Schlagwort-Archive: satire

kreatives schreiben und klischee

klischees sind meist stereotype, die nicht mit ganz so geballter wucht daherkommen, wie die klassischen vorurteile. die grenzen sind jedoch verschwimmend und uneindeutig. so gehört es zum beispiel zu den klischees, wie sich bestimmte berufsgruppen verhalten oder wie sie auftreten. es gibt klischees über die geschlechter und ihr verhalten oder über regionale bevölkerungsgruppen (die bayern, die ostfriesen, …). klischees enthalten immer bewertungen und einordnungen.

schaut man sich literatur an, dann lebt sie entweder vom aufbrechen der klischees, indem sich protagonistInnen eben nicht so verhalten, wie es das klischee vermuten lässt oder indem das klischee überzeichnet wird und daraus eine humoreske oder satire entsteht. das kreative schreiben kann diese stilmittel aufgreifen und in texte einfliessen lassen.

man kann sich einmal vornehmen, die klischees auszureizen. als lebendes beispiel macht dies zum beispiel die politische tunte. die tunte ist die reaktion schwuler männer auf das klischee, keine richtigen männer zu sein, sondern eher weiblich (in negativer bezeichnung „weibisch“). also sagten sich manche männer, „wenn schon, denn schon“ – und überzeichneten die weibliche rolle, die ihnen angehaftet wurde. dies geschieht immer mit einem augenzwinkern, wohl wissend, dass sie auch nur die klischees gegenüber frauen aufgreifen und eben ausreizen. ähnlich kann man nun beim kreativen schreiben verfahren. so kann man einmal einen echten kerl (einen macker) als protagonisten zeichnen, wie er nie im realen leben auftaucht.

oder man greift sich eine berufsgruppe (wie den „verrrückten professor“, die „dominante raumpflegerin“, den „lonesome cowboy“, die „zynische millionärin“ oder die „faulen beamtInnen“) und zeichnet sie überspitzt. dabei ist die gratwanderung zwischen witzigen texten und, ich formuliere es mal drastisch, „schwachsinnigen“ texten, schwierig. fühlt man sich unsicher in diesem bereich, dann sollte man seinen text an anderen menschen ausprobieren: funktioniert er, dann lachen die menschen herzlich über die scherze. funktioniert der text nicht, dann erntet man höchstens schenkelklopfer der untersten schublade. man kann mit den klischees spielen und sie gleichzeitig durch die überzeichnung demontieren. viele sitcoms basieren zum beispiel darauf, ebenso wie die imitationen von personen. politische satire lebt zum teil auch davon.

doch die überzeichnung darf eben nicht zu stark überzeichnen, da sie sonst ins fach der clownerie rutscht. überzeichnet sie zu wenig, dann werden die witze nicht verstanden. gerade bei den klischees zeigt sich, wie schwer geschriebener humor umsetzbar ist.

man kann aber auch auf einer anderen ebene gegen klischees anschreiben. wie oben erwähnt, kann man das exakte gegenteil darstellen (eventuell auch überzeichnet, aber das ist oft nicht notwendig). so genügen manchmal schon ein paar kleinigkeiten und eigenschaften, die klischees verschwinden lassen: die skateboard-fahrende nonne, der schwule metzger, frauen in „männerberufen“, männer in „frauenberufen“, großzügige schwaben oder bayern ohne folklore … . es handelt sich dabei letztendlich um aufklärung im besten sinne. nämlich zu zeigen, dass es in allen lebensbereichen menschen gibt, die nicht Weiterlesen

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„goethe ruft an“ von john von düffel – ein buchtipp

ein sehr amüsantes buch. vor allen dingen menschen, die schreibpädagogisch, schreibdidaktisch tätig sind oder die schreibgruppen anleiten, werden ihren spaß mit diesem buch haben. aber auch menschen, die schon einmal an schreibgruppen teilgenommen haben, kommen auf ihre kosten. auf dem buchumschlag des buches „goethe ruft an“ von john von düffel steht, es handle sich um „eine komödie über die jagd nach erfolg“.

davon handelt das buch sicherlich auch. aber noch viel mehr spaß machten mir die gedanken und auslassungen zum schreiben an sich. ein schriftsteller mit einer schreibblockade übernimmt die anleitung einer leicht „elitären“ schreibgruppe für einen sehr erfolgreichen schriftstellerkollegen. einer der erfolge des kollegen ist seinem konzept des „leichtschreibens“ geschuldet. verstrickungen, verwicklungen und eifersüchteleien sind der hintergrund vor dem sich die humorvolle tragik der suche nach dem perfekten text, dem perfekten buch abspielt.

wie findet man den genialen ersten satz eines buches? wie schreibt man, wenn man nicht ganz zu dieser welt gehört? wie geht „tiefschreiben“? wie baut man distanz zu seinen literarischen vorbildern auf? warum möchte man schriftsteller bleiben, wenn man erfolglos ist? diese und viele andere fragen werden enorm humorvoll ausgebreitet und erörtert. dazu kommen die verschiedenen charaktere, angefangen beim scheiternden hauptakteur über den allwissenden kollegen, den frustrierten literaturkritiker, die bestsellerautorin von „bahnhofsbuchhandlungs-büchern“, die aketische lyrikerin und ihr homosexueller mann, die der geschichte noch eins draufsetzen.

ein lesenwertes buch, eine schöne satire. das buch ist 2011 im dumont buchverlag in köln erschienen. ISBN 978-3-8321-9649-3 .

schnickschnack (113)

im rahmen der selbstoptimierung kann alles noch ein wenig effektiver und schneller werden. einer der boomenden begriffe ist das „zeitmanagement“. so sind inzwischen jeder und jede aufgerufen, sich selber perfekt zu takten. und da die zeiten zwischen arbeit und freizeit in vielen berufen verschwimmen, da die erreichbarkeit eines jeden im vordergrund steht, darum ist vieles verbesserungsbedürftig.

also gestalten sie sich doch ihr leben noch ein wenig schneller, gehetzter, getakteter und effektiver. wozu zeit mit überflüssigem wie smalltalk oder hobbies verschwenden, es geht doch auch anders 😉 schon vor einiger zeit erschienen im magazin der süddeutschen zeitung 33 hilfreiche tipps, wie man im rahmen der selbstoptimierung noch mehr zeit sparen kann: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36760 .

so humorvolle die ratschläge sind, sie treffen ins schwarze, bei dem planungs- und organisationswahnsinn, dem die meisten von uns inzwischen unterliegen. wenn kinder und jugendliche schon mit terminkalendern rumlaufen, um noch ihren alltag überblicken zu können und wenn erwachsene sich piepend auf den nächsten zeitabschnitt aufmerksam machen lassen müssen, dann scheint irgendetwas nicht mehr zu stimmen.

die einfachere variante bestünde darin, den kalender in einer reform verändern zu lassen und jedem tag 36 stunden zu zu weisen. die veränderung von kalendern diente auch früher schon den wirtschaftlichen anforderungen, warum darauf im rahmen der wirtschaftskrisen nicht zurückgreifen? 😯

schnickschnack (110)

es gibt eine rangliste der dialekte. dabei wird die beliebtheit der regionalen sprachen abgefragt. schwäbisch rangiert in diesem zusammenhang nicht gerade weit oben. doch seltsamerweise erhält das schwäbische im zusammenhang mit humor und satire schnell beliebtheit und fordert zu schenkelklopfern auf. sind es die verniedlichungsformen wie „gäbele“ und „messerle“ oder sind es die grobschlächtigen beschimpfungen und abwertungen, die den dialekt attraktiv machen?

das kann man wunderbar in einer reihe des swr überprüfen. „die welt auf schwäbisch“ für globale völkerverständigung. ausschnitte aus bundestagsdebatten werden „schwäbisiert“. denn eigentlich trifft sich der „sv 49“ im „adler“ in leimerstetten und diskutiert vereinsangelegenheiten. so geht es bei der ersten folge um die frage, ob beim „sommerfescht“ weiterhin spezi ausgeschenkt werden soll oder nur noch sprudel. zu finden ist diese feine diskussion auf youtube unter http://www.youtube.com/watch?v=AzwrkEBbGPk .

inzwischen gibt es noch viele weitere folgen, die man aber leider nirgends gebündelt findet. so muss man bei youtube einfach die suchfunktion „die welt auf schwäbisch“ eingeben und schon eröffnet sich ein bunter strauss an feinster dialektsynchronisation. wer das deutsche vereinswesen schon einmal ausführlich genossen hat und dazu satire benötigt, hier findet er sie. anschauen!

schnickschnack (104) – extrem-o-mat

wollten sie schon immer einmal wissen, ob sie sich mit ihren politischen ansichten überhaupt noch auf unserem grundgesetzlichen boden befinden oder diesen schon längst verlassen haben? seien wir doch mal ehrlich, es wird heute immer schwerer festzustellen, wer denn nun am grundgesetz und der verfassung knabbert und wer nicht. also ist es zeit, haltungen und werte zu sortieren.

der „extrem-o-mat“ ist die satirische antwort auf den hang zur digitalen einordnung des persönlichen wahlverhaltens. da man sich sowieso nur mit den wahlprogrammen aber nicht mit der realen politik abgleichen kann, kann man ja auch gleich das extrem abtesten. und sie werden feststellen, so harmlos wie sie bis heute scheinen mögen, sind sie nicht 😉 in uns allen steckt ein kleiner wutbürger, in die eine oder andere richtung.

also, probieren sie es doch mal aus, ob sie wirklich mit jeder neurone ihres kopfes eine politisch korrekte haltung einnehmen. und sollte dies nicht der fall sein, können sie überlegen, ob sie umdenken müssen oder sich lieber gleich selber beim verfassungsschutz melden sollten 😀 . machen sie den test hier: http://www.extrem-o-mat.de/ .

kreatives schreiben und vorurteil

vorurteile sind futter für intolerante gesellschaften. etwas abgewandelt können vorurteile als klischees aber auch die grundlage von satiren und komödien sein. viele tragikkommödien basieren auf die verarbeitung von vorurteilen, die die grundlage bieten, dass die „diskriminierten“ nicht selten über sich selber lachen können (so sie über humor verfügen). oder anders formuliert: manchmal muss der gesellschaftliche irrsinn auf die spitze getrieben werden, um darüber lachen und durchatmen zu können.

das kreative schreiben eignet sich sehr gut, klischees und vorurteile aufzugreifen, um ihnen den boden ihrer logik zu entziehen. denn wenn sich etwas ins lächerliche ziehen lässt, dann verliert es nicht selten seine gesellschaftliche relevanz. hier sollte aber vorsichtig vorgegangen werden, denn die ganze sache kann auch kippen und es werden nur vorurteile weiter transportiert oder der abschluss der geschichte passt die diskriminierten an den gesellschaftlichen mainstream an, um die geschichte wieder in das bewertungsraster einzupassen.

aber man kann mal die momentan existenten klischees und vorurteile, die einem einfallen auflisten und sich fragen, wie die überspitzung der diskriminierten verhaltensweisen aussehen könnte. anschließend benötigt es einen gesellschaftlichen, „spießigen“ gegenspieler, eine gegenspielerin, die an ihren eigenen diskriminierenden vorstellungen scheitern. sie führen sich in solchen geschichten meist selber vor, Weiterlesen

wortklauberei (70)

„mozarella in „herzli“-form zum muttertag“

gelinde geschrieben, das ist käse. das ist irgendwie ein mix aus frischkäse und echtem käse. bitteschön, welche mutter möchte zum muttertag „mozarella in „herzli“-form„? ach ja, ich vergaß, liebe geht ja durch den magen. dann ist es natürlich romantisch, wenn man käse in herzli-form, tomaten in „scheibli“-form und basilikum in „blättli“-form verspeisen kann, dann noch olivenölchen in „tröpfli“-form drüber, leckerli. ach mutti, du bist doch die beste.

jedenfalls trällerte der hinweis auf den zuneigungs-mozarella in den letzten tagen immer wieder als werbetrailer einer öko-ladenkette aus dem radio. so gut die produkte geschmacklich und qualitätsmäßig sein mögen, die öko-läden und -produzenten rutschen bei ihrer wortwahl jedesmal daneben. wem ist nur diese gruselige verkleinerungsform eingefallen? und warum wirkt die werbung bei den ökos immer so altbacken, ja spaßfrei? und ist der muttertag nicht ein sehr umstrittener feiertag (so aus der gesellschaftskritischen ecke kommend)?

fragen über fragen, die einem wahrscheinlich niemand beantworten kann. sollte dieses marketing aber funktionieren, dann ist an alternativer lebensweise und der daraus resultierenden kundschaft doch zu zweifeln. oder man muss konstatieren, die alternative lebensweise ist in der mitte der gesellschaft angekommen. denn da gibt es schon länger zuckerschiffchen für den kaffee, bärli-wurst und marshmellows als osterhasen.

fantasieanregend ist diese werbung auf alle fälle, mir fallen dermaßen viele produkte ein: das spanferkli mit ofenkartöffelchen und kräuterliquärkli dazu. oder die prinzessböhnchen mit möhrchen an schweinelendchen im einem leckeren sößli. ach komm, lasst uns doch zum muttertag ins restaurantli gehen für eine gourmetli-mittagsesserchen 😛 .

nabelschau (25)

wenn die welt zu klein wird. die morgendliche zeitungslektüre ist ein muss. doch manchmal fragt sich der leser, inwieweit das gelesene nun noch der realität entspricht oder sich jemand einen scherz erlaubt hat. so gab es vor zwei tagen zum wochenende eine anzeige in einer überregionalen zeitung, die den autor dieser zeilen stark zweifeln ließ:

alle welt schaut die fifa-gesteuerten spiele an. man kann freund oder feind dieses spiels sein, doch die regeln (außer der komischen abseitsfalle) sind den meisten bekannt. männer versuchen einen ball in einen viereckigen rahmen, der mit einem netz bespannt ist, zu schießen. nun fordert ein verein in einer beinahe halbseitigen anzeige die vergrößerung des rahmens um rechts und links jeweils sieben zentimeter und in der höhe um sagenhafte neun zentimeter. gefordert wird dies von „für das grössere fussballtor e.v.„. die begründung lautet, dass dann jeder zweite latten- und pfostenschuss ein tor wäre. in einem artikel im internet wurde eine weitere begründung hinzugefügt: die torwarte werden immer größer, wodurch die chance ein tor zu erzielen immer kleiner werde.

nun, für den sportunkundigen leser ergeben sich aus dieser forderung viele weitere fragen: warum gibt es beim fussball nicht drei bälle? dies könnte doch zu einem abwechslungsreicheren spielfluss führen, auch wenn die fernsehübertragungen nicht mehr so schlicht daher kommen könnten. oder auch, wie ungerecht ist das denn beim eishockey? kann da der torwart nicht mal diese dicken klamotten ablegen? das wäre dann auch mehr was für´s auge. aber die ungerechtesten sportarten scheinen einem dann doch basketball und golf zu sein. der basketball ist beinahe so groß wie ein fussball, muss aber in ein körbchen, das seine größe kaum übersteigt. dieses körbchen hat dann noch jemand verdammt hoch gehängt. na ja, und die golfer die schießen ihren ball erst einmal quer durch die pampa, können ihn kaum mehr sehen und sollten dann ein loch treffen, das einem maulwurfseingang ähnlich scheint. wer kommt denn auf so ungerechte sportarten? da putten die sich einen wolf auf der wiese, in der zeit hätten viele fussballspieler schon längst ein tor geschossen.

aber für unsereinen bestätigt sich beim anblick der anzeige nur ein gedanke: die welt an sich ist ungerecht. warum sollte das beim fussball anders sein?

50 wortklaubereien aus diesem blog

und wenn wir dann gerade schon bei den ganzen schreibtechniken, schreibweisen und schreibformen sind, dann können wir auch noch schnell einen blick auf die sprach werfen. also persönlich sind die wortklaubereien mein liebstes kind, da der geschriebene humor der schönste ist. meist war es anders gemeint, aber es findet sich beständig missverständliches. nachschlag kommt in den nächsten wochen. hier kann ich mich jedenfalls ein wenig austoben 😳

gepostet am 18.02.2010

vor ungefähr anderhalb jahren hatte ich angefangen, mich worten und wortwendungen zu zu wenden, die an aussage und doppeldeutigkeit kranken. es fanden sich immer wieder dinge, die ernst genommen, die welt auf den kopf stellen können oder leserInnen zweifelnd zurücklassen. was wollten die autorInnen mir damit sagen? wer kommt auf solche abstrusen wortspiele? diese „wortklaubereien“ seien nun hier zusammengefasst, um platz für neue zu schaffen.

wortklauberei (01): „tiefkühlkost“
wortklauberei (02): „seitenflügel“
wortklauberei (03): „ausbildung“
wortklauberei (04): „zeitnah“
wortklauberei (05): „wellness“
wortklauberei (06): „mit dem wort links habe ich keine berührungsängste“
wortklauberei (07): „wintereinbruch“
wortklauberei (08): „verantwortungsloses system“
wortklauberei (09): „dienstleistungsgesellschaft“
wortklauberei (10): „garnier-koffein-augen-roll-on“
wortklauberei (11): „finanzmarktstabilisierungsanstalt“
wortklauberei (12): „die genuss-molkerei“
wortklauberei (13): „schicksalsreportage“
wortklauberei (14): „handy“
wortklauberei (15): „rauschtrinken“
wortklauberei (16): „clashen lassen“
wortklauberei (17): wort des jahres: „finanzkrise“
wortklauberei (18): „kinderleicht-regionen“
wortklauberei (19): „… dass niemals wieder ein vorstandsvorsitzender der deutschen bank ein renditeziel von 25 prozent vorgibt“
wortklauberei (20): „kampfmittelbeseitigung“
wortklauberei (21): unwort des jahres: „notleidende banken“
wortklauberei (22): „always ultra mit secure guard schutzkonturen“
wortklauberei (23): „ein herz für erzeuger“
wortklauberei (24): „eine neue zeit beginnt. wir sind bereit.“
wortklauberei (25): „in dieser unendlichen weite des tabellen-ozeans“
wortklauberei (26): „cesar – zeig deine liebe“
wortklauberei (27): „wir werden das konjunkturtal überwinden“
wortklauberei (28): „up-&-awake-pads“
wortklauberei (29): „athletisches design“
wortklauberei (30): „zwei leben. eine liebe. sheba“
wortklauberei (31): „karriere lounge“
wortklauberei (32): „creativ catering“
wortklauberei (33): „bunte eier aus bodenhaltung“
wortklauberei (34): „das stinkt doch nach pfusch“
wortklauberei (35): „schicken sie ihren gaumen auf weltreise“
wortklauberei (36): „bossnapping“
wortklauberei (37): „bad bank“
wortklauberei (38): „sei welt – sei meister – sei berlin“
wortklauberei (39): „stück für stück ins homoglück“
wortklauberei (40): „gesundheitskasse“
wortklauberei (41): „endlich gibt es tempo auch als toilettenpapier“
wortklauberei (42): „trendwende“
wortklauberei (43): „internationaler tag des kusses“
wortklauberei (44): „frauenpolitik & genderpolitik in der friedrich-ebert-stiftung“
wortklauberei (45): „basisfahrplan“
wortklauberei (46): „analog-käse“
wortklauberei (47): „kundenlebenswert“
wortklauberei (48): „dienstleistungsbereitschaft“
wortklauberei (49): „du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“
wortklauberei (50): „sprachbox“

viel spaß damit!

nabelschau (23)

das tägliche grauen in der post. es fällt schwer bei diesem thema ernst zu bleiben, handelt es sich doch um vorgaben eines beinahe-monopolisten. wer einmal marcel prousts „auf der suche nach der verlorenen zeit“ gelesen hat, der kann dort erfahren, dass in paris am tag mehrfach briefe zugestellt wurden und somit schriftlich beziehungen aufgebaut, vertieft und beendet werden konnten. wenn nötig sogar an einem tag. diese briefe zeichneten sich durch schöne schrift, vielleicht einen duft, ein siegel oder besondere umschläge aus. heute bietet dies zumindest teilweise die mail. nur mit dem duft, dem siegel oder einem besonderen umschlag ist es weiterhin schwierig im digitalen zeitalter.

also greift mancher von uns zwischenzeitlich doch noch zum büttenpapier, zum edlen füller, wählt einen zarten duft und vielleicht einen farbigen briefumschlag. zumindest wird die post meist noch einmal am tag zugestellt (obwohl es da auch schon engpässe gegeben haben soll) und sie wird oft auch innerhalb eines tages durchs land transportiert. doch wer seinen bedeutungsvollen brief nicht am schalter im postamt abgibt (wo war noch einmal das nächste postamt?) und länger keine farbigen briefumschläge verwendet hat, verursacht dem oder der angebeteten ärger. denn er hat seine schriftlichen zärtlichkeiten mit großer wahrscheinlichkeit falsch frankiert. ein farbiger brief kostet mehr als ein normaler brief. und dies gilt schon seit jahren. ich habe es erst durch die zeitung vor etlichen wochen erfahren, dass die post da regeln hat, die nirgends schriftlich eindeutig gefasst sind, die aber für naive lust- und liebesbrief-schreiberInnnen zum supergau werden können.

stellen wir uns einmal vor, wir haben eine tollen brief geschrieben, werfen ihn vor der leerung in den kasten und warten am nächsten tag oder am übernächsten tag sehnsüchtig auf eine reaktion (telefonisch, per mail oder brieflich). es kommt nichts. wir sind verunsichert, hat den adressaten unser gefühlvolles werk verfehlt, sind die worte falsch gewählt gewesen? nichts dergleichen. der brief hat ihn einfach nicht erreicht. er fand eine benachrichtigung des/der zustellerIn im kasten, auf dem steht, dass ein brief im service-center auf die abholung warte, aber eine nachgebühr zu entrichten sei. denn der umschlag war farbig. das steht nicht auf der benachrichtigung. aber wer seine zartheiten nicht in graue, weiße oder kackbraune umschläge packt, muss 90 cent draufkleben. begründung der post: die adresse eines briefes kann von den automatischen sortiermaschinen bei farbigen umschlägen nicht gelesen werden, es muss also von hand sortiert werden.

abgesehen davon, dass diese regel nirgends steht, ist es im hochtechnisierten zeitalter anscheinend nicht möglich lesegeräte so zu kallibrieren, dass schriften auf farbigem papier erfasst werden. nun kommt von den schreibenden wahrscheinlich niemand auf die idee mit rotem stift auf rotem papier die adresse zu notieren, sondern es wird dann schon blau oder schwarz verwendet, doch das genügt der maschine nicht. tja, die welt war einmal bunt, sie wird immer grauer. und in ein paar jahrzehnten, wenn das grauen weiter um sich gegriffen hat, dann sind farbige briefumschläge ein zeichen von widerstand gegen die sortierenden und ausliefernden roboter.
interessant wäre es, zu erfahren, ob an dieser regelung schon beziehungen gescheitert sind, da der schreiber am dritten tag ohne reaktion zur feder griff und dem ganzen ein ende machte, hatte er doch sein herz in worte gefasst und diese wurden anscheinend nicht geachtet, sie wurden in seinen augen ignoriert. dabei war es nur die post, die tristesse in sein leben brachte.
ob demnächst düfte verboten werden, wegen geruchsbelästigung?

biografisches schreiben und humor

bis jetzt waren viele der beiträge zum biografischen schreiben hier im blog, der versuch ernsthafte techniken der selbstvergewisserung aufzuzeigen. dabei wurde ein aspekt des lebens vollständig außer acht gelassen. humor und heiterkeit im alltag und im leben. beständig wird darauf hingewiesen, dass lachen sehr gesund sei. und schaut man sich um, wird viel gelacht. sind trotz aller widrigkeiten viele menschen zwischenzeitlich sehr fröhlich.

welche begebenheiten im leben sind hängengeblieben, die voller witz und situationskomik waren. aus der kindheit kennt man sie meist, da sie die grundlage mancher erzählungen bei familienfeierlichkeiten oder anderer zusammentreffen bilden. doch danach, welche scherze hat man sich als teenager erlaubt? wie war das in der schule. auch beim backen von plätzchen für eine schulweihnachtsfeier einmal einen hundekuchen mit glasur bestrichen und mandeln belegt, um ihn zwischen all den leckeren teilen zu verstecken?

oder vielleicht kannte man einen menschen, der immer wieder für witzige überraschungen im eigenen leben gesorgt hat. jemand, der keine hemmungen hatte, skurrilitäten auszusprechen und ganze gruppen zum lachen brachte. wie sieht es mit dem eigenen galgenhumor aus? war eine der grundlagen der eigenen beziehungen das gemeinsame lachen? alles fragen, deren beantwortung stichwortartig in der rückschau auf die eigene lebensgeschichte, der eigenen biografie notiert werden kann.

im anschluss kann man sich überlegen, ob man beim schreiben der eigenen biografie auch anekdoten einfügt. diese lockern meist das geschriebene auf und stehen nicht selten im zusammenhang mit der eigenen lebenseinstellung. der hundekuchen war gleichzeitig ein ausdruck gegen die allzu seligen weihnachtsfeierlichkeiten an der schule, die die grundkonflikte kaschierten. und man kann feststellen, wie oft im laufe der zeit doch gelacht wurde und das eigene leben nicht nur von dramatik bestimmt war.

schnickschnack (43)

es muss hier einmal geschrieben werden: microsoft verursacht probleme. wer bei der arbeit regelmäßig windows verwenden muss, könnte manchmal verzweifeln ob der unübersichtlichkeit der programme. man kann sich dabei einen wolf suchen, wenn man versucht in die ordnerstruktur einzusteigen. an der oberfläche ist ja noch alles ganz hübsch, aber je tiefer man dringt, um so unverständlicher wird das betriebssystem und werden die strukturen.

da lobe man sich doch manch andere hersteller von betriebssystemen, die nach dem verfahren „what you see is what you get“ aufgebaut sind. da gibt es nicht verschiedene ordner für temporäre dateien, da wird gelöscht, wenn gelöscht wird, da ist vieles über das „drag & drop“-prinzip möglich. aber das ist alles nicht neu. ich möchte hier nur kurz anreißen, dass zu einer übersichtlichen technik gehört, dass ich viele schritte meines tuns auch nachvollziehen kann, wenn ich es möchte.

da windows marktführer ist und sich viele damit herumärgern, war dies der anlass für den kabarettisten bodo wartke, einmal windows zu besingen in „PCdenzfall„. eine freundin hat mich auf den song bei youtube aufmerksam gemacht und er soll niemandem vorenthalten werden, um zumindest in der verzweiflung solidarisch zu sein. viel spaß damit: http://www.youtube.com/watch?v=it9nfPGTrgI  .

p.s.: besonders interessant finde ich die anschließende diskussion, ob man solch eine satire überhaupt bringen darf. oh je, jetzt werden auch noch computer zu glaubensangelegenheiten.

kreatives schreiben und die internationale funkausstellung in berlin

kreative schreiberInnen suchen ja immer nach schreibanlässen. hier ist einer: begib dich auf die ifa, setz dich in den sommergarten und dann gehe davon aus, dass es sich bei den veranstaltungen um keine satire handelt. das ist so gemeint, wie es da aufgeführt wird. ehrlich geschrieben, ich war noch nicht da, aber das was im tv davon übrig bleibt scheint die andere seite berlins widerzuspiegeln. die preussische piefigkeit.

abseits davon bietet eine funkausstellung nicht allzuviele schreibanlässe, die sich sehr von einer anderen messe unterscheiden würden. aber das kreative schreiben wartet nicht nur auf anlässe. es benötigt ein angemessenes ambiente. und hier ist ab diesem jahr auf der ifa das paradies für alle schreiberInnen ausgebrochen. denn es werden zum ersten mal küchenmaschinen ausgestellt. was das mit funk zu tun hat, sei dahin gestellt, wahrscheinlich die tatsache, dass sie inzwischen über wlan oder so gesteuert werden können.

aber mein augenmerk fällt dabei auf anderes. zuerst einmal die kaffeemaschine. nenne ich doch schon eine mein eigen, die dann startet, wenn die eingestellte uhrzeit erreicht ist. oder der kühlschrank der sich per internet selbst auffüllen soll, zumindest die bestellung aufgibt. und diverse andere produkte, die sozusagen selbstständig für die befriedigung der sinnlich-vitalen bedürfnisse wie essen und trinken sorgen. und es somit den schreibenden ermöglichen, die wohnung kaum mehr verlassen zu müssen und solche lästigen dinge wie kochen erledigen zu müssen. wer einen kleinen pc im kühlschrank integriert hat, der kann während er nachts noch einmal aufsteht und zu den fressalien schleicht, gleich während der unterkühlten völlerei ein traumtagebuch führen. vielleicht gibt es den kühlschrank auch schon mit drucker, und am nächsten morgen liegen die bulimischen texte gedruckt vor. mehr infos zur ifa sind hier zu finden: http://www.ifa-berlin.de

wen das alles nicht interessiert, da profane technik und den intellekt unterfordernd, der kann heute noch zur „langen-nacht-der-museen“ gehen. dazu gibt es hier aber keinen link, denn wer noch lange sucht wo er hinwill, der wird in einer oder zwei stunden das ende einer menschenschlange bilden, die es in der langen nacht gerade einmal schafft ein museum zu besuchen. das wetter ist so, dass die massen mehr zeit draußen verbringen können (und auch müssen) als in den museen selber. und ob dann die ausstellungsstücke gesehen werden können bleibt fraglich.

kreatives schreiben und satire

„hallo mama!“

„wie geht es dir?“

„glänzend wie meinem frisch blondierten haar!“

dies ein ausschnitt aus einem aktuellen werbespot im fernsehen. wenn das keine realsatire ist, die im kreativen schreiben ausbaufähig wäre. so könnte die antwort auch lauten „angekratzt wie frisch gecremten aufgerauten hände.“ oder „glänzend wie mein mit den superturbo vierfach Tabs gespültes geschirr.“. ja, es kann einem sogar „abgewrackt wie der tanker bei uns im hafen.“ gehen.

die realsatire ist in vielen momenten der beste lieferant für geschichten. heute in der u-bahn berliner rentnerinnen, aufgehübscht und adrett, wahrscheinlich auf dem weg zum cafe kranzler. eine erzählte im breitesten berlinerisch eine lästerliche geschichte über eine gemeinsame bekannte. und alle drei amüsierten sich wie bolle die ganze strecke lang. unterbrochen immer wieder von einem dezent ausufernden „hihihi“ der zwei zuhörerinnen. was für ein grandioses bild, das in dem musical „linie 1“ mit den wilmersdorfer witwen aufgegriffen wurde. legt man den frauen nun den obigen dialog in den mund, nur mit dem start „hallo linda.“ „wie jeht et dia?“… und schon hätte man eine kleine satire.

es begegnet einem auf der straße so viel amüsantes, dass man es sich sofort notieren sollte. manches ist im hintergrund sicherlich eine traurige angelegenheit, aber im kleinen ausschnitt wirkt es heiter. laufen zum beispiel zwei kleine ungefähr 6-jährigen mädchen an mir vorüber, sagt die eine zur anderen: „ich bin mit einem kaiserschnitt auf die welt gekommen.“ „ich bin mit der saugglocke geholt worden.“ aha!

häufig macht der kontrast den witz aus. kleine mädchen, die sich über saugglocken unterhalten oder feine damen, die mit breitem dialekt lästern. solche dinge lassen sich natürlich wunderbar in schreibaufgaben einbauen. also dialoge, die widersprüchlichkeiten bieten und die schwächen der umwelt oder der gesellschaft offenlegen. bei der satire könnten sich zum beispiel die kleinen mädchen über ihre ersten erfahrungen mit botox unterhalten und sie könnten zu dem schluss kommen, dass die gesetzte spritze sie nicht jünger erscheinen lässt. so können in schreibgruppen immer schrägere widersprüche konstruiert werden, die ab einem bestimmten punkt von der satire abweichen und ins lager der surrealismus abdriften. doch dies tut dem spaß keinen abbruch.