Schlagwort-Archive: verheissung

web 2.0 und liebe

das web 2.0 verheisst die wahre liebe, das perfekte pendant zu einem selber. auf diese kurze aussage lassen sich die funktionsmechanismen einer (beinahe) globalisierten kommunikation reduzieren. wie schon in dem buch „das ende der liebe“ von sven hillenkamp aufgezeigt wird, suggeriert das internet ein unendliches angebot an potentiellen partnerInnen.

doch dies ist ein trugschluss, beschränkt sich das angebot doch auf die menschen, die einen netzzugang haben, die sich in soziale netzwerke einklinken und die darüber partnerInnen suchen. so wird sich die auswahl im absoluten idealfall auf die weltbevölkerung im beziehungsfähigen alter beschränken, wenn man nicht glaubt, dass in absehbarer zeit zusätzlich potentielle partnerInnen aus dem weltall teil der kommunikationsnetze werden.

und es folgen weitere einschränkungen: jeder mensch kann für sich prioritäten benennen, die potentielle partnerInnen erfüllen sollten. doch allein diese prioritäten gehen durch einen engen filter, den der virtuellen kommunikation. es ist nicht nachvollziehbar, wie weit die angaben in profilen der realität entsprechen, wie weit das aussehen dem digitalisierten bild entspricht und wie weit die schriftliche kommunikation ein spiegel des gegenübers ist.

also muss die versprochene möglichkeit, perfekte partnerInnen durch das netz finden zu können, abermals eingeschränkt werden: die eigentlich menschlichen komponenten kann das web 2.0 nicht abbilden. dazu zählen der körpergeruch, der klang der stimme, die ganz subjektive bewegung, die gelebten emotionen und vor allen dingen die nicht in worte zu fassende ausstrahlung. im computer strahlt nur ein abbild, das eventuell und maximal einen vorgeschmack Weiterlesen

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web 2.0 und gier

nicht ohne grund wird inzwischen von internet“sucht“ geschrieben und geredet. es gibt userInnen, die das surfen im web nicht mehr beenden können. sie legen ein ähnliches verhalten wie ein süchtiger an den tag. ohne den täglichen, vielleicht sogar stündlichen blick ins mailkonto und ins netz werden sie unruhig. wenn sie sich dann in die virtuelle welt begeben, dann gibt es kein stoppen. stunden später fühlen sie sich angespannt und erschöpft. und wenn sie ihren besuch im netz beenden haben sie eher ein gefühl von leere und befriedigung stellt sich nicht ein.

die schwierigkeiten mit dem surfen verstärkten sich sicherlich noch durch das web 2.0, da die bedienung eine viel einfachere wurde und gleichzeitig angebot und auswahl nochmals enorm angewachsen sind. das internet ist inzwischen so unübersichtlich, dass selbst suchmaschinen schwer eine ordnung schaffen können. in gierigen momenten verfestigt sich beim surfen der gedanke, dass man nur weiter schauen muss, um die perfekte seite, die absolut richtige information oder das ultimative angebot findet. das internet wird auch exakt so beworben: wenn man sich nur darauf einlässt, dann findet man alle antworten, die man benötigt im netz.

das ist ein trugschluss, denn es würde bedeuten, dass das internet auf jedes subjektive bedürfnis eine antwort hat und dieses befriedigen kann. wir bewegen uns aber in einer virtuellen welt. und virtuell bedeutet auch, dass uns etwas vorgegaukelt wird, das nicht ausschließlich real ist. „second life“ war ein gutes beispiel dafür, wie man in fantasiewelten abtauchen kann. Weiterlesen

web 2.0 und verheissungen

die fülle des internets kann man genießen oder als anstrengend empfinden. sie fordert uns auf, uns beständig zu entscheiden, was wir denn nun genau betrachten und lesen wollen. manch eine(r) fühlt sich unter druck gesetzt, die qual der wahl zu haben. man kann im web 2.0 versinken und erfasst doch nur einen bruchteil des vorhandenen. ob es sich dabei um informationen, spaß oder soziale interaktion handelt, es spielt keine rolle. man muss sich im web 2.0 selbst beschränken.

die andere seite der medaille sieht aber so aus, dass einem plötzlich eine unendliche welt zur verfügung steht. die virtuelle grenzenlosigkeit verheisst input zu allem. egal was mich interessiert, wen ich treffen möchte oder wozu ich fragen habe, ich finde es im internet. das kann spaß machen, wenn es mich nicht stört, mich ab und zu zu verirren oder in einer sackgasse zu landen. es wird anstrengend, wenn ich gern eine klare, eindeutige antwort suche. denn kaum habe ich eine antwort oder einen kontakt gefunden, bieten sich auch schon zehn alternativen an.

ich kann die alternativen ignorieren und mich für die eine antwort, für die eine person entscheiden, aber ich habe die alternativen wahrgenommen. sie sitzen bildlich geschrieben, in meinem hinterkopf und quengeln dort rum. wie kann ich mir sicher sein, dass der von mir gewählte weg der richtige ist, wenn andere menschen im internet anderer meinung sind. das sind überlegungen, die man auch ohne das internet anstellt. immer wieder entscheidet man sich für einen weg, obwohl es noch andere abzweigungen gibt.

aber die scheinbare unendlichkeit an möglichkeiten im internet verheisst die chance, die wirkliche, ja wahre antwort finden zu können. dies setzt unter druck, zu suchen. nicht aufhören zu suchen, bis man die richtige seite, die perfekte person oder die allgemeingültige antwort auf die eigenen fragen gefunden hat. Weiterlesen

wortklauberei (24)

 

„eine neue zeit beginnt. wir sind bereit.“

der glaube soll ja berge versetzen. diesen eindruck hinterlässt die heute gefundene anzeige in der zeitung. der leser erfährt zwar nicht genau, wie die „neue“ zeit so aussehen soll, oder warum sie überhaupt neu sein soll, aber die feststellung ist gedruckt. im hintergrund ist eine meeresküste in der morgen- oder abenddämmerung abgebildet. verheissungsvoll also dieser titel.

genauso geht der text weiter: „wir stehen am anfang einer neuen zeit. eine zeit, die erfahrung und entschlossenheit erfordert. gerade im umbruch sind wir unseren kunden und unserem anspruch an leistung verpflichtet. wir haben die stärke, weiter erfolgreich und nachhaltig zu wachsen.

nun, das kann wahrscheinlich jede firma behaupten, die auf dem markt bestand haben möchte. und das behauptet auch jede firma. „nachhaltigkeit“ ist heute ganz wichtig. der umbruch aber ergibt sich aus keiner zeile, aus keinem wort. vor welchem umbruch stehen wir denn? eventuell ist damit die wahl von obama gemeint oder die steigenden arbeitslosenzahlen, also die „krise“, die zu erwartende verstaatlichung von banken und industrien. all dies kann einem in den sinn kommen.

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