Schlagwort-Archive: subjektivität

kreatives schreiben und klischee

klischees sind meist stereotype, die nicht mit ganz so geballter wucht daherkommen, wie die klassischen vorurteile. die grenzen sind jedoch verschwimmend und uneindeutig. so gehört es zum beispiel zu den klischees, wie sich bestimmte berufsgruppen verhalten oder wie sie auftreten. es gibt klischees über die geschlechter und ihr verhalten oder über regionale bevölkerungsgruppen (die bayern, die ostfriesen, …). klischees enthalten immer bewertungen und einordnungen.

schaut man sich literatur an, dann lebt sie entweder vom aufbrechen der klischees, indem sich protagonistInnen eben nicht so verhalten, wie es das klischee vermuten lässt oder indem das klischee überzeichnet wird und daraus eine humoreske oder satire entsteht. das kreative schreiben kann diese stilmittel aufgreifen und in texte einfliessen lassen.

man kann sich einmal vornehmen, die klischees auszureizen. als lebendes beispiel macht dies zum beispiel die politische tunte. die tunte ist die reaktion schwuler männer auf das klischee, keine richtigen männer zu sein, sondern eher weiblich (in negativer bezeichnung „weibisch“). also sagten sich manche männer, „wenn schon, denn schon“ – und überzeichneten die weibliche rolle, die ihnen angehaftet wurde. dies geschieht immer mit einem augenzwinkern, wohl wissend, dass sie auch nur die klischees gegenüber frauen aufgreifen und eben ausreizen. ähnlich kann man nun beim kreativen schreiben verfahren. so kann man einmal einen echten kerl (einen macker) als protagonisten zeichnen, wie er nie im realen leben auftaucht.

oder man greift sich eine berufsgruppe (wie den „verrrückten professor“, die „dominante raumpflegerin“, den „lonesome cowboy“, die „zynische millionärin“ oder die „faulen beamtInnen“) und zeichnet sie überspitzt. dabei ist die gratwanderung zwischen witzigen texten und, ich formuliere es mal drastisch, „schwachsinnigen“ texten, schwierig. fühlt man sich unsicher in diesem bereich, dann sollte man seinen text an anderen menschen ausprobieren: funktioniert er, dann lachen die menschen herzlich über die scherze. funktioniert der text nicht, dann erntet man höchstens schenkelklopfer der untersten schublade. man kann mit den klischees spielen und sie gleichzeitig durch die überzeichnung demontieren. viele sitcoms basieren zum beispiel darauf, ebenso wie die imitationen von personen. politische satire lebt zum teil auch davon.

doch die überzeichnung darf eben nicht zu stark überzeichnen, da sie sonst ins fach der clownerie rutscht. überzeichnet sie zu wenig, dann werden die witze nicht verstanden. gerade bei den klischees zeigt sich, wie schwer geschriebener humor umsetzbar ist.

man kann aber auch auf einer anderen ebene gegen klischees anschreiben. wie oben erwähnt, kann man das exakte gegenteil darstellen (eventuell auch überzeichnet, aber das ist oft nicht notwendig). so genügen manchmal schon ein paar kleinigkeiten und eigenschaften, die klischees verschwinden lassen: die skateboard-fahrende nonne, der schwule metzger, frauen in „männerberufen“, männer in „frauenberufen“, großzügige schwaben oder bayern ohne folklore … . es handelt sich dabei letztendlich um aufklärung im besten sinne. nämlich zu zeigen, dass es in allen lebensbereichen menschen gibt, die nicht Weiterlesen

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biografisches schreiben und alter

als jugendlicher schreibt man nicht unbedingt eine autobiografie (obwohl es auch beinahe jugendliche (er)lebensberichte gibt). die meisten menschen kommen erst nach dem ausscheiden aus dem beruflichen leben auf die Idee, ihr eigenes leben aufzuschreiben. oder bekannte und verwandte bitten sie darum, doch einmal die spannende lebensgeschichte zu notieren. immer wieder entbrennt danach bei biografien der streit, ob das beschriebene denn wirklich so gewesen sei oder ob nicht manche darstellungen geschönt und auslassungen gemacht wurden.

doch die form des umgangs mit der eigenen lebensgeschichte ist auch in jungen jahren kein anderer. ganz gleich welches alter man hat, biografisches schreiben geschieht immer beeinflusst von der aktuellen lebenssituation. in jüngeren jahren blendet man eventuell andere dinge aus, als in älteren jahren. dafür blickt man im alter mit mehr erkenntnissen und erfahrungen auf das eigene leben zurück und kann es vielleicht in einen größeren zusammenhang stellen. eine objektive (auto)biografie gibt es nicht. selbst bei der aneinanderreihung von puren daten ist schon die auswahl der daten eine subjektive.

also kann man nur empfehlen, sich erst gar nicht außergewöhnlich zu bemühen, bei den beschreibungen immer objektiv zu sein. vielmehr sollte man zeit und energie auf ein paar (schreib)techniken verwenden, die einem das erinnern erleichtern und die „verschüttetes“ wieder zu tage befördern. denn meist erinnert man sich im laufe der zeit an mehr, als man vorher annahm. einmal angefangen mit der erinnerungsarbeit fallen einem stück für stück weitere details ein. und sollte dies nicht der fall sein, tut es einer biografie keinen abbruch, wenn man schreibt, dass man sich an manche details nicht mehr erinnern könne.

spannender scheint mir beim biografischen schreiben der blick darauf, was das alter mit einem macht. hat man das gefühl, dass sich in bezug auf die eigenen einstellungen und vorstellungen etwas verändert hat? hat man im laufe der jahre eine neues lebenskonzept für sich entwickelt? wie geht man mit dem prozess des alterns um? was sind die vorteile des alters, wo liegen Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und textauswahl

was ist ein standardwerk? diese frage stellt sich allen menschen, die eine wissenschaftliche arbeit verfassen. denn die behauptung, dass ein buch oder ein text standard sei, ist leichter gesagt als geglaubt. ganz gleich, welches wissenschaftsgebiet und welches „fach“ man betrachtet, die aussagen, was standard in diesem forschungsbereich sei, gehen meist weit auseinander.

manchmal einigt sich ein forschungsverbund oder eine bestimmte wissenschaftliche schule auf ein grundlegendes werk, auf das sich alle weiteren schritte des forschens beziehen. somit kann man dieses buch oder diesen text für die jeweilige forschungsrichtung als standardwerk betrachten. und ich garantiere ihnen, es gibt mindestens einen vertreter, eine vertreterin dieser forschungsrichtung, die den „standard“ in frage stellen. das macht zwar zum einen überhaupt wissenschaft aus, also der diskurs über die grundlagen der eigenen annahmen und untersuchungen, es verunsichert aber gleichzeitig alle wissenschaftlich schreibenden, die überlegen, auf welches standardwerk sie sich in ihren betrachtungen beziehen sollten.

ein beispiel: sigmund freud hat großen einfluss auf die heutige psychologie gehabt. er wird oft erwähnt, zitiert und es wird sich auf ihn bezogen. noch häufiger stellen seine betrachtungen die grundlage für späteres psychotherapeutisches vorgehen und psychotherapeutische theorien dar. aber in der forschungsrichtung psychologie, an den hochschulen, wird freud kaum einbezogen. er wird mal kurz betrachtet, jedoch in vielen zusammenhängen als unwissenschaftlich abgetan. so werden die vorlesungen von freud sicherlich von den meisten lehrenden nicht als standard für ihre forschung in der psychologie betrachtet. bei den praktikern außerhalb der hochschulen sieht dies aber ganz anders aus.

doch wie soll man nun damit in einer wissenschaftlichen abschlussarbeit umgehen. einziger rat, den man geben kann, klären sie dies mit den wissenschaftlerInnen, die ihre arbeit betreuen. die vorstellung von „standardwerken“ ist eine zutiefst subjektive. das fiese daran ist, die verantwortlichen, darauf angesprochen, werden mit großer wahrscheinlichkeit immer sagen, dass ihre auswahl der standardwerke objektive kriterien folge und keinesfalls subjektiv sei. denn es handle sich schließlich um den standard aller. ohne diesen standard ist in ihren augen wissenschaftlliches arbeiten unvorstellbar. noch ein tipp: glauben sie es. verhalten sie sich strategisch und gehen sie erst einmal davon aus, wenn sie keine lust auf einen langen diskurs im rahmen einer abschlussarbeit haben.

noch einen schritt weiter: welche anderen texte und bücher sind für ihr wissenschaftliches schreiben relevant? auch hier ist die auswahl enorm, irgendwann müssen sie sich begrenzen. doch auf welcher grundlage? Weiterlesen

kreatives schreiben und ziele

das kreative schreiben ist ziellos. nein, das stimmt natürlich nicht. aber das, was manchmal erhofft wird, dass das kreative schreiben einen zu bestsellerautorInnen macht, das verfolgt zumindest das deutschsprachige kreative schreiben nicht. also, das kreative schreiben kann eigentlich gar nicht verfolgen, die protagonistInnen des kreativen schreiben verfolgen ziele. so ist das schlichte, aber nicht weniger sinnvolle und effektive ziel der vertreterInnen des kreativen schreiben, mit hilfe des schreibens die eigene kreativität zu fördern, in einen unverkrampften schreibfluss zu kommen und dabei auch noch spaß zu haben.

so scheint das kreative schreiben in den augen mancher, nur so wildes drauflos-schreiben zu sein. das stimmt auch nicht. nur die vorgaben und regeln beim kreativen schreiben sind gering. die schreibenden bestimmen vieles selbst, was sie umsetzen möchten. das kreative schreiben bietet größtmögliche freiheiten. eigentlich keine schlechte sache, wenn man der eigenen kreativität raum geben möchte. und dann kann das kreative schreiben erst einmal ziellos erscheinen. doch zum schluss sitzen alle kreativ schreibenden mit einem selbst geschöpften ergebnis da.

auch freies assoziieren oder clustern hinterlassen den eindruck der beliebigkeit, dabei sind sie ausdruck der subjektivität. alle anwenderInnen dieser schreibvorbereitenden praktiken lassen ihre ganz persönlichen gedanken und ideen in die assoziationen einfließen. der schwerpunkt liegt also auf dem subjektiven charakter des schreibens. und das ist vielleicht auch das ziel des kreativen schreibens: die subjektiven aspekte des schreibens zu fördern. Weiterlesen

schreibberatung und ziele

auf den ersten blick scheint es einfach, welche ziele eine schreibberatung erreichen sollte: die schreibkrise oder schreibblockade überwinden. doch bei genauerer betrachtung kristallisiert sich heraus, wie unterschiedlich die ziele der einzelnen ratsuchenden ausfallen können. denn das schreiben ist oft nur ein ausdruck anderer schwierigkeiten und krisen. die schreibberatung wird schnell zu einer beratung subjektiver befindlichkeiten und lebenssituationen.

bei der gemeinsamen analyse der schreibsituation durch die beraterInnen und die ratsuchenden zeigt sich zum einen, dass jede beratung verschieden ist von einer anderen (verallgemeinerungen sich also schwer vornehmen lassen) und zum anderen, dass auch bei der suche nach handlungsmöglichkeiten zur erreichung zukünftiger ziele, die persönliche lebenssituation eine herausragende rolle spielt. man muss in der schreibberatung die welt nicht neu erfinden, da viele beratungskonzepte und -theorien ebenso anwendbar sind, wie in anderen lebenszusammenhängen.

aber schreibberaterInnen sollten wissen um die zusammenhängen zwischen dem schreiben und der gesamten lebenssituation haben. so weist ein hoher anspruch an das eigene schreiben, der zur schreibkrise führt, oft auf eine erlernte leistungshaltung hin, die zur selbstüberforderung führen kann. darin steckt auch nicht selten das in frage stellen des eigenen selbstwertes. doch auch dies lässt sich nicht einfach verallgemeinern. Weiterlesen

web 2.0 und bilderflut

das web 2.0 füllt sich oder anders formuliert, die speicherkapazitäten nehmen ständig zu und werden mit daten angefüllt. darunter ist viel geschriebenes. doch insgesamt sind es vor allen dingen die bilder und filme, die unsere gewohnheiten der wahrnehmung der welt verändern. die kommunikation zwischen den menschen wird visueller. war es früher das gespräch auf der straße mit den nachbarn, ist es heute die mail mit links und bildern der sozialen bezugsgruppe im netz.

wenn ich in meinem realen umfeld kommuniziere, nehme ich aus meinem blickwinkel heraus die welt um mich herum wahr, höre die aussagen der anderen und es entsteht für mich eine authentische wahrnehmung. kommuniziere ich im virtuellen umfeld, lese ich die anderen, nehme ich die welt um mich herum immer öfter aus dem blickwinkel der anderen wahr, indem ich ihre fotos oder ihre filme betrachte. ich kann schwer überprüfen, wie authentisch das mir dargebotene ist. und ich weiß nicht, welche beweggründe die anderen hatten, die welt genau so abzubilden, wie sie es getan haben.

da es aber nicht sinnvoll erscheint, das mir dargebotene ständig zu hinterfragen und nach erklärungen zu suchen (gerät in diesen momenten doch die kommunikation ins stocken), verführt mich mein gehirn, mein soziales gewissen dazu, diese virtuelle welt als bare münze zu nehmen, zur realität zu machen. ich blende aus, dass es sich um eine zweidimensionale darstellung, um ein digitales abbild handelt.

geschriebenes lässt spielraum, eigene bilder und gedanken einfließen zu lassen, vergleiche zwischen dem gelesenen und eigenem erlebten herzustellen. abbilder suggerieren authentizität, dabei bewege ich mich aber auf schwankendem boden. es fällt mir immer schwerer eine trennung zwischen meiner eigenen wahrnehmung und der der anderen herzustellen. weit gedacht könnte man diskutieren, ob ich durch die dargebotenen fremdwahrnehmungen nicht meine individualität oder subjektivität verliere. alle sehen das gleiche.

zumindest kann man vermuten, dass dadurch eigene positionen schwerer werden, denn die bilder sprechen eine „eindeutige“ sprache. das fernsehen als mediale vorstufe konnte schon realitäten abbilden, doch es stand noch in größerem widerstreit zur realen alltagswelt. je mehr lebensäußerung sich inzwischen ins internet verlagern (angefangen bei der kontaktaufnahme, der anbahnung von beziehungen, das einkaufen, das wissen abfragen, die reise planen, den ausblick genießen bis zum alltäglichen kommunizieren), desto schwieriger wird es, meinen alltag selbstständig wahrzunehmen. der blickwinkel und das filtern der information liegt in den händen anderer. Weiterlesen

biografisches schreiben und unterschiede

das leben in seiner vielfalt sorgt dafür, dass keine lebensgeschichte eines menschen der anderen gleicht. dies macht zum einen unser leben so bunt zum anderen aber auch beinahe unergründlich. wenn zwei menschen sich begegnen, versuchen sie meist relativ schnell (wenn sie ein wenig miteinander zu tun haben wollen), herauszufinden, welche gemeinsamkeiten sie haben.

zwei menschen, die überhaupt keine gemeinsamkeiten haben, werden sich mit großer wahrscheinlichkeit nicht sehr viel zu sagen haben. denn irgendwann erreichen sie den punkt, an dem eine verständigung nicht mehr möglich ist. und so stellt es sich oft heraus, dass die lebensgeschichten zwar verschieden sind, aber doch viele ähnlichkeiten aufweisen. das macht autobiografien und biografien ja so spannend: den anderen menschen und sein leben in bezug zu sich selber setzen zu können. dabei kann die geschichte des anderen entweder beruhigend sein, nach dem motto: „sieh mal, es geht auch noch anderen so“, oder aber vorbildfunktion haben: „ich möchte mein leben auch so gestalten“.

wie schon beim kreativen schreiben und den unterschieden festgestellt, versuchen wir menschen, eine gewisse ordnung in unsere begegnungen und in unseren alltag zu bekommen. bei biografien können wir das nicht groß beeinflussen, aber wir können verbindungen herstellen und gemeinsamkeiten herausarbeiten. dies beruhigt das zusammenleben ein wenig. wir sind uns nicht völlig fremd, wenn wir uns begegnen, ja wir können uns sogar bei den anderen aufgehoben fühlen.

da gibt es zwei sprüche: „gleich und gleich gesellt sich gern“ und „man hätte gern immer das, was man selber nicht hat“. Weiterlesen

kreatives schreiben und unterschiede

man leite eine schreibgruppe und in kurzer zeit wird man feststellen: kein schriftliches ergebnis gleicht dem anderen. selbst wenn der rahmen der schreibübung oder -aufgabe sehr eng gesteckt ist, die wahl der worte bleibt eine subjektive. dabei entsteht eine vielfalt, wie sie überall in unserem leben zu finden ist. doch leider hält der mensch vielfalt manchmal schwer aus.

anders formuliert: unendliche unterschiede zwingen den menschen, sich selbst zu orientieren und zu positionieren. die freiheit der wahl zwischen unterschiedlichen angeboten lässt das ergebnis chaotisch erscheinen. so grenzen schreibübungen schon die richtung des ergebnisses ein. es wird versucht vergleichbare texte zu animieren. die krux dieser versuche stellt sich schnell beim feedback geben heraus. denn so sehr sich jemand bemüht, eine objektive distanz beim feedback zu wahren, es wird nicht gelingen.

der geschmack, der ganz persönliche geschmack wird einem einen strich durch die rechnung machen. so unterschiedlich geschichten, texte und bücher daher kommen, so unterschiedlich werden sie mir gefallen. nun könnte man sich gelassen zurücklehnen, rückmeldungen geben, welche stilistischen mittel gelungen scheinen, welche passage einen berührt und wie man den text verstanden hat. doch das ist vielen zu wenig, um das chaos der unterschiede zu sichten.

schreibende wünschen sich, dass möglichst vielen menschen ihr text gefällt. lesende wünschen sich, dass die gelesenen texte in ihre kategorie „schön“ gehören. und so ringen beide gruppen sowohl um annäherung als auch um abgrenzung. Weiterlesen

selbsterkenntnis, ethik und moral

entdeckt der mensch sich, entdeckt er auch, was er gut und was er schlecht findet. vorher entdeckte er nur, was andere gut und schlecht finden. nun bedeutet das ergründen der eigenen haltung nicht, alles zu verwerfen, was andere vor einem schon entdeckt haben. es bedeutet nur, sich stück für stück ein eigenes bild zu machen. und das bild bekommt farben, formen, muster und begrenzungen. der mensch entwickelt seine subjektive ethik. sie versucht er zu vertreten, zu leben und anderen zu vermitteln. denn abermals vom grundsatz ausgehen, dass der mensch eigentlich gut ist, basiert bei vielen die ethik auf einer großen „menschlichkeit“, auf sozialer verantwortung und solidarität.

zur schwierigkeit wird ein anderes, ein nicht kontrollierbares machtgefüge, die anmutungen von außen. meine ethik, meine moral kann noch so gut begründet sein, kann den mensch noch so sehr hofieren, irgendwann stehe ich vor der entscheidung, ob ich sanktionen in kauf nehmen, um authentisch zu bleiben, oder ob ich einen kompromiss für mich finde. ein kompromiss ist nicht das schlechteste, denn nicht jede haltung kann ich allein auf meinem rücken tragen. ich finde mich in einer zwickmühle, die nur die widersprüche, die in der gesellschaft existieren, wiederspiegelt. verharre ich in meiner haltung, klinge ich auch schnell moralisch. bin der meinung alles besser zu wissen, als die anderen, die mich auffordern nachzudenken und eventuell etwas an meiner position zu verändern.

es ist nicht per se schlecht, stur zu bleiben. selbsterkenntnis und selbstwert verdienen respekt, können nicht einfach über den haufen geworfen werden. wer sich zum beispiel einmal entschieden hat, dass pazifismus die einzige möglichkeit ist, sinnlose kriegstreibereien zu überwinden, Weiterlesen

biografisches schreiben und grenzerfahrungen

wann standen sie das letzte mal an einer klippe und blickten unter sich auf das in der tiefe rauschende meer? das ist keine grenzerfahrung für sie, da sie mit freeclimbing ihre freizeit ausfüllen? auch gut. wie bei vielen anderen begebenheiten, sind grenzerfahrungen auch eine subjektive angelegenheit. für die einen ist es die klippe, für die anderen allein der besuch einer gruppe, die ihnen fremd ist. jeder mensch erlebt es als etwas ganz besonderes, die eigenen ängste zumindest so weit zu verdrängen, dass er einen außergewöhnlichen schriftt wagt.

das besondere an diesen erfahrungen ist es, dass sie selten geplant sind, sondern sich entweder von außen ergeben oder spontan gemacht werden. lange überlegungen dazu oder reflexionen, welche grenzerfahrung man denn jetzt noch machen wolle, verhindern eher eine umsetzung. eine weiteres besonderes ist es, dass grenzerfahrungen das eigene leben sehr verändern können. machen sie einem doch oft eigene stärken bewusst oder zeigen, dass die eigenen ängste unbegründet sind und zum beispiel die gruppe einen nicht nach dem ersten eindruck ablehnt.

bei der betrachtung der eigenen lebensgeschichte, sollte man einen blick auf die situationen werfen, die einem sowohl wegen des hohen angstfaktors als auch wegen der überwindung dessen in der erinnerung geblieben sind. aus welchen ereignissen hat man für spätere zeit gelernt? es geht hier nicht darum, alle vorhandenen ängste zu überwinden, es geht einzig darum, die eigenen entwicklungen im spiegel der grenzgänge zu analysieren. denn die eigene biografie kann sicherlich nicht ohne diese aspekte geschrieben werden.

besonders erstaunlich scheint es, dass manche sehr kurzen momente einen größeren einfluss auf die entwicklung haben können, als ausführliche und nicht weniger wichtige reflexionen. wie wenn einen das leben in die eigene entwicklung schubse, manchmal dabei auch noch sehr unsanft.

biografisches schreiben und faszination

dinge oder menschen können einen faszinieren. dies merkt man daran, dass sie einen, wenn man ihnen einmal begegnet ist oder von ihnen gehört hat, gedanklich nur noch schwer loslassen. eigentlich kann faszination eine form ausgeprägter neugierde sein oder es ist die form einer idealisierung eines gegenstandes oder einer person, da sie den eindruck hinterlassen, sie würden bedürfnisse erfüllen, die man schon lang ersehnt.

das muss nicht immer ein trugschluss sein, es ist oft auch intuitiv stimmig und es stellt sich im laufe der zeit heraus, dass an den eigenen vermutungen etwas dran ist. beim betrachten der eigenen lebensgeschichte sollte man also auch einmal den blick auf die dinge werfen, die einen sehr fasziniert haben. was wollte man immer haben, wenn lernte man kennen und war sofort begeistert? wie entwickelte sich die neugierde. wurden die eigenen bedürfnisse erfüllt oder war es eine enttäuschung? und wie ist man mit der enttäuschung klar gekommen?

denn im laufe des lebens können eine menge enttäuschungen im zusammenhang mit den eigenen idealisierungen zum misstrauen gegenüber der eigenen faszination führen. die schwierigkeit besteht wahrscheinlich darin, sich eine gewisse naivität zu bewahren, die es einem ermöglicht immer wieder unbedarft an bestimmte entwicklungen heranzugehen. doch naivität hat bei uns einen schlechten ruf, da sie im widerspruch steht zu der vorstellung, was es bedeutet „erwachsen“ zu sein.

beim schreiben der eigenen biografie kann es interessant sein, zu schauen, wie weit intuitives handeln und naive faszination das eigene leben beeinflusst haben und einem vielleicht die entdeckung ganz besonderer dinge und menschen ermöglichte. unter „besonders“ ist zu verstehen, dass es ausschließlich für einen selber besonders war, verallgemeinern lassen sich diese erfahrungen nicht. also, was fasziniert sie?

biografisches schreiben und fotosammlung

biografisches schreiben ist nichts anderes, als ein verbales abbild seiner lebensgeschichte zu verfassen. fotografie kann die visuelle version dieses versuchs sein. hier schon einmal erwähnt habe ich die familienalben. aber daneben, wie zum beispiel in der ausstellung von annie leibovitz zu sehen, kann fotografie auch tagebuchartig verwendet werden.

biografisches schreiben und „biografisches“ fotografieren eint vor allen dingen der blickwinkel. er ist in beiden fällen subjektiv. das lässt sich nicht und muss auch nicht verhindert werden. es ist beides ausdruck der eigenen person und kann sich hervorragend ergänzen.

beim fotografieren kann dies weit über porträts der mitmenschen hinausgehen. man kann zum beispiel eine fotosammlung von seinem lebensumfeld, dem wohnort, der straße, dem alltag erstellen. dies noch unterfüttert mit eigenen biografischen texten, gibt anderen ein noch intensiveres bild von der eigenen lebensgeschichte. oft sieht die vorgehensweise aber anders aus. erst wenn die eigene lebensgeschichte geschrieben wird oder wurde, fangen viele an nach fotografien zu suchen. da gibt es dann nur die familienalben oder allgemein verfügbare zeugnisse aus der damaligen zeit.

wer also lust hat, schon im vorfeld abbilder seines lebens zu sammeln, und hierbei muss es sich sicherlich nicht um künstlerisch wertvolle bilder handeln, der sollte zu einer schlichten kamera greifen und knipsen was das zeug hält. dabei kann man die erfahrung machen, dass der blick durch den apparat auch noch einmal den blick für details schärft, die einem beim schreiben gar nicht aufgefallen wären. und am schluss hält man eine geschrieben lebensgeschichte und eine biografische fotosammlung in händen. natürlich kann man auch filme drehen, aber die lassen sich mit geschriebenem schwerer in einklang bringen.

schreibpädagogik und politik

 

kreative hobbys werden von vielen menschen gern als apolitische beschäftigungen angesehen. doch schon die möglichkeit, diesen hobbys nachgehen zu können (oder zu müssen), spiegelt ein gesellschaftliches konzept wieder. teilweise werden kreative tätigkeiten als kontrast zum arbeitsalltag gewählt, der keinen raum für kreativität lässt. somit wird teilweise das wohlbefinden aus der arbeit ausgeklammert. mensch sorgt für seinen eigenen ausgleich, um die existenzsicherung auszuhalten. hier sind wir mitten in der politik. oder die andere seite, es gehört zum guten ton, bestimmten hobbys nachzugehen. selbst in der freizeit bauen sich noch konkurrenzverhältnisse auf. schönstes beispiel hierfür ist zum beispiel „das perfekte dinner“ als wettbewerb zwischen menschen, die gern kochen und gäste haben.

abgesehen davon ist so gut wie kein text frei von persönlichen einflüssen. hinter diesem subjektiven anteil stecken aber lebenseinstellungen und persönliche werte. so spiegeln auch die einzelnen texte gesellschaftliche haltungen wieder, die ohne probleme als politisch betrachtet werden können. darüber wird selten diskutiert, so lang es sich nicht um ein politisches buch oder eine biografie handelt. das kreative schreiben erweckt den eindruck, es käme politikfrei daher. dabei können schon die bedingungen, unter denen texte entstanden sind, reflektiert werden.

bei der anleitung von schreibgruppen kann man oft feststellen, dass dies von den teilnehmerInnen ungern thematisiert wird. Weiterlesen

biografisches schreiben und interview

 

eine möglichkeit, die eigene lebensgeschichte dezidierter zu erfassen, besteht darin, menschen, die einem nahestanden oder nahestehen, zu interviewen. diese technik sollte nicht genutzt werden, um das eigene leben erklärt zu bekommen. sie dient eher dazu, weitere meinungen einzuholen.

es ist klar, dass die sicht auf das eigene leben eine subjektive ist und sein wird. viele menschen haben das ziel, die eigene biografie möglichst objektiv erscheinen zu lassen. deshalb ziehen sie manchmal andere menschen heran, die ihnen die biografie schreiben oder fragen andere über das eigene leben. doch die subjetivität der eigenen sichtweise wird dadurch nicht verschwinden. das scheint mir auch nicht weiter schlimm.

interviews mit guten freunden bieten aber eine ganz andere chancen. mit nahestehenden menschen eint einen die erinnerung an vergangenes. doch jeder hat bestimmte situationen anders in erinnerung. oder man erinnert sich an ganz andere aspekte ein und derselben situation. das gibt einem die chance, bei einem interview noch einmal einen anderen blickwinkel zu hören. zum einen kann dies eine anregung sein, sich an weiteres zu erinnern, das man vergessen hatte. zum anderen fallen einem vielleicht ein paar aspekte auf, die man in der eigenen erinnerung geschönt oder geschwärzt hatte.

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biografisches schreiben und lebenssinn

bisher wurde hier bei den überlegungen zum biografischen schreiben meist aufgezeigt, wie viel in der eigenen lebensgeschichte zu entdecken ist, was mensch für sich ergründen kann, um es an andere weiterzugeben. dabei wurde ausgeklammert, dass menschen bei einem resümee ihrer eigenen biografie an einem punkt angelangen können, der ihnen zeigt, dass sie vieles gelebt haben, was für sie im nachhinein und im ganzen betrachtet keinen sinn machte.

dazu zählen zum beispiel die momente, in denen man gegen seine eigenen interessen und bedürfnisse verstoßen muss. solche situationen kennt jeder mensch, da man sich nicht jeden moment und jede handlung frei wählen kann. doch es gibt menschen, die in der rückschau feststellen, vollständig fremdbestimmt gelebt zu haben. welche konsequenzen kann eine solche erkenntnis bei der biografiearbeit nach sich ziehen?

ich denke, man sollte sich vor allen dingen davor schützen, alles in bausch und bogen zu verteufeln. selbst bei einer sehr negativen bilanz in bezug auf den lebenssinn, wäre es hilfreich mehr ins detail zu gehen, um für sich festzustellen, ob nicht doch einzelne situationen sehr wichtig für einen waren.

außerdem gibt es keine altersgrenze dafür das ruder des eigenen lebenskonzeptes herumzureissen. einer der häufigsten gründe, weshalb menschen das ruder nicht früher herumreissen, hat damit zu tun, das vorweg angenommen wird, die situation werde nur anstrengender und noch unbefriedigender. schaut man sich die lebensgeschichten verschiedener menschen an, kann man feststellen, dass sich meist die im laufe der zeit wohler fühlen, die recht nahe an ihren subjektiven bedürfnissen leben.

und im vorfeld lässt sich vielleicht präventiv feststellen: man kann wahrscheinlich nicht zu früh damit anfangen sich entweder mit seiner biografie auseinanderzusetzen oder tagebuch zu schreiben, um im laufe der zeit ein gespür dafür zu bekommen, wie die eigenen bedürfnisse eigentlich aussehen. nur dann kann auch die konsequenz gezogen werden, wenn man bemerkt, dass man nicht mehr dem lebenssinn folgt, der einem wichtig ist.

kreatives schreiben und subjektivität

 

hier an diesem ort wurde schon konstatiert, dass das biografische schreiben und eigentlich das schreiben an sich ohne subjektiven anteil nicht funktionieren kann. doch sieht das beim kreativen schreiben auch so aus? Weiterlesen