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nabelschau (69)

an männern darf man rumschnippeln. gesellschaften ändern sich, kulturen entwickeln sich und neue gedanken kommen auf. dazu gehört bei uns zum beispiel, dass wir stücke für stück einen neuen bezug zum körper hergestellt haben. (manchmal äußert sich dies in einer form des gesundheitsfanatismus, manchmal wird aber auch nur durch juristischen schutz). so sieht unser strafrecht nicht mehr vor, bestrafungen durch die entfernung von körperteilen oder körperliche züchtigungen umzusetzen. wer diese entwicklung nachvollziehen möchte, dem sei foucault ans herz gelegt.

kommt jedoch der glaube ins spiel, verlieren wir teilweise unsere eigenen haltungen aus den augen. die bundesregierung besonders schnell. kaum äußert sich kritik an dem kölner urteil, das die beschneidung von jungen männern als körperverletzung einordnet und untersagt, da erklärt die bundesregierung, dass die religionsfreiheit gewahrt bleiben müsse und nimmt künftige rechtliche entscheidungen schon einmal vorweg. mit welchem recht?

wir sind uns einig, dass das einschnüren von frauenfüssen in der asiatischen welt ebenso eine problematische sache ist, wie die magersucht von modemodels. der bundesrat hat vor ein paar jahren die initiative ergriffen und eine gesetzesänderung auf den weg gebracht, die die beschneidung von frauen als körperverletzung einstuft (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/012/1701217.pdf). dabei wurden die männer vergessen. nun wird im fernsehen zum beispiel damit argumentiert, dass in afrika sogar die beschneidung von männern aus gesundheitsgründen empfohlen würde, um der übertragung von krankheiten vorzubeugen. doch davon ist man längst abgerückt, nachdem studien abgebrochen werden mussten, in denen man feststellen musste, dass die neuinfektionsrate eher zugenommen denn abgenommen hat.

also geht es um eine auseinandersetzung, die den gesellschaftlichen wandel abbildet: freie religionsausübung vs. körperliche unversehrtheit. wir kommen nicht drumherum, uns damit zu beschäftigen. transidenten menschen, erwachsenen, die ihren körper und ihre genitalien verändern möchten, verpflichten wir zu vorheriger therapie, zu rechtfertigungen und diversen untersuchungen. interidente wurden (und werden zum teil noch) per diagnostik im säuglingsalter einem geschlecht zugeordnet und es werden körperlich eingriffe vorgenommen. doch diese entscheidungen sind, so lang es keine gesundheitlichen gründe gibt, inzwischen sehr umstritten.

es zeigt, wie unbeholfen wir mit der frage umgehen, wie mit unseren körpern umzugehen ist (und es wird zeit, dass endlich den einzelnen menschen die entscheidung überlassen wird – wie es ja auch bei der kosmetischen chirurgie und bei tätowierungen der fall ist). und dann können eben eltern und gläubige nicht mehr für säuglinge und kinder entscheiden. eine gesellschaft darf auch gegenüber religiösen traditionen eine neue haltung einnehmen. nur eines scheint mir zudem wichtig: wir sollten endlich aufhören eine unterscheidung der geschlechter mit in den diskurs zu schleppen! wollen wir beurteilen, ob eine beschneidung beim mann mehr oder weniger schmerzen verursacht als eine beschneidung bei der frau? und wollen wir festlegen, wie der körper eines menschen zu sein hat, bevor dieser mensch selbst entscheiden kann? da müssen wir uns entscheiden.

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web 2.87 – det missionerande kopimistsamfundet

das in der ersten zeile ist schwedisch. denn schwedInnen haben eine kirche der „kopiererInnen“ gegründet. dies scheint der nächste schritt in der auseinandersetzung um das urheberrecht und des „copy & paste“ zu sein. die kirche ist inzwischen in schweden offiziell anerkannt. ob es sich dabei nur um eine strategie handelt oder darüber hinausgeht, muss man wahrscheinlich abwarten.

die kirchenvertreterInnen sind der meinung, dass die kopie ein ganz natürlicher prozess ist. in der natur werde ständig kopiert. ob bei der zellteilung, der reperaturmechanismen im körper und natürlich der vermehrung der dna. so sind wir alle eine kopie unserer eltern. neben der neukombination stellt wirklich jedes leben eine kopie dar. nur mutationen verändern das genom grundlegend.

natürlich gehen die kopimistInnen noch einen schritt weiter. sie sagen, dass sie das prinzip der kopie in ihrem ganzen leben vertreten, also auch bei kulturellen gütern. sollten sie angeklagt werden, würden sie sich auf das recht der freien glaubensausübung beziehen. inzwischen gibt es gruppen und kirchenvertreterInnen in vielen verschiedenen ländern. weitere infos bietet wikipedia unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Det_Missionerande_Kopimistsamfundet . auf dieser seite befindet sich auch der link zur schwedischen originalseite der kopimisten.

selbstbefragung (32) – glaube

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „glaube„.

  • an was glauben sie? berichten sie.
  • was lässt sie ihren glauben verlieren?
  • sind sie religiös? wie äußert sich das?
  • wie stellen sie sich gott, göttin oder die götter vor? beschreiben sie.
  • glauben sie an die menschheit? warum?
  • haben sie einen glaubenssatz für sich und ihr leben? wie lautet der?
  • wie bringen sie glauben und wissen in einklang? erklären sie ihre haltung.
  • möchten sie andere menschen von ihrem glauben überzeugen? warum?
  • ab wann beginnt für sie fundamentalismus? wo begegnen sie diesem? würden sie sich selbst als fundamentalistisch in ihrer überzeugung bezeichnen?
  • wer glaubt an sie? beschreiben sie.

schnickschnack (70)

ob das nicht ein trick ist mit der langen nacht der opern und theater, wird sich am nächsten tag rausstellen. denn berlin stimmt ma nächsten tag, den 26ten april ab. und zwar darüber, ob man möchte, dass in den schulen religion (mancher glaubensrichtungen) als pflichtfach unterrichtet wird oder das pflichtfach ethik heisst und daneben noch je nach glaube religion gewählt werden kann. und wenn die kritischen geister so lang im theater waren, dann schaffen sie es nicht mehr zur abstimmung.

diese abstimmung scheint wichtig, da sowieso die trennung von staat und kirche bei uns eine nicht funktionierende ist und bestimmte glaubensrichtungen die finger im spiel haben. ärgerlich ist nur, dass sich eine ganze stadt dermaßen intensiv mit der frage um glaubensunterricht beschäftigt und darüber abstimmt, anstatt die wirklich drängenden probleme ins auge zu fassen.

wie wäre es mit einer kampagne „pro jugendarbeit“ oder „pro jugendhilfe“ in berlin. einen einsatz der erwachsenen, welcher glaubens- oder nichtglaubenrichtung auch immer für ihre kinder und jugendlichen. nein, da wird lieber über die unterrichtsstruktur gestritten, da man schäflein verlieren könnte. doch was macht man mit den schäflein, die schon den bach runter gehen. man streicht ihrer betreuung seit jahren das geld.

ansonsten wünsche ich mir noch das fach „pro philosophie“ und „pro literatur“. überhaupt eine ausführliche unterrichtung in geschichte in den lehrplänen verankert könnte manches verhindern. und dann natürlich endlich die konsequente umsetzung der richtlinien zur sexualerziehung an berliner schulen wäre ein freude. doch da kann man wahrscheinlich noch lang warten, so gott will oder auch nicht. weiter infos zur zeit hier: http://proethik.humanistische-union.de/ . die eigentliche homepage von „pro ethik“ funktioniert nicht.

web 2.25 – dear-god-net

es gibt momente, da hat mensch alles getan, das zu tun war, und doch macht es nicht den anschein, dass das eintritt, was man sich wünschte. aber es gibt noch die hoffnung, die manchmal ausdruck in gebeten findet. das können kleine stossseufzer an unbekannte mächte oder richtige gebete an den einen gott, den beinahe jede religion ihr eigen nennt.

manche vollziehen diese bitten an eine höhere macht kurz vor dem schlafen gehen, andere gemeinsam an treffpunkten wie kirchen und moscheen und wiederum andere in aller stille für sich in gotteshäusern oder in gedanken. doch nun gibt es eine weitere möchlichkeit, das web 2.0 macht es möglich.

auf der seite http://www.dear-god.net/ findet sich unter verschiedenen rubriken die möglichkeit, seiner hoffnung auf die hilfe  einer höheren macht ausdruck zu geben. in schlichtem und ansprechendem grafikdesign kommt die seite daher und konzentriert sich einzig auf die wiedergabe der gebete. diese können schriftlich eingegeben und ein bild hinzugefügt werden. mehr ist nicht möglich, außer dem kommentieren der einzelnen gebete. bis jetzt gibt es die seite ausschließlich auf englisch. und selbst wenn das bitten im internet keinen erfolg zeitigen sollte, bleibt es dabei: man sollte die hoffnung nicht fahren lassen und vielleicht ein zweites gebet auf die seite schreiben. die seite richtet sich an alle götter und mächte, es bleibt allen überlassen, an wen sie sich wenden wollen.