Schlagwort-Archive: süchtig

web 2.0 und stärke

stärke bedeutet im zusammenhang mit dem internet wahrscheinlich, widerstehen zu können. nicht jede seite, die interessant sein könnte, aufrufen zu müssen, nicht jedem link folgen zu müssen, nicht alles bis ins letzte detail erkunden zu müssen, nicht in der fülle an angeboten versinken zu wollen.

in anderen lebensbereichen fällt dies den menschen leichter. am zeitungskiosk kauft man nicht jede zeitschrift, die einem gefällt, da es zu teuer würde. im fernsehen oder in der zeitung schaut man sich nicht alles an, das einen interessieren könnte, da die zeit dafür nicht da ist. doch im internet verschwindet bei vielen plötzlich die zeit als maßstab. zum einen erhöht sich die attraktivität des netzes dadurch, dass angebote meist nichts kosten und im hintergrund eine flatrate zeitlich unbegrenzt zugriff erlaubt. zum anderen wirkt das netz so schnell. das angeklickte baut sich schnell auf, der beinahe-sofort-zugriff ist ein ganz anderer, als sich hinzusetzen und eine zeitung in die hand zu nehmen, artikel auszuwählen und in ruhe zu lesen.

das internet führt zum schnellen blick, zur schnellen entscheidung und zum schnellen weiterklicken (so wie das zappen im fernsehen eine gute vorübung für das netz war). diese hohen geschwindigkeiten suggerieren, man würde nicht viel zeit mit der tätigkeit verbringen. doch das trügt. viele user stellen erst im nachhinein fest, wie viel zeit sie jetzt wieder im netz verbracht haben. sie stellen erst dann fest, wie schwer ihre beine sind, wie voll ihr kopf ist, wenn sie ein ende gefunden haben. und sie stellen vor allen dingen fest, dass sie in der verbrauchten zeit nicht viele informationen aufgenommen, sondern immer nur Weiterlesen

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wortklauberei (72)

„eifersucht“

auch eine form der sucht. also der wortstamm kann ein anderer sein. aber haben sie einmal richtige eifersucht erlebt. da entsteht ein tunnelblick, der in der wahrnehmung alle anderen anzeichen ausblendet. die vorstellung, die fantasie gewinnen über die realität macht und steigern sich in ein gefühltes bedrohungsszenario, ja in paranoia. ein verlust wird gefühlt und man möchte nicht loslassen.

im hintergrund wallt wut. diese mag berechtigt sein oder nicht. oft kommt eifersucht nicht von ungefähr, gibt es eindeutige anlässe. auslöser ist zu wenig zuwendung, die man gern hätte. die schwierigkeit bei dieser sucht nach eindeutigkeit und einmaligkeit liegt im unausgesprochenen. es wird nicht gesagt, „ich möchte dich bei mir haben“, sondern es wird getobt, kontrolliert und abgewertet. selbst wenn das gegenüber signalisiert, da war nichts, du bist einmalig, es gibt keine abwendung, ist das misstrauen größer.

und so kann man auf alles eifersüchtig sein: auf gute freunde, auf hobbys, auf gegenstände, auf tiere oder auf beschäftigungen. alles was einem die partnerInnen zeitlich entzieht, gedanklich abschweifen lässt, begrenzt den suchtstoff zuwendung. Weiterlesen

schreibpädagogik und sucht

„ohne meine schreibgruppe kann ich nicht mehr leben!“, so oder so ähnlich erträumen sich schreibgruppenleiterInnen die mentalen konsequenzen bei ihren teilnehmerInnen. es sollen abhängigkeiten hergestellt werden. dafür werden alle register gezogen. schon im vorfeld wird der raum aufgehübscht (gruppenleitungen bringen gern mal blumensträusse mit), eventuell stehen die üblichen softdrinks zur verfügung, die sitzgelegenheiten werden in kommunikationsfördernde anordnungen rangiert und ein herzlich willkommen prangt irgendwo an der wand, auf einem flipchart oder im beamerbild.

mit charm, kreativen anreizen und harmonischer sozialer interaktion wird ein soziales kleinod geschaffen, das mensch sonst kaum in dieser hektischen, konkurrenten welt findet. also tritt nicht selten der effekt des rundum-wohlfühlens ein, der es schwer macht auf den nächsten schreibgruppentermin zu warten. ab diesem moment sind die teilnehmerInnen „angefixt“. wenn dann noch das erfolgserlebnis, eigene texte aus dem inneren schöpfen zu können ohne sich dafür schämen zu müssen, eintritt, dann ist dies schon die halbe miete zu einer ausgewachsenen schreibgruppen-sucht.

das faszinierende: die nebenwirkungen werden gern in kauf genommen, ja sogar häufig begrüsst. plötzlich eintretendes selbstbewusstsein in bezug auf die selbstgeschriebene texte, verteidung des schreibens gegenüber der umwelt und die konsequente annäherungen an eigene gedanken und gefühle werden von schreibgruppenteilnehmerInnen gern ertragen. der hunger nach nachschub an feedback, komplimenten und selbst kritik ist nach einer gewissen zeit der teilnahme kaum mehr zu stillen. und die schreibgruppenleitungen legen nach. sie bieten bei jedem treffen noch eine schreibanregung und noch eine. sie schreiben gern mal mit und machen den eindruck, als hätte das beständige schreiben keinen schaden bei ihnen hinterlassen.

skeptische teilnehmerInnen suchen noch für eine gewisse zeit nach dem haken an der schreibgruppen-sucht, doch sie finden keinen und erliegen letztendlich auch dem flair. dabei kommen die konsequenzen schleichend daher, aber sie werden längst nicht mehr wahrgenommen: Weiterlesen

lesen und sucht

kennen sie das? kinder, die anfangen zu lesen. die plötzlich feststellen, dass sie nicht mehr auf mutti und vati warten müssen, damit ihnen eine geschichte erzählt oder das bilderbuch gemeinsam angeschaut wird. diese kinder sind teilweise kaum zu bremsen. und noch ein wenig älter gibt es dann immer wieder die diskussion darum, ob man jetzt endlich das licht aus mache und schlafe, man müsse ja in die schule. manche von uns haben dann wahrscheinlich mit der taschenlampe unter der bettdecke weitergelesen.

anscheinend kann lesen so fesseln und binden, dass man das buch nicht mehr aus der hand legen möchte. und kaum ist man mit dem einen buch durch, möchte man auch schon das nächste lesen. lesen kann auch zur sucht werden. nur erstaunlicherweise ist diese sucht keine besonders schädliche. früher munkelte man zwar noch darüber, dass schlechte beleuchtung die augen kaputt machen würde, doch heute weiß man, dass es eigentlich nur die augen ermüdet.

besonders skurril an dieser häufiger vorkommenden entwicklung: die schule kann einem die sucht austreiben. das fängt schon bei der „licht-aus“-diskussion an, die ja nur deshalb stattfindet, weil am nächsten tag schule ist und man ausgeschlafen sein sollte. doch die lesesucht bedeutet eigentlich, dass man wissen ansammeln möchte, informationen aufnehmen möchte ohne ende. wer sollte da etwas dagegen haben. und dann sind die literatur-unterrichtsstunden nicht selten gute beispiele dafür, wie man den genuss von texten im keim ersticken kann.

viele junge erwachsene nehmen nach der schule kaum mehr bücher in die hand. vorteil: die sucht ist verschwunden. nachteil: man nimmt nur noch das wissen auf, das man aufnehmen muss. hier wäre schon früh abzuwägen, was schlimmer ist: ob ein kind lesesüchtig wird oder ob es gesittet die schullaufbahn absolviert. die signale sind eindeutig von seiten des kindes: es möchte lesen. meine meinung: dann lassen sie es doch.

die sorge mancher eltern ist, dass ihr kind als bücherwurm den kontakt zu seiner umwelt verliert. ähnlich reagieren eltern auf ihr kind, das sich ständig im internet bewegt. wie wenn die umwelt abseits der eltern nicht oft genug dafür sorgen wird, dass sich die sucht in zaum hält Weiterlesen

liste (39) – sucht

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um die „sucht„.

diese dinge könnten mich süchtig machen:

menschen, von denen ich abhängig bin:

meine stärksten süchte:

situationen, in denen ich die selbstkontrolle verlor, und es war schön:

situationen, in denen ich die selbstkontrolle verlor, und es war nicht schön:

kreatives schreiben und sucht

in einer zeit, in der individualismus und selbstverantwortung gaaaanz toll sind, in so einer zeit stellen abhängigkeiten von stoffen, dingen oder menschen einen makel dar. auf der anderen seite entstehen anscheinend genau in diesen zeiten verstärkt abhängigkeiten, also wieder einer der vielen widersprüche im sozialen leben, denen wir ausgesetzt sind.

widersprüche wiederum sind ein gefundenes fressen für das kreative schreiben. man kann sie in geschichten und texten so wunderbar aufeinander prallen lassen. darum bietet „sucht“ abseits der persönlichen, niemandem zu wünschenden schwierigkeiten ein weites feld an möglichkeiten der kreativen beschreibung. so kann man neue süchte erfinden, sich überlegen wovon mensch noch abhängig werden kann. ob dies nun nahrungsmittel, handlungen oder menschen sind. da überschneiden sich fetisch, gier und sucht.

das kreative schreiben kann in worte fassen, welche versuche unternommen werden, zur befriedigung der persönlichen bedürfnisse zu kommen, von denen man nicht lassen kann. es kann die kollision zwischen einem kontrollierten, geregelten leben und der abhängigkeit, dem verlust der selbstkontrolle in bezug auf die sucht abgebildet werden. es kann die meist große hilflosigkeit der umwelt in einer lupe betrachtet werden oder es kann das arrangement mit der nicht endenden sucht seziert werden.

sucht ist eines der ereignisse in unserem leben, das sich zu großen teilen unserer kontrolle entzieht. darum verursacht es im alltag und im leben bruchstellen, stellt uns auf die probe. oder um es anders zu formulieren: Weiterlesen

schreibidee (261)

beim thema sucht gibt es einen effekt, der in den letzten posts schon angerissen und angedeutet wurde, aber noch nicht direkt thematisiert wurde. er tritt meist nur dann zu tage, wenn es zum entzug kommt und betrifft nicht die süchtigen. es geht um die co-abhängigkeit, in die nicht selten nahestehende menschen geraten. diese schreibidee soll zu „co-abhängigen texten“ anregen.

was passiert, wenn jemand co-abhängig ist? letztendlich kann sich die nahestehende person der bedürftigkeit des süchtigen menschen schwer entziehen, zieht sogar einen persönlichen positiven effekt daraus. dahinter steckt keine bösartigkeit, sondern meist handelt es sich um entstandene strukturen, die die sucht stützen. darum soll am anfang von den schreibgruppenteilnehmerInnen ein schon etwas längerer text verfasst werden, in dem ein hauptprotagonist, eine hauptprotagonistin große bedürftigkeit signalisiert. wie dies geschieht bleibt der fantasie überlassen, es muss sich auch nicht um süchtige protagonistInnen handeln, co-abhängigkeit kann auch in anderen zusammenhängen entstehen. die texte werden anschließend in der schreibgruppe vorgetragen.

danach werden die texte in der schreibgruppe ausgetauscht. nun ist von allen teilnehmerInnen eine nahestehende person zu wählen, deren gedanken notiert werden. was denkt jemand, der co-abhängig ist? welchen vorteil zieht jemand für sich daraus, dass es einem nahestenden menschen nicht gut geht und hilflosigkeit im raum steht? die teilnehmerInnen sollten sich möglichst in die lage der betroffenen versetzen. anschließend werden die texte in der schreibgruppe vorgetragen und beim feedback besteht raum, über die nachvollziehbarkeit der gedanken zu diskutieren. es sollte ausnahmsweise bei diesem thema in schreibgruppen auch raum bestehen, ausführlich zu diskutieren. zum einen handelt es sich um ein phänomen, dass sich als hoch emotionale handlung gut in geschichten einfügen lässt, aber auch eine hohe soziale brisanz für viele menschen besitzt.

zum abschluss kann dann die geschicht weitergeführt oder eine neue verfasst werden. die co-abhängigkeit wird durchbrochen, dadurch dass die süchtigen protagonistInnen ihre sucht in den griff bekommen, sich nicht mehr über hilflosigkeit und bedürftigkeit definieren. was geschieht in der zwischenmenschlichen beziehung dann? diese ereignisse können als geschichte geschildert werden oder vielleicht in einem dialog. sie werden zum ende der schreibgruppe ohne feedback vorgetragen.

schreibberatung und sucht

es ist in beratungen nicht immer leicht festzustellen, ob die ratsuchenden vor dem termin substanzen zu sich genommen, um emotionen, bewusstsein oder stimmungen zu verändern. hier geht es nicht um die bewertung, ob dies ein persönliches problem darstellt oder nicht. es geht nur darum, ob man in diesen „zuständen“ der ratsuchenden eine sinnvolle beratung durchführen kann.

das schreiben hängt eng mit mentalen funktionen zusammen. doch auch unter beeinträchtigungen der mentalen fähigkeiten durch substanzen wurden große literarische werke verfasst und entwickelt. doch beraterInnen sind nicht unbedingt fähig abschätzen zu können, wie weit die restliche lebensgestaltung der klientInnen eine dauerlevel von mentalen veränderungen unterliegt. so kann zum beispiel unter psychopharmaka sehr wohl gelernt, gearbeitet oder gestaltet werden.

wichtigster aspekt einer schreibberatung oder auch einer beratung generell ist es meiner ansicht nach, es anzusprechen, wenn man den eindruck hat, jemand konsumierte vor der beratung leistungsverändernde substanzen. die schwierigkeit bei sucht besteht ja darin, dass die umwelt oft eine große hemmschwelle hat, dies zu thematisieren. Weiterlesen

schreibidee (260)

sucht ist nur deswegen problematisch, da es sehr unangenehm wird, wenn der nachschub zur befriedigung der bedürfnisse ausbleibt. dann geht es los, dann gibt es kein halten mehr. darum heisst die sucht ja auch sucht. um dieses unangenehme gefühl des mangels zu umgehen tun süchtige viel, sind zu allem bereit. diese schreibanregung widmet sich dem phänomen „voll auf turkey sein„.

zu beginn werden am flipchart ideen gesammelt, was menschen alles anstellen, um ihre sucht zu befriedigen. dabei können die schreibgruppenteilnehmerInnen eigene erfahrungen einfließen lassen (natürlich ist nichts offen zu legen) oder auch ihre fantasie spielen lassen. anschließend erstellen alle ein „gefühls“cluster. in die mitte des blattes wird der begriff „sucht“ geschrieben und drumherum werden die gefühlsregungen, die damit verbunden sind, die einem einfallen gruppiert.

dann sind alle teilnehmerInnen aufgefordert, aus den flipchart-notizen und dem cluster eine geschichte zum thema „voll auf turkey sein“ (ein begriff, der beschreiben soll, dass der nachschub an „drogen“ fehlt und das craving voll in gange ist) zu schreiben. dabei kann es sich um die verschiedensten süchte handeln, also kaufsucht, sexsucht oder spielsucht können es ebenso sein, wie drogen- oder tablettensucht. die geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen und beim feedback geht es darum, eine rückmeldung zu geben, wie gut die gefühlszustände in den texten erfasst wurden.

zum abschluss wird das feld der nicht anerkannten süchte betreten. also zum beispiel die sucht, haustiere, autos oder bücher zu kaufen und zu besitzen, oder die sucht für schöne schuhe, die sucht nach anerkennung, die sucht nach gemähtem rasen… 😉 alle teilnehmerInnen überlegen sich zwei bis heute kaum definierte süchte, die sie auf jeweils eine seite beschreiben, wie dies in fachbüchern der fall ist. vorher kann man texte aus psychologischer sicht zur beschreibung von süchten vorstellen. die „neuen“ süchte werden abschließend in der schreibgruppe vorgetragen.