Schlagwort-Archive: probleme

schreibberatung und männer

ähnlich wie bei kreativen schreiben, suchen männer nicht seltener die schreibgruppen auf, wie sie auch seltener die schreibberatung aufsuchen. dabei sind sie aber aus meiner erfahrung nicht weniger bereit ihre schwierigkeiten offen anzusprechen als frauen. manche beraterInnen haben wohl diese erfahrungen gemacht, doch es scheint mir, dass männer, wenn sie einmal den schritt getan haben, sich unterstützung zu suchen, dem prozess der beratung dann nicht mehr im weg stehen. doch der schritt zu beratungen fällt männern definitiv schwerer.

dies hat sicherlich mehrere ursachen: an erster stelle steht die geschlechterrolle. mit schreiben probleme zu haben, ist in der „harten“ welt eines mannes ein schwer einzuordnendes phänomen. darum kommen auch aus den mündern von männern äußerung, wie „schreibblockaden“ gibt es als schriftsteller nicht, dann sollte man nicht schriftsteller werden“. schreiben sei anstrengend, es sei eben kein hobby. überspitzt dargestellt bedeutet dies „was nicht tötet härtet ab“. man sollte meinen, diese rollenklischees hätten sich überlebt, doch dem ist nicht so.

das unangenehme daran ist, dass sich eine große zahl von männern lieber durch stete schreibschwierigkeiten quält, als sich hilfe zu holen. dahinter steckt eine große anstrengung, die nicht verlassen wird und die steten stress verursacht. es lohnt sich den nächsten schritt zu machen, denn dann ist man auf dem weg, sich selbst gutes zu tun. aber es bedarf der vorherigen emotionalen selbstreflexion, die einem zeigt, dass es allein nicht mehr weiter geht. aus anderen beratungszusammenhängen ist mir bekannt, wie viel zeit und energie es benötigt, neben dem besprechen der schwierigkeiten, noch über die tatsache zu sprechen, dass es keine armutszeugnis ist, sich unterstützung zu suchen.

es ist auch heute noch ein zeichen von stärke für einen mann, den schritt zu machen, eine beratung aufzusuchen. durch die vorbehalte gegenüber hilfe, gibt es auch einen erstaunlichen unterschied im beratungssetting zwischen männern und frauen: frauen bevorzugen die wahrung der schweigepflicht und erwarten beratungen in räumen mit geschlossenen türen. männer lassen sich bevorzugt in der halböffentlichkeit beraten. sie finden das aufsuchen eines extra-beratungsortes eher Weiterlesen

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kreatives schreiben und kuschelig

seltsam, aber wenn man genau hinschaut, dann interessieren die leserInnen weniger wohlfühl-texte als texte, die brüche, kraftvolles und konflikte vermitteln. da wird gekämpft, intrigiert, gestritten, gelogen oder in einem ganzen genre gemordet. anscheinend lesen menschen lieber über die abgründe denn über harmonische und kuschelige momente. gut, es darf ein happy-end geben, aber davor müssen sich viele hürden befinden.

so scheint das kreative schreiben, in einem zwiespalt zu stecken: auf der einen seite möchte es gern die positive einstellung eines menschen fördern, seine kreativität verstärken und befördern, auf der anderen seite fließt persönliches ein und dazu gehören oft eher die unangenehmen momente. kuschelige texte befinden sich meist auf der schwelle zum kitsch (diese form der literatur und des schreibens gibt es natürlich auch), vor allen dingen langweilen sie aber oft.

was hat man von einem text, der über seiten beschreibt, wie zwei menschen gemeinsam inniglich in den sonnenuntergang schauen und feststellen, wie gut sie sich verstehen, wie ähnlich ihre haltungen sind. das beruhigt nicht als leser, sondern führt vielen zu sehr das vor augen, was sie bis dahin nicht erlebt haben und wahrscheinlich auch nicht erleben werden. vielleicht ist kuscheln gar kein lebensinhalt. vielleicht ist es nur eine form der intimität, die niedergeschrieben eher befremdet.

doch warum ist dies beim schreiben so anders im gegensatz zu der gesamten wellness- und entspannungs-bewegung? warum dem täglichen stress noch einen drauf setzen, indem man ein problematisierendes und angespanntes buch liest, texte mit vielen Weiterlesen

web 2.0 und soziologie

interview mit sherry turkle auf der homepage der süddeutschen zeitung.
sherry turkle forscht seit jahren am MIT zu den gesellschaftlichen auswirkungen des internets und des web 2.0. es erscheint in den usa ein neues buch von ihr und sie führte im vorfeld eine menge interviews mit den nutzerInnen des webs. das ergebnis erstaunt nicht, aber es zeigt noch einmal auf, was geschehen müsste, damit das internet auch weiterhin für viele menschen attraktiv und interessant ist. denn was bisher viel zu wenig beleuchtet wird, das ist der widerstreit zwischen dem, als was uns das internet verkauft wird, und dem, wie wir die nutzung des netzes selber erleben.

sherry turkle bestätigt in ihrem interview, dass sich etliche menschen durch die formen der kommunikation im netz unter druck gesetzt fühlen. es ist aus ihrer sicht nicht eine automatische folge der technik, sondern eine frage, welchen umgang man mit der technik, mit dem werkzeug internet gelernt und erfahren hat. bei uns werden meist nur die technischen vorgehensweisen bei der verwendung des netzes vermittelt, vielleicht auch noch die rechtlichen grundlagen, aber viel zu selten wird aufgezeigt, wie meine eigenen (kommunikations)bedürfnisse auch befriedigt werden können. was passiert, wenn ich bestimmten trends nicht folge? verliere ich dann soziale kontakte? erscheinen mir die kontakte über das web 2.0 befriedigend? oder was muss ich anstellen, damit sie eine befriedigende form für mich annehmen?

turkle spricht mir aus dem herzen, wenn sie formuliert, dass sie die technik des netzes sehr schätzt, aber das gefühl hat (und sich durch ihre interviews auch darin bestätigt sieht), dass manche menschen die spannenden und interessanten seiten des internets für sich noch nicht entdecken konnten. und vor allen dingen, dass diese seiten auch kaum vermittelt werden. beim internet „lassen“ menschen zu sehr mit sich geschehen. um eine klare position zu dem medium einnehmen zu können, benötigt es anregungen und vermittlungen. es sollte ein bewusstsein für die eigenen anliegen in den vordergrund treten können, denn dann ist die digitale revolution wirklich eine zunahme an gesellschaftlicher teilhabe und eine form von weiteren freiheitsgraden.

ein diskussionswürdiges interview, das unter diesem link nachgelesen werden kann: http://www.sueddeutsche.de/digital/us-soziologin-sherry-turkle-ueber-das-digitale-zeitalter-ich-poste-also-bin-ich-1.1133783

biografisches schreiben und freude

gern schaut man auf die dramen, probleme und schwierigkeiten in der eigenen lebensgeschichte. sie lassen sich meist schnell benennen, sie fallen gleich ein, wenn man seine biografie aufschreibt. praktisch gesehen, lassen diese schwierigen momente sich leichter beschreiben, man hat klarere anhaltspunkte. sei es ein konflikt, ein ereignis oder auch nur eine entwicklung.

freude dagegen ist schwerer zu fassen. wie umschreibe ich einen freudigen moment, wenn es nicht gerade ein lottogewinn oder eine hochzeit ist? und vor allen dingen, wie beschreibe ich solche schöne momente, damit sie auch für andere nachvollziehbar sind. seltsamerweise sind die schlimmen dinge für viele leichter nachzuvollziehen, denn die schönen. wie wenn die freude viel subjektiver sei, als das leid. es kann aber auch sein, dass die worte, die für leidenden momente verwendet werden, für viele nachvollziehbarer sind. wenn etwas schmerzt oder quält, dann lässt sich das gefühl nachvollziehen.

doch wenn etwas freut, dann sieht die eigentliche freude bei menschen sehr verschieden aus. die einen tanzen durch die wohnung, andere kugeln sich vor lachen und wiederum andere schmunzeln in sich hinein. so scheint es beim biografischen schreiben notwendig, beschreibende worte für die freude zu finden. was ist geschehen? wie fühlt es sich für einen an, wenn freude aufkommt? und wie verleiht man seiner freude ausdruck?

also dies ist natürlich keine verpflichtung. Weiterlesen

web 2.0 und selbsthilfe

ich habe hier schon öfter erwähnt, dass das internet und vor allen dingen das web 2.0 eine gute möglichkeit sein kann, nischen zu finden. zu diesen nischen gehört es auch, dass man menschen mit den gleichen interessen oder fragestellungen finden kann. je weiter sich das internet verbreitet, desto leichter wird es sein „gleichgesinnte“ zu finden. dies kann bei einem hobby, bei der partnersuche oder bei der buchung des ferienhauses sehr hilfreich sein. man kann darum auch nach menschen mit der gleichen seltenen krankheit oder mit den gleichen problemen suchen.

zudem ist es hilfreich, dass man beinahe die ganze gesellschaft bei dieser suche erreicht. so lässt sich inzwischen über das internet lokal aber auch bundesweit eine selbsthilfegruppe gründen. diese selbsthilfegruppen können sich weiter in der digitalen welt bewegen, indem man foren oder chats einrichtet. man kann die gegründete gruppe aber auch in die reale welt verlegen und gruppentreffs über das internet verbreiten. und es lassen sich inzwischen zu beinahe jeder problematik, krankheit oder störung informationen finden. das allein ist schon hilfreich, um sich seiner eigenen situation zu vergewissern.

dazu kommt, dass das internet und im besonderen das web 2.0 ein angebot für menschen ist, die aufgrund ihrer schwierigkeiten die wohnung nicht verlassen können. früher hat das telefon diese aufgabe erfüllt, jedoch bietet das internet viel mehr möglichkeiten. doch wie soll man all die gruppen ausfindig machen, über welchen weg kontakt mit gleichgesinnten aufnehmen? sucht man einmal zu einer speziellen krankheit, finden sich oft eher bücher, medizinische homepages oder wissenschaftliche veröffentlichungen. plötzlich muss man sich durch unzählige suchergebnisse klicken.

in deutschland gibt es eine zentrale einrichtung, die die daten der selbsthilfe bündelt und das wissen anderen zur verfügung stellt: „nakos“ ( http://www.nakos.de ). wer sich also auf der suche nach bestimmten angeboten befindet, kann diese in den datenbanken auf bundesebene oder in den selbsthilfedatenbanken der bundesländer suchen. Weiterlesen

schreibidee (188)

das wetter ist ungemütlich, weder klirrende kälte mit schnee, noch sonne und wärme, einfach schmuddelwetter mit sturm. menschen ziehen sich in ihre vier wände zurück, machen es sich gemütlich und kommen ein wenig zur ruhe. und wie der mensch so funktioniert, wenn er die ganze zeit auf hochtouren lief, kaum kommt er mal zur ruhe bemächtigen alle liegen gebliebenen gedanken und schwierigkeiten sich seiner. der mensch wird melancholisch, traurig oder verstimmt. der richtige zeitpunkt, um „dunkle texte“ zu schreiben.

als einstieg in die schreibidee werden die schreibgruppenteilnehmerInnen aufgefordert, sich an ihre letzte depressive verstimmung zu erinnern. wann ging es ihnen schlecht? alle schreiben 10 minuten freewriting zu ihrer letzten dunklen stimmung. aus diesem text suchen sie den „dunkelsten“ satz aus. diesen nehmen sie zum anlass für eine geschichte. dieser text soll kein biografischer werden, die schreibgruppe keine therapeutische. es geht um die stimmung, die in den geschichten einzufangen ist. die texte werden anschließend vorgetragen und das feedback dreht sich darum, wie „dunkel“ die geschichte wirkt.

anschließend werden am flipchart grundkonstellationen zusammengetragen, die eine dunkle stimmung verbreiten können, wie zum beispiel abschiede, ängste oder schwierigkeiten, die sich häufen. nachdem diese aspekte gesammelt wurden, wählen sich alle teilnehmerInnen jeweils drei davon aus. diese sind dann in einem text zusammenzuführen, um eine weitere „dunkle“ geschichte zu verfassen. im anschluss werden die texte vorgetragen und beim feedback wird ein identischer schwerpunkt gelegt wie oben beschrieben.

um die stimmung der schreibgruppe zum schluss wieder ein wenig aufzuheitern, werden alle teilnehmerInnen aufgefordert, ihre letzte geschichte zu nehmen, auf eine seite zu verkürzen und eine amüsante wendung einzuführen. diese texte werden zum abschluss ohne feedback vorgetragen.