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wissenschaftliches schreiben und klischee

generationen von wissenschaftlerInnen, studentInnen und doktorandInnen tragen das klischee weiter, dass wissenschaftliches schreiben vor allen dingen eines sei: anstrengend! schaut man genau hin, dann löst sich auch dieses klischee auf, wie es andere klischees auch tun, wenn man sie genauer betrachtet. es ist nicht das wissenschaftliche schreiben, das anstrengend ist, es ist der kontext, der es so anstrengend macht. das eigentliche schreiben könnte als leicht im gegensatz zu literarischer arbeit gesehen werden, da viele stilistische und strukturelle vorgaben herrschen, die einem den weg des wissenschaftlichen schreibens vorzeichnen.

anstrengend macht das wissenschaftliche schreiben zum beispiel die aussage, dass wissenschaftliches schreiben anstrengend sei. geht jemand unbedarft daran, einen wissenschaftlichen text zu verfassen, dann melden sich schnell mahnende stimmen – seltener von außen, häufiger von innen. da ist der gedanke an die bewertung – es muss eine gute abschlussnote werden, die zukünftige existenz ist davon abhängig. es muss eine so saubere argumentation sein, damit möglichst kein widerspruch von außen aufkommen kann. es muss der hierarchische weg des wissenschaftslebens eingehalten werden – vorgesetzte sollten zitiert und in die betrachtungen einbezogen werden. es muss der richtige zeilenabstand, die richtige zitierweise, das korrekte forschungssetting mit angemessener auswertung, die zurückstellung von eigenen kommentaren und vorstellungen sein. und heute muss es vor allen dingen das korrekte einhalten der bearbeitungszeit und der geforderten seitenzahl sein.

dies alles sind aspekte, die das wissenschaftliche schreiben in ein korsett zwängen, das mit dem forschenden geist nicht mehr viel zu tun hat. es ist schule geworden, bis in die Weiterlesen

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schreibberatung und alter

man erinnere sich an die auseinandersetzung um die rechtschreibreform. ein bürokratischer akt, der angeblich zu einer vereinfachung der schrift und des schreibens führen sollte. viele entscheidungen sind ebenso undurchsichtig wie von früher existierendes und gewordenes. wir verfügen über ein ausuferndes regelwerk und komplizierte schreibformen, die in ihrer aussage inzwischen bedeutungslos sind. an dieser reform ließen sich teilweise generationskonflikte um die zukünftige sprache festmachen. denn allüberall wird vor der verrohung und vereinfachung unserer kommunikation gewarnt.

das schreiben wurde und wird sehr unterschiedlich gelernt. früher die vermeidung des „du“, der direkten ansprache der leserInnen, heute slang und wortspiele in frecher annäherung. und doch bleibt es altersunabhängig, wann das schreiben nicht mehr so vollziehbar ist, wie gewünscht. schreibberatung konzentriert sich nicht auf eine form des ausdrucks, propagiert nicht „die richtige“ schreibe, denn die einengung des schreibprozesses kann sehr unterschiedliche formen annehmen.

auch die flappsige moderne sprache schützt nicht vor dem eigenen erwartungsdruck, vor einer schreibblockade oder dem fehlenden ausdruck. ebenso kann eine gestochen scharfe, grammatikalisch korrekte schreibweise nicht verhindern, dass die ideen für formulierungen und metaphern ausgehen. schreibberatung kommt alters- und zeitlos daher. sie hat nichts anderes im sinn, als dem schreiben und ideenentwickeln genug raum zu verschaffen, im zeitmanagement und im kopf.

und auch wenn manche vertreterInnen der meinung sind, das lamentieren über schreibblockaden und schreibkrisen sei eine modeerscheinung – sie als schriftstellerInnen könnten gar nicht schriftstellerInnen sein, wenn sie jemals schreibblockaden erleben würden, so stellt sich doch in jeder generation oder in jedem alter die frage, wie viele menschen über nichts anderes schreiben, als ihre schreibblockaden. auch eine form der verarbeitung. aber es stellt sich gleichzeitig noch eine andere frage: muss ich mich in eine emotionale situation begeben, in der ich mich nicht wohl fühle?

das „alter“ hat oft gelernt, dass der spaß ein flüchtiger, windiger geselle ist, der der hohen kunst des schreibens im weg steht. so kann auch dem alter in der schreibberatung vermittelt werden, dass nicht immer schmerz und qual ein garant für „hochwertiges“ sind. aber vorsicht mit verallgemeinerungen. die einzige verallgemeinerung, die sich in bezug auf die schreibberatung treffen lässt: jeder mensch kann an einen punkt kommen, an dem es gerade einmal nicht weiter geht. das ist nicht schlimm, eigentlich auch nicht tragisch, obwohl es so empfunden wird. es endet nur gern in der frage, soll man abwarten oder soll man etwas unternehmen und sich unterstützung suchen.

schreibberatung bietet diese unterstützung altersunabhängig. nicht mehr und nicht weniger.

schreibberatung und lust

die schreibberatung ist in erster linie keine lustvolle angelegenheit, da sie erst bei schwierigkeiten und problemen zum tragen kommt. aber die schreibberatung kann eventuell die lust am schreiben überhaupt reaktivieren. denn irgendwann hatten wir beinahe alle einmal große lust, das schreiben zu lernen und anzuwenden.

meist versuchen kinder durch nachahmung der erwachsenen, mehr teilhabe an deren welt zu erlangen. und wie stolz waren wir alle, als wir das erste mal unseren eigenen namen selber schreiben konnten. auch als man uns das erste mal ein buch nicht mehr vorlesen musste, sondern wir es selber lesen konnten. kinder entdecken die welt, um besser über sie verfügen zu können.

diese kindliche eigenschaft kann man sich erhalten, wenn man versucht, den eigenen interessen zu folgen und schritt für schritt mehr über die eigenen lebensbedingungen zu verfügen. schreiben ist eine kompetenz, die einem dabei hilft (ob kindlich oder nicht), die eigene welt zu erfassen, kommunizieren zu können, einen ausdruck für die eigene situation zu finden und bei vielem mehr. das stete aneigenen von fähigkeiten und das ausbauen der kompetenzen kann zu einem lustvollen gefühl führen. wir menschen fühlen dann, dass wir mehr und mehr verfügung über unsere lebensbedingungen erlangen und eigene bedürfnisse dadurch befriedigen können.

doch leider machen viele bei der entwicklung ihrer schreibkompetenz in der schule und zuhause unangenehme erfahrungen. schreiben wird oft (auch heute noch) an der fehlerfreien schreibweise und Weiterlesen

die schreibordnung – ein kommentar

kreatives und biografisches schreiben, ja schreiben an sich, haben etwas mit einem experiment gemeinsam. ich weiß nie vorher, wie das ergebnis aussehen wird. damit andere verstehen, was ich geschrieben habe, folgt das schreiben festen regeln. sowohl was den satzaufbau betrifft, die zeichensetzung, als auch was stil und die bedeutung der wörter angeht, ist dies bei uns in viele regeln gefasst. da gibt es die schreibregeln, die wörterbücher, den duden, thesaurus und dergleichen mehr. all das kann man beachten, muss es aber nicht.

in dem moment, in dem die kreativität die oberhand des schreibprozesses gewinnt, ist eigentlich alles erlaubt. man erinnere sich nur an die lautmalerischen gedichte von ernst jandl oder die wortschöpfungen aus der werbung. so kann es auch ein stilmittel sein, alles klein zu schreiben. abgesehen davon tippen sich durchweg kleingeschriebene texte noch einen hauch schneller. man kann es für sich benutzen, wenn man möchte. ich möchte, mochte und wollte. doch das schien einfacher als gedacht.

denn in diesem moment, wie immer wenn etwas recht ungewohnt ist (in der kunst ist dies noch verbreiteter als im alltag und dieser blog nimmt nicht für sich in anspruch, kunst zu sein), treten gern die wächterInnen der regeln und der ordnung auf den plan. das ist auch bei einem durch und durch kleingeschriebenen blog nicht anders. leserInnen haben sich beschwert, dass ihnen das lesen meiner texte schwer falle, da alles kleingeschrieben sei. nun könnte ich entscheiden, mich wieder an die groß- und kleinschreibung zu halten, um den leserInnen einen gefallen zu tun. doch ich dachte mir: die bedeutung der wörter verändert sich durch die kleinschreibung einfach nicht. nicht einmal der satzbau (manchmal ganz nett, sicherlich auch öfter gruselig) nimmt dabei schaden. also, warum nicht die regeln, regeln sein lassen?

jedem ist freigestellt, sich auf dieses sehgewohnheiten-experiment einzulassen. eigentlich war es gar kein großes von mir angelegtes experiment. doch je weiter sich die diskussion entwickelte, desto sicherer war ich mir, dass ich diese schreibweise beibehalten möchte. wenn etwas einfach gemachtes so direkte reaktionen auslöst, dann muss daran etwas regelverstossendes sein, etwas neues, ja anderes. das macht es spannend, das macht es erlebbar. die kritiken an der schreibweise stehen sind sehr viel geringer als die lobenden bemerkungen über den inhalt des blogs. dann also die inhalte hegen und pflegen, etwas in diesem rahmen entwickeln und einfach der diskussion um die richtige schreibweise nicht so viel bedeutung schenken. bis jetzt habe ich in den diskussionen und kommentaren nicht den eindruck, dass die menschen nicht verstehen, was ich schreibe. im geschäftsleben und in teilen der literatur mag eine strenge gross- und kleinschreibung ebenso sinn machen, in einem lockeren blog ohne perfektionsanspruch eher nicht.

denn wenn die kreativität ins spiel kommt, dann ist viel erlaubt.