Schlagwort-Archive: schreibverhalten

wissenschaftliches schreiben und verwandlung

menschen, die zuhause an einer schriftlichen wissenschaftlichen arbeit sitzen, verwandeln sich. sie verwandeln sich oft in menschen, die ein schlechtes gewissen haben. eigentlich sollten sie jetzt an ihrer arbeit sitzen, aber sie machen was anderes: sie telefonieren mit einem, gehen in die kneipe, ins kino oder zu irgendwelchen anderen events, sie lesen romane, sie machen großputz und sie wissen genau, dass sie eigentlich etwas anderes machen sollten.

also entwickeln menschen, die an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen, ganz persönliche strategien, wie sie sich zum schreiben motivieren können. die einen suchen räume auf, in denen sie kaum etwas anderes machen können als schreiben. wieder andere stellen sich einen strikten zeitplan auf, um allen schreibverpflichtungen nachzukommen. wieder andere sind dabei sich persönliche aufpasserInnen im bekanntenkreis zu engagieren, um immer wieder zum schreiben angetrieben zu werden.

das unangenehme am wissenschaftlichen schreiben ist für viele, dass es nur einen abgabetermin, aber keine weitere struktur gibt. darum sind auch alle eben aufgezählte strategien, keine garantie dafür, dass es mit dem schreiben klappt. aber sie bewegen sich in eine richtige richtung: zu schauen, welche atmosphäre und welches umfeld man benötigt, um konzentriert schreiben zu können. manchmal genügt schon ein ruhiger raum oder überhaupt ein freier schreibtisch. dann vielleicht noch kleine mahlzeiten dazwischen, ein abgestelltes telefon, eine gesperrte mailfunktion und ein paar bewegungspausen dazwischen. aber vielleicht benötigt man auch musik oder zwischendurch gespräche mit anderen menschen, die auch an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen. wichtig scheint nur, um sich nicht in einen panik-zombie zu verwandeln, sich einmal etwas zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, welches für einen selber das beste schreibsetting ist.

man kann die frage eventuell schriftlich beantworten. man kann sich aufschreiben, möglichst ohne lang nachzudenken, was es braucht, damit man sich beim schreiben wohl fühlt. man kann es anderen erzählen und danach das gesagte Weiterlesen

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schreibpädagogik und männer

schaut man sich in schreibgruppen und schreibstudiengängen um, dann sind männer stetig in der minderzahl. schaut man sich die neuveröffentlichungen auf dem buchmarkt an, dann kann man dies nicht behaupten. schaut man sich dann noch die zahl der nobelpreisträger an, dann schon gar nicht. herrschen beim lesen und verlegen partriarchale strukturen und beim schreiben abseits des buchmarkts matriarchale? es macht den eindruck. ein phänomen, das anscheinend nichts mit dem schreiben oder nicht-schreiben der geschlechter zu tun hat, sondern eher mit dem schreibverhalten.

so gibt es auch abseits des biografischen schreibens schreibgruppen explizit für frauen. für männer gibt es dies nicht. schreiben frauen so anders, oder wollen männer lieber nicht in schreibgruppen? ich kann da nur spekulieren. es scheint, wie wenn mann eher für sich agiert, für sich schreibt und den austausch sucht, wenn er geschrieben hat. frau wiederum schätzt das schreiben in gruppen, tauscht sich auch gern dort aus, wünscht sich aber nicht unbedingt männer dabei. es scheint, wie wenn frauen schreibgruppen als freiraum, wenn nicht sogar als kreative form der befreiung nutzen. und es scheint, wie wenn männer schreibgruppen eher als beschränkung und einengung empfinden und diesen meist fern bleiben.

oder wenn ich auf den studiengang biografisches und kreatives schreiben schaue, dann fällt auf, dass pro jahrgang maximal 15 prozent der studierenden männer sind. der studiengang, der eine schreibpädagogische ausrichtung hat, wird seit sechs jahren mehrheitlich von frauen studiert. bedeutet das etwas für die schreibpädagogische praxis?

erst einmal nicht, da bei schreibanregungen nicht zwischen den geschlechtern unterschieden wird. auch bei den entstandenen texten kann man eigentlich keinen rollenunterschied ausmachen. es hat dann doch eher mit dem setting zu tun. aber meist wird der geringe anteil an männern von den teilnehmerInnen bemerkt. man kann darüber hinweggehen oder man greift die beobachtung der schreibgruppenmitglieder auf. warum nicht einmal darüber schreiben lassen, weshalb eventuell so wenige männer an den gruppen teilnehmen? nur einen schluss kann man daraus nicht ziehen: dass männer nicht so gern schreiben wie frauen. das haut zumindest dann nicht hin, wenn man die neuerscheinungen im buchhandel betrachtet.

bedeutung gewinnen die geschlechterrollen bei schreibgruppen des biografischen schreibens. denn hier spielen natürlich die erfahrungen, die man aufgrund seines geschlechts in der gesellschaft gemacht hat (z.b. als alleinerziehende mutter in den 50er jahren), eine rolle. und hier sollte sich auch eine schreibgruppenleitung gedanken machen, wie Weiterlesen

schreibpädagogik und schreiben

beim anleiten von schreibgruppen sollten ähnliche überlegungen zum schreibsetting angestellt werden, wie man sie sich für sich selbst macht. das beginnt bei der frage, ob man schreibwerkzeuge oder diverse papiere bei schreibgruppen zur verfügung stellt. lässt man zu, dass auch auf laptops oder pads geschrieben wird? wie wichtig ist es, dass alle immer um einen tisch herum sitzen? ab wann stört schreibverhalten andere teilnehmerInnen und wie geht man damit um?

vor allen dingen störungen sollten in schreibgruppen vermieden werden. der klassiker ist, dass manche teilnehmerInnen schneller schreiben als andere oder einen kürzeren text verfasst haben und während andere noch schreiben, ein gespräch beginnen. oft beginnt es flüsternd, doch je mehr den schreibprozess beenden, um so angeregter wird die unterhaltung, während andere noch schreiben. in diesem moment ist es an der schreibgruppenleitung einzugreifen.

schon zu beginn einer schreibgruppe sollten ein paar regeln festgelegt werden. ich empfehle folgende:

  • handys bitte ausschalten.
  • gespräche während der schreibphasen bitte außerhalb des raums führen.
  • wer zum schreiben den raum verlässt, möge selber darauf achten pünktlich zurück zu sein, wenn die schreibphase endet.
  • wer lieber auf eine laptop schreibt, achte ein wenig darauf, dass nicht so sehr in die tasten gehauen wird, dass alle das gefühl haben, sich in einem großraumbüro zu befinden.
  • essen und trinken nebenher sind kein problem, aber auch dabei ist auf den geräuschpegel zu achten.
  • schreibmaterialien können natürlich mitgebracht werden, es werden aber auch diverse von der Weiterlesen

biografisches schreiben und schreibverhalten

beim schreiben der eigenen lebensgeschichte kann es für einen interessant sein, wann man eigentlich zum stift gegriffen hat, um eigene texte zu verfassen. es gibt in diesem zusammenhang  sehr verschiedene verhaltensweisen. mancher mensch schreibt so gut wie nie, andere wieder in großer regelmäßigkeit.

so werden vielleicht ausschließlich postkarten aus dem urlaub geschrieben, da viele leute glauben, sie hätten sonst nichts zu erzählen. andere kotzen sich gern verbal in ihrem tagebuch aus oder verfassen morgenseiten, schreiben traumtagebuch. es kann für einen selber interessant sein, später einen blick auf die eigenen gedanken zu werfen. erstaunlicherweise stellt sich beim lesen alter texte oft das gefühl wieder ein, das man beim verfassen des textes hatte.

aber ebenso interessant ist es, zu überlegen, weshalb man eigentlich angefangen hat zu schreiben. meist ist damit zu rechnen, dass menschen, die ihre eigene biografie schreiben wollen, vorher schon öfter zum stift gegriffen haben. doch was brachte sie dazu, wer hatte einfluss darauf? hat man sich schon immer für sich selber interessiert? und warum interessierten einen die eigenen gedanken so sehr und tun es noch heute.

seltsamerweise nimmt das schreiben heutzutage zu, früher war es nur dem bildungsbürgertum vorbehalten, wenn überhaupt. menschen teilen sich immer öfter mit, vor allen dingen auch sich selber. das ist eine entwicklung, mit der durch das internet eigentlich nicht zu rechnen war. bei der betrachtung des eigenen schreibverhaltens kann vor allen dingen interessant sein, ob sich etwas dabei verändert hat. ist der ausdruck freier geworden oder hat sich das persönliche schreiben im laufe der jahre reduziert?

denn wenn man hier genauer hinschaut, kann man eventuell für sich aufschlüsseln, welches die auslöser der verhaltensänderungen waren. welche lebensbedingungen haben einen zum schreiben gebracht oder vom schreiben abgebracht. das könnte zu weiteren erkenntnissen führen, wovon die eigene lebensgeschichte beeinflusst wurde. es kann ja auch sein, dass man froh ist vom schreiben abgekommen zu sein, obwohl die meisten menschen etwas anderes berichten 🙂