wirklich etwas an der eigenen person, am eigenen verhalten ändern? wahrscheinlich muss man bei adam und eva anfangen und erkennen, dass jeder mensch an sich einen hohen wert hat. dass es über dem wert des mensch seins eigentlich keinen höheren gibt. diesen wert kann einem niemand nehmen, so sehr auch versucht werden sollte, abzuqualifizieren. das klingt ganz hübsch, doch die realität sieht oft anders aus. menschen lassen sich einschüchtern, verunsichern und versuchen sich den anforderungen von außen anzupassen. wir bemühen uns alle. dabei verlieren wir uns oft genug selber aus den augen und vergessen wie wertvoll wir erst einmal uns und dann anderen sein sollten.

um den eigenen wert zu erkennen, sollte ich mich erst einmal schonungslos anschauen. schonungslos meint in dieser hinsicht beide richtungen, nämlich in positiver wie negativer richtung. dazu kann es hilfreich sein, einmal die eigenen positiven und negativen eigenschaften zu notieren. nun wäre zu jeder eigenschaft zu schauen, woher die bewertungen kommen. sind es eigene oder sind sie von außen an einen herangetragen worden. bei den von anderen nahegelegten positiven und negativen eigenschaften wäre dann zu schauen, wieweit man sie wirklich teilt. haben die anderen recht mit ihren urteilen. wichtig in diesem zusammenhang ist die frage, wer die urteile ausgesprochen hat. es ist erstaunlich, wie gern menschen vor allen dingen negativen wertungen über sie selber von menschen übernehmen, die ihnen überhaupt nicht nahestehen. hier wäre eine gewichtung vorzunehmen. was sagen mir gute freunde über mich und was sagen andere über mich? guten freunden ist sicherlich ein vorzug zu geben, da sie einen besser kennen und häufig auch die positiven seiten wahrnehmen.

hat man länger keine rückmeldung von freunden bekommen, kann man sie ja einmal einholen. Weiterlesen