Schlagwort-Archive: schöpfen

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (14)

aber arbeit

„seit wann hat schreiben spass gemacht?“, wird manche/r denken, wenn die überschrift wenn er/sie die überschrift liest. schreiben wird von vielen menschen zu den kompetenzen gezählt, die notwendig sind, aber nicht freude oder lust auf mehr bereiten. gut, mails, chats, sms, twitter, briefe und postkarten, das sind sondersituationen für die einzelnen, die eher mit kommunikation, mit reden, mit gegenseitigem austausch zu tun haben. doch so für sich erst einmal, einfach zu schreiben, geschichten zu notieren, gedanken auszuformulieren, das machen die wenigsten.

schreiben muss für viele von uns in eine „sinnvolle“ aufgabe eingebunden sein. schreiben muss angefordert oder erwartet werden, muss einen effekt haben. dabei wird unterschätzt, dass schreiben für sich, aus einer kreativen laune heraus, sehr wohl einen effekt hat. hat man diesen effekt jedoch noch nie erfahren, dann ist es schwer von außen nachzuvollziehen, dass schreiben und spass überhaupt kein widerspruch sind.

der wichtigste grund, weshalb nicht zum stift oder zur tastatur gegriffen wird, der liegt in der zeitknappheit, die als führendes argument ins feld geführt wird. „ich habe gar keine zeit und nicht die ruhe, mich hinzusetzen, um zu schreiben.“ schon an zweiter stelle folgt die argumentation: „ich muss während meiner arbeit schon so viel lesen und schreiben, da habe ich in meiner freizeit keine lust mehr dazu.“

es macht keinen sinn, jemanden zum schreiben zu überreden, der keine lust dazu hat, der schreiben als einzig anstrengendes unterfangen ansieht. aber es macht lust, menschen dazu zu überreden, es einmal kurz auszuprobieren, wie es sich anfühlt, wenn man „kreativ“ schreibt. denn meist schon nach den ersten versuchen des schreibens für sich selbst kommen viele menschen auf den geschmack. es ist qualitativ für alle schreibenden etwas anderes, selbst eine geschichte, ein gedicht oder auch nur ein elfchen zu schöpfen, als einen Weiterlesen

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schreibpädagogik und coolness

gruppen verleiten manchmal zur übertriebenen selbstdarstellung. kreative gruppen fördern diesen prozess. das kann erst einmal sehr unterhaltsam sein, und es gehört zu gruppenprozessen auch dazu, aber es wird dann lästig, wenn sich die anderen gruppenmitglieder nicht zur wehr setzen oder wenn sich eine gruppe keine regeln gibt. es entwickeln sich alpha-positionen von einzelnen gruppenmitgliedern. früher wurde diese rolle meist von männern besetzt, heute kann man das nicht mehr so eindeutig sagen. die alpha rolle kann sowohl von teilnehmerInnen einer gruppe eingenommen werden als auch von der gruppenleitung.

es soll hier klar unterschieden werden zwischen der rolle der aktiven teilnahme an einem gruppengeschehen und der rolle der coolen führerschaft. bei schreibgruppen sind diese führungsrollen schwieriger einzunehmen, da durch das schreiben viel allein und eigenständig gearbeitet wird, also alle teilnehmerInnen nicht in einem ständigen kommunikativen austausch miteinander stehen. zudem gibt es meist die regel, dass alle teilnehmerInnen ihren text vortragen, was das aufbauen einer hierarchie schwerer macht.

aber natürlich kann es auch in schreibgruppen die teilnehmerInnen geben, die aus ihrer vorstellung vom schöpferischen und künstlerischen die haltung ableiten, dass ihre beiträge so einzigartige seien, dass sie viel (zeit)raum einnehmen dürfen, dass sie nur positive rückmeldungen verdienen und dass ihre wortbeiträge, zum beispiel beim feedback, die einzigen treffenden interpretationen liefern. dies kann schnell zu diskussionen führen, die die ganze gruppe beschäftigen, aber keine weiterentwicklung der schreibprozesse fördern.

die überzeugung der außergewöhnlichkeit geht nicht selten mit einer (lauten) coolness einher. beim film kann man dies zum beispiel schön am verhalten auf dem roten teppich festmachen. in schreibgruppen ist das eher an anderen punkten feststellbar. wenn jemand sich bei leserunden stetig vordrängt, wenn überbetont vorgetragen wird oder wenn stetig scherze über die beiträge Weiterlesen

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (09)

kein kopieren

bei wissenschaftlichen arbeiten mag man dies noch verstehen, dass pures kopieren nicht zeigt, wie man selbstständig zu wissenschaftlichen erkenntnissen gelangt. obwohl auch da das kopierte ja nur als zitat kenntlich gemacht werden müsste, um es für die eigenen überlegungen nutzen zu können. aber generell gibt es inzwischen eine verteufelung des „copy & paste“, worüber man meiner ansicht nach vortrefflich streiten kann.

vor dem schreiben steht die ideenfindung und recherche. kein schreibender mensch erfindet das rad neu, sondern orientiert sich an schon vorhandenem, an bekanntem und an persönlichen vorlieben. dabei wird nachgemacht, weitergedacht oder nur neu kombiniert. diese prozesse werden gern abgewertet als faulheit und ausweichhandlung.

das scheint absurd, wenn man sich die denkleistung dahinter betrachtet: es wurden erst einmal informationspools gesucht, sie wurden durchforstet, es wurde ausgewählt, es wurde gelesen, es wurden ausschnitte kopiert und neu kombiniert. letztendlich wurden also für die schaffung eines neuen produktes collagetechniken angewendet. wer glaubt denn, dass dies früher nicht der fall war? ganz gleich, ob schule, hochschule oder freizeit, es wurde abgeschrieben. nur handschriftlich war dieser prozess viel aufwendiger. da fiel die entscheidung leichter, gleich etwas eigenes zu schreiben.

aber generell stellt sich die frage, ob die qualität eines textes automatisch dadurch schlechter wird, dass man versatzstücke anderer ansprechender texte verwendet. mein momentanes lieblingsthema: musik und malerei haben dies schon lange vorgemacht, nur beim schreiben wird ein anderer maßstab angelegt. und schnell rutscht man in die denkstruktur, dass es eines geniehaften schöpfens aus sich selbst heraus bedarf, um schreiben zu können. „copy & paste“ können ein wunderbarer einstieg ins schreiben sein.

die sorge, dass dann nur noch kopiert würde, ist eine falsche. ausweichhandlungen treten nur dann auf, wenn eine sache keinen spaß macht, zwang und druck zum ausweichen und zur flucht animieren. kreativ sein ist aber für alle menschen ein angenehmes gefühl, wenn keine abwertungen im nachhinein stattfinden. und kreativität verlangt nur die neukombination von bisher gedachtem aber nicht die vollständige neuschöpfung, die von der logik her auch gar nicht außerhalb gesellschaftlicher parameter machbar ist. wir können nicht denken, was abseits des menschlich vorstellbaren liegt. doch unsere vorstellung, dass butter butter ist, ist gesellschaftlich vermittelt, also schon einmal von jemandem gedacht worden.

also ist das kopieren und neukombinieren eine fähigkeit, die uns menschen kreativ werden lässt und unsere entwicklung fördert. es wird zeit, dass beim schreiben die angst vor dem „copy & paste“ abgelegt wird. wir tun es sowieso schon. und dann kann der fokus auch auf den kreativen aspekt im hintergrund gerichtet werden. was für ein spaß ist es, aus textschnippseln von goethes „faust“ ein neues stück zu kreieren. und wie viel größer wird der spaß im laufe der zeit, wenn man anfängt selber wie goethe zu schreiben. das kopieren ist eine gute technik um sich dem schreiben anzunähern, wir sollten in schulen, hochschulen, in der kunst und literatur nicht darauf verzichten.

unter einem ganz anderen gesichtspunkt verläuft die debatte um das vollständige kopieren ganzer bücher, ohne neues daraus zu schaffen. die ist hier nicht gemeint.

biografisches schreiben und kunst

ein weites feld: es geht um ästhetik, um geschmack oder um eigene künstlerische ambitionen. das erstaunliche in unserer gesellschaft ist, dass wir die kunst zwar schlecht behandeln (miese bezahlung und finanzierung, minimale verankerung in der (aus)bildung, skurriler geniekult), gleichzeitig aber nicht von ihr lassen können. zwischenzeitlich scheint es (und wird es auch so vermittelt), wie wenn kunst und kultur ein luxusproblem wären. dabei zeigt sich, dass selbst unter widrigen lebensumständen immer wieder kunst geschaffen wurde.

kunst vermittelt zwischen erworbenen fähigkeiten, gesellschaftlichen vorstellungen und persönlichem ausdruck. kunst kann kritisieren, untermalen, konservieren oder auch nur anarchisch durch das leben mäandern. beim verfassen der eigenen lebensgeschichte, sollte auf keinen fall der bezug zur kunst, zum künstlerischen fehlen. immer noch begegnen viele menschen dem begriff „kunst“ mit ehrfurcht und sehen sich selbst weit entfernt von kreativität. betrachtet man aber den alltag, dann zeigt sich, dass sowohl kunst konsumiert als auch geschaffen wird.

es heisst nicht ohne grund gartenkunst, kochkunst, kleinkunst, baukunst und vieles mehr. die wertigkeit ist oft eine gesellschaftlich übernommene. die gern getroffene aussage bei moderner kunst „das könnte ich auch!“, sollte eigentlich als einladung verstanden werden, es wirklich zu probieren. eine abkehr von der abwertung des selbstgeschaffenen (und sei es auch „nur“ ein eigenes strickmuster oder kinderbild) würde die kunst an sich glaubhafter und lebhafter erscheinen lassen. schauen sie doch mal beim biografischen schreiben, was sie alles selbst geschaffen haben. schauen sie, wie sie es bewerten, wie sehr sie es mit anderen „schöpfungen“ vergleichen. nicht alles muss gleich die konkurrenz mit auktionsrekord-kunst bestehen.

betrachten sie eher den aspekt, wie es sich anfühlte, als sie etwas schafften, schöpften, entwarfen oder erfanden. was wollte man mit dem gemachten ausdrücken? warum wollte man etwas ausdrücken? wie hat die umwelt das wahrgenommen? und wie wichtig ist es einem, anerkennung Weiterlesen

kreatives schreiben und kunst

eigentlich ist alles kunst – die lebenskunst, die kunst der entspannung, das künstliche und künstlerische, das wissen und das nichtwissen (die kunst der ignoranz). und wie es dann auch schon viele künstlerInnen formuliert haben, sind wir alle künstlerInnen, auch wenn es die meisten nicht sein wollen. sagen sie einem mensch, er möge doch einmal kunst schaffen, wird er ihnen antworten, er könne so etwas nicht. fragen sie den menschen, was er den zuletzt gebaut, gebastelt oder gedacht habe, dann stellen sie fest, auch er hat dinge oder gedanken erschaffen, die abbilder der realität sind.

da wir es aber notwendig fanden, für die kunst einen markt zu haben, brauchten wir auch händler und experten, die kunst bewerten und einordnen. und so entstanden aus moden kunst, aus abbildern kunstwerke. jede, absolut jede zeit hat ihre kunst. woher sollten wir wissen, ob nicht in dreihundert jahren die plastiknachbildungen griechischer skulpturen und säulen für den reihenhausgarten der hohen kunst der postmoderne zugerechnet werden? und doch fühlt sich mancher berufen, zwischen kunst und kitsch oder zwischen kunst und krempel zu unterscheiden.

wahrscheinlich geht es nur um die bedeutung des erschaffenen, des abbildes. so kann auch kreativ geschriebenes in den augen der schöpferInnen oder leserInnen kunst sein. doch in den augen der literaturwelt werden die ergebnisse der kreativen schreibprozesse gern belächelt. irgendwo verläuft für sie die grenze zwischen kunst und hobby. betrachtet man aber die schreibprozesse großer künstlerInnen, stellt man fest, dass sie die gleichen zweifel und fragen plagte, wie die teilnehmerInnen von schreibgruppen.

und da ist sie wieder, die bedeutung des geschaffenen. ganz gleich, welcher produktionsprozess im vorfeld beschritten wurde, eigentlich sollte nur das ergebnis zählen, sich die bewertung von kunst also nicht an der person, sondern am text orientieren. es wäre einmal interessant, texte und werke ohne namen der autorInnen und deren biografie zu veröffentlichen. ich bin mir sicher, die urteile über das geschriebene würden anders ausfallen. doch, und dies scheint inzwischen in allen künsten der fall zu sein, der markt könnte zusammenbrechen. die verwertung von kunst ist inzwischen ein großes geschäft, das niemand aufs spiel setzen will.

doch noch einmal zurück zum kreativen schreiben: seien sie sich gewiss – vieles von dem, das in schreibgruppen, mit schreibübungen oder durch die verwendung von schreibtechniken entsteht, vieles davon ist kunst, auch wenn es nie einen verlag finden und gedruckt wird. denn das eigentlich intensive und letztendliche wohltuende ist der schaffensprozess – alles danach ist theater, markt und posse. man mag auch den zweiten schritt schätzen, keine frage, und man möchte, dass andere die eigenen abbildungen interessieren, man möchte damit sogar sein geld verdienen, aber es wird nie an den eigentlich kreativen moment heranreichen.

kreatives schreiben und kunst bedeutet nichts anderes, als einen schriftlichen ausdruck für sich selbst zu finden. na dann, lasst uns kunst machen!

web 2.0 und medien

das web 2.0 ist irgendwie ein medium für sich, das wiederum auf alle möglichen medien zurückgreift, sie verknüpft, neu arrangiert und ganze netze durch mediale welten spannt. es entstehen im web 2.0 gebilde, die keiner katalogisierten bibliothek oder einem filmarchiv entsprechen. es sind verwebungen, die lebendiger und interdisziplinärer erscheinen. dabei entstehen zusätzlich verknüpfungen mit subjektiven ausdrücken, bewertungen und emotionalen darstellungen.

neben der bedrohlichen sehr persönlichen datensammlung entsteht noch etwas ganz anderes: das web 2.0 erhält durch seine „leichte“ bedienung und die medienfülle eine dermaßen große vielfalt, wie sie für menschen vor einem jahrzehnt nicht vorstellbar schien. am spannendsten scheint mir dabei, dass auch eine geringe leserInnenzahl nicht verhindert, dass grandiose einzelne auftritte überall im web 2.0 glänzen. menschen drücken sich in einer vielfalt aus, die ihrer vielschichtigkeit gerechter wird, als alles zuvor dagewesene.

man schaue sich an, dass neben dem ganzen marktgeheul im netz, viel persönliche energie und kompetenz in ein stetig wachsendes gewebe eingespeist wird. es bestätigt die vorstellung, dass der mensch viel kreativer und schillernder ist, als ihm oft eingeredet wird. wäre da nicht eine teilweise enervierende urheberrechtsdebatte, die manches engagement schon wieder im keim erstickt, dann könnten sich noch mehr ausdrucksformen im web 2.0 finden (ich meine hier nicht die kriminellen download-seiten).

das web-2.0-bashing ist zwar weiterhin in mode, doch viele lassen sich dadurch nicht beirren und folgen einfach ihren interessen. so lang sich niemand gezwungen fühlt im sozialen netzwerk agieren zu müssen, kann das web 2.0 einen produktiven austausch befördern, der sich abseits der gewohnten kunst-, kultur- und medienpfade bewegt. dass daraus dann immer wieder neue pfade entstehen können, die im laufe der zeit Weiterlesen

woraus schöpft kreativität?

ich hab hier schon angerissen, dass das spiel an sich bei kreativen prozessen eine große rolle spielt. doch was ist spielen eigentlich? es ist ein versuch die umwelt zu erfahren und zu „begreifen“, ohne gleich mit allen konsequenzen des alltags konfrontiert zu werden. das spiel ist eine seltsame absprache, die vielen prozessen die ernsthaftigkeit nimmt. wenn man sich zum beispiel spielende tiere betrachtet, dann kann man feststellen, dass viele abläufe dem kämpfen oder jagen gleichkommen. und doch wird aus dem kämpfen und jagen erst einmal kein ernst. auch bei menschen bereitet das spiel des kindes auf später ernsthafte alltäglichkeiten vor. ob es nun der kaufmannsladen ist, das spiel mit puppen oder die egoshooter sind. all diese spiele trainieren spätere möglichkeiten.

leider wird bei uns spiel so verhandelt, dass das gespielte automatisch bedeutet sich später auch so zu verhalten. doch eigentlich ist die abmachung beim spielen, eigene grenzen ausloten zu dürfen und vor allen dingen all das im spiel erlebte auch wieder verwerfen zu können. darum führt der egoshooter auch nicht automatisch dazu sich in einen kampf zu begeben. im spiel eigne ich mir möglichkeiten der welt an. darum entstehen dort sozuschreiben varianten des lebens. kreativität ist ein ausloten der varianten des lebens, der versuch sie darzustellen. es bedeutet nicht, dass ich all das dargestellte erlebt haben muss, in seiner ernsthaftigkeit erfahren muss. die spielerische komponente besteht zusätzlich darin, dass ich dinge kombinieren kann, die ich in der realität nicht kombinieren kann.

es fällt oft schwer, kreatives stehen zu lassen. oft kommen nach kreativen prozessen sehr realistische ergebnisse zutage, die wiederum die konsumenten verwirren. man betrachte nur manche filme, die eigentlich eine erfundene geschichte wiedergeben, beim zuschauer aber das gefühl auslösen, so kann es gewesen sein. so geht kreativität einher mit der fähigkeit, sich in einem eigentlich fremde situationen und handlungen hineinversetzen zu können. das spiel ist eine gute vorbereitung dafür. aber eben nur eine.

die andere vorbereitung für kreative prozesse besteht in der beobachtung. ein waches auge für die ereignisse um einen herum zu haben. ich kann natürlich auch nur mich selber für meinen kreativen ausdruck heranziehen. doch selbst in diesem moment habe ich mich im vorfeld beobachtet, reflektiere ich erlebtes und gefühltes. einen schöner effekt von kreativem tun besteht in der wachsenden aufmerksamkeit für geschehendes. wenn man einmal anfängt vermehrt um sich zu blicken, um ideen zu sammeln oder charaktere zu finden, wird man selten diesem tun überdrüssig sondern eher neugierig.

der beobachtende blick, das emotionale radar läuft quasi nebenher. Weiterlesen