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biografisches schreiben und verwandlung

von sich selbst kann man oft schwer sagen, ob man sich als person verändert hat, wenn man zurückblickt. gut, die übergänge vom kind zum jugendlichen und vom jugendlichen zum jungen erwachsenen, die waren spürbar, sowohl an den körperlichen veränderungen, als auch an den dingen, die man machen durfte und wollte. da war ganz klar, dass man sich auch als mensch verwandelt hat, nahm man doch langsam seinen gleichberechtigten platz in der gesellschaft ein.

doch danach ist lang ruhe. einzige äußere veränderungen sind meist die ausbildungen und die entwicklungen im berufsleben. kommen eigene kinder ins spiel, dann ist dies auch häufig ein spürbarer umbruch. man verwandelt sich zu sorgenden eltern und andere belange treten in den hintergrund. doch wie sieht es nun aus mit dem eigenen verhalten und auftreten? wann hat man sich verwandelt, ist ein anderer, eine andere geworden? gab es diese momente oder blieb man der junge mensch, der man immer war?

darüber kann man im biografischen schreiben eine kleine selbstreflexion verfassen. dabei sollte man sich erst einmal nicht lang gedanken machen, sondern nur notieren, welche verwandlungen an sich selbst einem in den kopf kommen. anschließend kann man mit dem text zu guten freunden oder lebenspartnerInnen gehen und ihn vorlesen. fragen sie die ihnen nahestehenden menschen, welche verwandlungen sie an ihnen wahrgenommen haben. geben sie ihnen die erlaubnis, offen zu sprechen. und vor allen dingen, setzen sie sich nicht unter druck, allen gefallen zu müssen.

es ist zwar schön, wenn sie von allen menschen tolle rückmeldungen bekommen, doch für manche veränderungen in ihrem leben gibt es für sie gute gründe. biografisches schreiben hat in erster linie nicht das ziel, selbstkritisch einen blick auf sich zu werfen. es sollte nicht ausschließlich dem streben, ein perfekter mensch werden zu wollen, dienen. das ist ein ideal. das biografische schreiben soll und kann ebenso ein verständnis für die eigenen, ganz menschlichen „macken“ und Weiterlesen

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schreibpädagogik und lachen

gruppen sind ein sensibles gefüge von individuen, die in einen sozialen kontakt für eine gewisse zeit treten. in diesen gefügen gibt es dynamiken, wie sie während aller anderen sozialen kontakt auch auftreten. da schreibgruppen meist freiwillige und nicht vorgegebene zusammenschlüsse sind, ist das auskommen miteinander meist sehr positiv und freundlich.

aber es gibt noch einen zweiten effekt, den man an schreibgruppen feststellen kann, wenn man an ihnen teilnimmt. oft sind die gruppen sehr fröhlich. da unterscheiden sie sich in der „quantität“ der fröhlichkeit von vielen anderen freizeitgruppen. zurückführen lässt sich dies wahrscheinlich auf zwei aspekte: zum einen werden häufig witzige und humorvolle texte verfasst. zum anderen hat das schreiben eine entspannende und für viele befreiende wirkung.

ich möchte hier klar zwischen kreativem und biografischem (oder wissenschaftlichem) schreiben unterscheiden. die beiden letzteren orientieren sich an lebensgeschichten und forschungsansätzen, oft nicht unbedingt heitere themen, die es schwer machen, lachend durch eine gruppe zu steuern. die inhaltlichen anforderungen an beide bereiche sind klarer umrissen und eingegrenzt.

da es beim kreativen schreiben in gruppen zwar auch oft kleine inhaltliche oder stilistische vorgaben gibt, sonst aber das freie assoziieren und formulieren gefördert wird, ist deren wirkung nicht selten heiterer. wer hat es nicht schon einmal erlebt, dass ein text in der schreibgruppe auftaucht, der mindestens ein lächeln in alle gesichter zaubert, wenn nicht sogar dazu führt, dass die gesamte gruppe in einen lachkrampf verfällt. neben dem schreiben hat auch das lachen einen befreienden und entspannenden effekt.

wahrscheinlich entsteht darum manchmal in schreibgruppen eine art wettbewerb, einen witzigen text schreiben zu müssen. hier ist die rückmeldung der anderen teilnehmerInnen beim vortragen und beim feedback durch das lachen meist direkter und Weiterlesen

schreibberatung und qual

„qual“ ist ein recht drastischer begriff für die situation, in die jemand aufgrund seiner schwierigkeiten mit dem schreiben geraten kann. es ist immer ein subjektives empfinden, wie groß der leidensdruck ist. „leidensdruck“ ist eigentlich der bessere begriff, da „druck“ variieren kann. das hängt mit der frage zusammen, welche strategien und ausweichhandlungen zur verfügung stehen, um die schwierigkeiten zu umgehen. dies ist zwar nicht die ideale lösung, aber es ist eine möglichkeit, den druck zu reduzieren.

und doch mag es von manchen menschen als qual empfunden werden, einen bericht oder eine text schreiben zu müssen, vor dem leeren papier oder bildschirm zu sitzen und nicht starten zu können. ein gedanke, versagensangst oder vielleicht zu hohe erwartungen an sich selbst führen zu der schwierigkeit, mit dem schreiben zu starten oder es unverkrampft weiterzuführen.

wichtig in der beratung ist es, die beschreibung des leidensdrucks, den klientInnen zu überlassen. nur sie empfinden so und beraterInnen können diesen zustand niemals vollständig nachvollziehen. da mag jemand eine situation beschreiben, die einem als beraterIn nicht dramatisch erscheint, und doch fühlt es sich für die oder den ratsuchenden so an. es ist kontraproduktiv, wenn man versucht den emotionalen zustand in der beratung zu bagatellisieren. in diesem moment fühlen sich alle klientInnen übergangen oder denken, sie seien die einzigen mit diesen schwierigkeiten, alle anderen kommen damit besser klar.

auch der hinweis, dass man ja schon viel geleistet habe, das wetter schön sei und gelassenheit weiterhelfen kann, ist für ratsuchende in diesen momenten nicht nachvollziehbar. empathische atmosphäre zu schaffen, bedeutet klientInnen in ihren anliegen ernst zu nehmen, also auch in ihren emotionalen befindlichkeiten. und ist „qual“ das was die ratsuchenenden empfinden, dann ist es die aufgabe von schreibberaterInnen, gemeinsam mit den klientInnen nach handlungsmöglichkeiten zu suchen, wie sich das gefühl von qual Weiterlesen

schreibberatung und kritik

ein heikles gebiet: wie sollte in einer schreibberatung an den texten kritik geübt werden? wenn man davon ausgeht, dass jemand in die beratung geht, der gerade schwierigkeiten damit hat, seine schreibaufgaben zu erledigen, dann kann kritik schnell dazu führen, dass überhaupt nicht mehr geschrieben wird. denn nicht selten basiert die schreibkrise auf übertriebener selbstkritik. wird da von den beraterInnen noch ein draufgesetzt, findet sich die perfekte bestätigung der selbstkritik.

also müsste im ersten schritt der beratung eigentlich geklärt werden, welche funktion kritik im zusammenhang mit dem schreiben hat. sie stellt nicht die person in frage, sie ist immer nur eine anregung, sie bietet die chance dazu zu lernen und sie wird nur den geäußerten bedürfnissen der ratsuchenden folgend formuliert. doch ebenso wird sie nicht schönreden. es hilft niemandem, wenn man kritik schönredet. kritik sollte sich immer an der realität orientieren. wenn jemand zum beispiel bei einer hausarbeit vollständig das thema verfehlt, dann macht es keinen sinn, nur zu äußern, dass das eine unterkapitel ganz interessant formuliert sei.

werden während der beratung die kriterien der kritik geklärt und erklärt, dann ist am ehesten vermittelbar, dass die kritik sich nicht gegen die ratsuchenden richtet. die schwierigkeit, kreativ geschaffenes zu kritisieren besteht immer wieder darin, dass es von den kritisierten gern in eine persönliche, also personalisierende kritik verwandelt wird. hier hilft nur gebetsmühlenartige wiederholung, dass es nicht um die person geht, die einem gegenübersitzt, sondern um den text.

es gibt manche vorstellungen, wie kritik funktionieren sollte: so wird gern die sandwich-technik angewendet. dies bedeutet, den kritischen teil mit positiven kritiken zum umhüllen. mit scheint dies zu strategisch, denn es bedient eigentlich die angst vor kritik. Weiterlesen

schreibpädagogik und feedback (2)

eine der großen chancen der schreibpädagogik ist das soziale miteinander. denn in der schreibpädagogik wird die arbeit mit peers oder in schreibgruppen dem alleinigen handeln gegenüber der vorzug gegeben. es ist nicht jedermans sache beim schreiben in gruppen zu sitzen oder gemeinsam an einem text zu schreiben. auch hier gilt wieder, erzwungen werden sollte nichts. jeder mensch kann nur für sich selber entscheiden wie er am liebsten schreibt. aber der versuch, einmal mit anderen gemeinsam zu schreiben, ist es wert.

besonders relevant werden die anderen menschen beim feedback. manche haben lebensabschnittgefährtInnen an ihrer seite, die interesse an dem geschriebenen zeigen und sich auch durch ein angemessenes und ehrliches feedback auszeichnen. doch hier sei eine kleine warnung ausgesprochen, da wir alle auch ein wenig eitel sind, kann ein ehrliches feedback schnell zur belastung werden. dies ist kurz vor dem valentinstag kein scherz, sondern ernst gemeint. eine kritik am eigenen text lässt sich leichter wegstecken und verarbeiten, wenn sie von menschen kommt, die einem nicht ganz so nahe stehen. es ist schön, wenn es mit partnerInnen nicht zum konflikt kommt, ja, wenn der oder die andere sogar die funktion der muse übernehmen, aber man sollte für sich dabei gut abwägen. manchmal sind die geliebten menschen auch einfach zu nett zu einem 😀

ein feedback macht sinn, bevor man sich mit seinem geschriebenen an die öffentlichkeit begibt. ich als schreibender kann mir die form des feedbacks wünschen. worauf sollen die anderen ihren blick werfen, wozu möchte ich eine rückmeldung bekommen? dies sollte alles vor dem feedback geklärt werden. ebenso sollte festgelegt werden, dass das feedback nicht über die gewünschten aspekte hinausgeht. zu manchen dingen möchte man eventuell keine rückmeldung bekommen. vor allen dingen deutungen und charakterisierungen der autorInnen sind nicht hilfreich, da sie sich vom text abwenden und versuchen entweder den text zu erklären oder die autorInnen. wer mag schon von anderen erklärt werden? außerdem steckt in jedem text eine sehr persönliche komponente, die man vielleicht von anderen nicht kritisiert bekommen möchte. gerade beim biografischen schreiben spielt dies eine große rolle.

doch es gibt nicht nur gefahren beim feedback, es gibt vor allen dingen enorm viele vorteile für das eigene schreiben. Weiterlesen

schreibpädagogik und feedback

 

das feedback in schreibgruppen ist eine schwierige angelegenheit. wer anfängt zu schreiben und dann vielleicht das erste mal seine texte öffentlich macht, der gibt etwas von sich preis. denn der geschriebene text kann noch so absurd sein, meist beinhaltet er etwas von einem selber. wie bei allen kreativen berufen oder hobbys stellt man sich irgendwann der öffentlichkeit. eine schreibgruppe ist auch schon eine öffentlichkeit. und natürlich erhofft sich jeder mensch auf das, was er preisgibt, eine positive reaktion.

alle kreativen tätigkeiten eint auch, dass manche das ergebnis gut finden und andere nicht. meist fällt es leichter etwas zu kritisieren, als es zu loben. daran ist zu denken, wenn feedback gegeben wird. der vorteil von schreibgruppen oder eben kreativen gruppen ist es, dass sich alle teilnehmerInnen in der gleichen position befinden, sich preis zu geben und feedback zu wollen. in diesen gruppen ist manchmal zu beobachten, dass gescheut wird kritik zu üben oder dass die kritik zu harsch ausfällt. der mittelweg fällt vielen menschen schwer. bestes beispiel dafür ist die literaturkritik. zwischen lobeshymnen und verriss gibt es wenige kritiken. 

die beste möglichkeit in einer schreibgruppe besteht darin, dass die teilnehmerInnen beim feedback berichten, wie der text auf sie gewirkt hat. was sie bewegt hat und welche formulierungen einem besonders gut gefallen haben. vermieden werden sollten auf alle fälle die deutungen. diese beinhalten immer ein quantum übergriffigkeit. bei deutungen wird immer eine aussage getroffen, was die verfasserInnen des textes wohl meinten. diese vorgehensweise hat nur etwas in der literaturwissenschaften zu suchen, wenn autor und autorin über ihre werke nicht mehr befragt werden können. in schreibgruppen wirkt ein deutendes feedback wie die aussage: „ich weiß, was du denkst, wie du bist.“ das kann niemand genau wissen. man kann schon bei geschichten nicht wissen, welcher anteil der geschichte denn nun ein persönlicher ist und welcher nicht.

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