Schlagwort-Archive: wahl

nabelschau (51)

wählerwanderung der besonderen art. gestern wurde bei den verschiedenen wahlberichterstattungen ständig wiederholt, dass berlin keine normale stadt sei und das wahlergebnis ausdruck der berliner mentalität wäre. wie formulierte es die nette dame vom rbb? meckern. faszinierend, dass die forderung nach mehr beteiligung und mehr transparenz in politik und verwaltung als „meckern“ ausgelegt wird. und die „piraten“ haben ihr label auch schon erhalten, so werden sie als „digitale bohemiens“ (fernsehen) oder „digitale wutbürger“ (süddeutsche zeitung) bezeichnet.

aber darum soll es mir hier überhaupt nicht gehen. nein, es gab eine andere faszinierende tatsache, die mir wirklich rätsel aufgibt. das angemessene abschneiden der fdp bei der wahl wurde mit wählerwanderungen belegt. dazu gab es in der ard eine hübsche grafik und es wurde aufgezeigt, wo die wählerInnen so hinwanderten. und 1 % zog es von den liberalen zur linken. wie geht das? erst für die freiheit der märkte stimmen und dann der kapitalismuskritik seine stimme geben?

hier muss es gravierende umbrüche in einzelnen biografien gegeben haben. jedenfalls rätselte ich den ganzen abend, was bei jemandem passiert sein muss, damit er oder sie in ihrer politischen grundhaltung so erschüttert wurden, dass sie den weg von dem versprechen einer ungezügelten wirtschaft ohne hohe lohnnebenkosten zu einer grundsicherung für arbeitnehmer gefunden haben. ist hier das eigene unternehmen pleite gegangen? wird nach farben gewählt? oder verrutschte das letzte mal das kreuzchen auf dem stimmzettel und man hat es dieses mal korrigiert?

irgendwoher müssen die zahlen ja kommen. da werden doch bestimmt menschen befragt, wie sie bei der letzten und wie sie bei dieser wahl gewählt haben. vielleicht war da nur jemand genervt von der fragerei und machte einen scherz. aber man sollte nicht zu sehr an veränderungen zweifel, denn der mensch kann jederzeit umdenken. wieso sollte ein mensch während seines wirtschaftswissenschaftsstudiums nicht auch mal den marx lesen, wird er dort doch wegen seiner treffenden analysen beachtet, und umgedacht haben?

wahrscheinlich wählt der bürger ernsthafter als es politikerInnen und journalistInnen ihm zugestehen mögen, meinungsbildend statt meckernd.

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eine „entscheidungshilfe“ der anderen art im internet

manchmal hat man einfach nur lust auf spässken, also so beim schreiben, im internet, in einem blog. im vorfeld fand man anregungen im netz und plötzlich waren sie geboren, die kleinen „entscheidungshilfen“ für jeden tag.

wir leben in einer welt, in der wir ständig entscheiden müssen. je größer die auswahl der handlungsmöglichkeiten wird (und sie scheint immer größer zu werden bei der steten ausdifferenzierung von lebenswelten), desto häufiger stehen wir vor der qual der wahl. kann es da nicht hilfreich sein, wenn einem jemand die täglichen entscheidungsfindungen aufbereitet?

das habe ich mir vorgenommen: eine mix zu schaffen aus täglichen entscheidungen und der wahl zwischen alltag und außergewöhnlichem. denn wir entscheiden zwar viel, aber meist nur für das vertraute, altbekannte und doch ein wenig langweilige. dabei können wir mit jeder entscheidung unser leben ein wenig aufpeppen. und ja, ich habe ideen zum aufpeppen: man verhalte sich so, wie es niemand von einem erwartet.

was dann passiert? keine ahnung, aber der versuch ist es wert 😉 und sollte der versuch doch zu verrückt und außergewöhnlich wirken, kann man sich ja immer noch für die gewohnte variante entscheiden. aber überhaupt einmal etwas anderes andenken kann das eigene leben verändern. darum täglich zwei vorschläge von meiner seite, und sie entscheiden. der rest erklärt sich von selbst oder steht auf der webseite geschrieben. zu finden ist die seite unter http://entscheidungshilfe.schreibboutique.de .

viel abwechslung wünscht christof

nabelschau (49)

wer entscheidet da was? ja, es gibt eine demokratische legitimation auf vier oder manchmal mehr jahre für staatsregierung nach wahlen. die regierungen dürfen dann im auftrag der bevölkerungen handeln. die legitimation ist bis zur nächsten wahl zeitlich befristet und gewichtige entscheidungen (wie verfassungsänderungen) müssen bei uns mit großen mehrheiten (meist auch mit stimmen der opposition, beschlossen werden. das macht sinn, um vor machtmissbrauch zu schützen.

ebenso wählen wir, wie alle anderen eu-mitglieder auch, ein europäisches parlament, das wiederum zeitlich befristet, entscheidungen auf eu-ebene fällen kann, die auch auswirkungen auf die einzelnen staaten haben können. doch von anfang an, gab es eine parallelwelt, die immer neben dem europäischen parlament agierte, die treffen der staatsführungen und fachminister. das bleibt ein äußerst fragwürdiges konstrukt, da wir bei der bundestagswahl eigentlich zu bundesangelegenheiten entscheiden und bei der eu-wahl zu eu-angelegenheiten.

nun wurde in den letzten monaten immer häufiger auf höchster ebene entschieden, wer wie viel geld für klamme länder zur verfügung stellt. dagegen spricht erst einmal nichts, so lang man nachvollziehen kann, dass die konzepte sinn machen, aber es bleibt das „gschmäckle“, dass das eu-parlament umgangen wird. es gibt eigentlich vom eu-parlament benannte eu-kommissare, die die „regierung“ der eu bilden. doch frau merkel und herr sarkozy haben nun die idee, ein ministerium auf eu-ebene einzurichten, dass an allen demokratischen entscheidungswegen vorbeiführt.

man kann auch so schon das gefühl haben, dass alle vier bis fünf jahre wählen nicht unbedingt demokratische mitsprache ist. deutschland hat nie über die eu-mitgliedschaft abgestimmt im gegensatz zu anderen ländern. es geht mir nicht darum, nationalismen zu verteidigen, eher das gegenteil ist der fall. aber ich möchte, auch als bürger der eu, mitbestimmen können. und möchte einfluss nehmen können, auf die zusammensetzung des eu-parlaments, dass dann gern einen wirtschaftsminister benennen kann. ich möchte jedoch nicht, dass die, die einen großteil der verschuldungen verursacht haben, dass die bestimmen, wer ihr minister wird.

hier wird es ungefähr so, wie wenn ein konzern oder ein verein, seine externen kontrollgremien selbst benennt, und dies am besten auch nur durch die führungsriege der für eine gewisse zeit, beschlussrechte übertragen wurden. nein, das irritiert schon gewaltig. es hieß einmal, dass politikverdrossenheit auch daher rühre, dass zu wenig transparenz herrsche. ja, es sollte mehr transparenz geschaffen werden. und dazu würde mitbestimmung der bevölkerung in solch einem fall gehören und ebenso die offenlegung der tatsächlichen wirtschaftlichen situationen der einzelnen länder. denn bürger kann das schon verstehen, bekommt aber überhaupt nicht mehr die informationen.

interessant, wer da eigentlich was entscheidet. da scheint abnehmendes demokratieverständnis zu herrschen und eine andere politikverdrossenheit.

schreibberatung und wahl der beraterInnen

schreibberatung ist nicht mit einer therapie gleichzusetzen, hat aber viele anteile eines therapeutischen vorgehens und kann in psychologische fragestellungen münden. darum sind ähnliche kriterien bei der wahl von schreibberaterInnen anzuwenden, wie bei der wahl von therapeutInnen.

hier gibt es eigentlich nur drei regeln, die zu beachten wären. einziges manko bei der wahl von schreibberaterInnen: die auswahl an anbieterInnen ist relativ gering. das bedeutet, dass ich keine große auswahl habe und somit nicht die gleiche vielfalt wie bei therapeutInnen erwarten kann. menschen in problematischen oder notsituation hätten gern eine sehr schnelle abwendung der schwierigkeiten, darum begeben sich etliche nicht auf die suche und führen keine erstgespräch mit mehreren anbieterInnen. doch der reihe nach.

grundvoraussetzung für schreibberatung wie auch therapie muss es sein, dass die betroffenen sich selber auf den weg machen, sich hilfe zu suchen. es macht keinen sinn, jemanden in die schreibberatung zu schicken, wenn er selber nichts an seiner situation verändern möchte. es geht um die grundmotivation sich hilfe zu suchen, die notwendig ist, damit eine beratung auch effekte zeitigen kann. sich in eine beratung zu begeben, obwohl man nicht möchte, wird nicht funktionieren.

zum zweiten geht es darum, beraterInnen zu suchen, mit denen man auch kann. auch wenn die zahl der gespräche in der schreibberatung geringer sind als in einer therapie, ist es notwendig, dass ich mit jemandem spreche, dem oder der ich auch so weit vertraue, dass ich meine problematiken offen lege. dies lässt sich auf ein einfaches prinzip runterbrechen, die beraterInnen müssen mir ansatzweise sympathisch sein. denn fühle ich mich nicht wohl im gespräch, Weiterlesen

nabelschau (27)

terror der freiheit oder die verantwortung für die richtige entscheidung. unser leben ist vielfältig, vielschichtig, bunt und vor allen dingen unübersichtlich. am besten zeigen ökologische konzepte oder chaostheoretische überlegungen, dass eine klare linie schwer zu finden ist. denn eigentlich kann man kaum überblicken, welche handlung welchen effekt haben wird. so bietet uns der alltag zwar viele möglichkeiten aber mindestens ebenso viele entscheidungshilfen.

das internet ist einer der besten orte, um sich darin zu verlieren. von link zu link geklickt landet man auf seiten, von denen eine interessanter als die andere ist. doch man hat überhaupt nicht die zeit, die geballten informationen, aufzunehmen, zu analysieren und daraufhin eine umfassende entscheidung zu treffen. je mehr wissen und damit möglichkeiten zur verfügung gestellt werden, um so stärker ist man zur selbstbeschränkung aufgefordert.

gern werden deshalb gewichtige entscheidungen nicht mehr ohne experten getroffen. doch schon gerichtsverfahren zeigen, dass gutachten durch andere gutachten leicht zu widerlegen sind. es gibt keine klarheiten und sicherheiten, die uns experten eindeutig liefern können, auch wenn wir sie gern hätten. doch wie soll man sich in dieser vielfalt noch entscheiden?

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nabelschau (22)

qual der wahl. der wahlkampf ist eröffnet und er scheut sich nicht, soweit dies ein wahlkampf kann, sehr inhaltslos daherzukommen. es wird eher auf platitüden gesetzt, obwohl man momentan anderes erwarten sollte. es wäre zu vermuten, dass nach all den finanzdebakeln und verfassungskorrekturen, ein wenig die nerven bloß liegen und mal wieder politisch gestritten wird.

doch anscheinend hat man in diesem land den diskurs um wirkliche gesellschaftliche prozesse und entwicklungen verlernt. man echauffiert sich über dienstwagen, wirbt mit oberweiten und hinterteilen, ja, man verspricht konstantes, bewahrendes. doch was wäre zu bewahren? die einzige veränderung, die angesprochen wird, ist der abbau der arbeitslosigkeit. dabei stellt sich heraus, dass die unterschiede zwischen den parteien vor allen dingen ein zahlenspiel sind.

da bietet die spd vollbeschäftigung in geraumer zeit, die cdu will sich doch nur auf mehrere millionen festlegen und die grünen zählen eine million abbaubarer arbeitslosigkeiten. man könnte das spiel eröffnen: „wer bietet mehr?“ (oder weniger). in die eine richtung ließe sich die steigerung vorstellen, vollbeschäftigung bis zum 75sten Lebensjahr, fehlen uns doch sowieso Arbeitnehmer in den nächsten Jahren und verlängert sich die Beschäftigungsdauer von Jahr zu Jahr.

oder aber die linke wird ihrem namen noch einmal gerecht und verspricht anstatt der schaffung von arbeitsplätzen endlich die weltrevolution. doch auch damit ist nicht zu rechnen. Weiterlesen

schreibpädagogik und schreibbuffet

schreibanregungen in einer schreibgruppe sind häufig in inhaltliche kontexte, in pädagogische konzepte oder in persönliche interessen der leiterInnen und teilnehmerInnen eingepasst. meist arbeiten alle teilnehmerInnen von schreibgruppen an identischen aufgaben und schreibideen. es geht auch um den vergleich der geschaffenen geschichten in den feedbackrunden und um die gemeinsamen entwicklungsschritte. diese vorgehensweisen machen viel sinn und haben sich bewährt.

doch im laufe von schreibgruppen oder schon im vorfeld, entwickeln viele teilnehmerInnen vorlieben für textsorten, für schreibanregungen oder für schreibsituationen. allen gerecht zu werden, ist ein mühsames unterfangen und lässt sich selten bewerkstelligen. hier bietet sich die möglichkeit, einmal ein „schreibbuffet“ einzurichten. sich orientierend an einem umfassenden essenbuffet, kann hier alles nebeneinander stehen: kalte gerichte neben warmen speisen, suppen, häppchen, süßes und auch salate. das dressing kann gewählt werden, die beilage zum gericht und vielleicht sogar die einlagen in die suppe.

ähnlich kann man ein schreibbuffet vorbereiten. es werden einfach diverse schreibanregungen und -ideen gesammelt zur verfügung gestellt. die teilnehmerInnen von schreibgruppen können für sich auswählen, was ihnen zu diesem zeitpunkt am meisten spaß machen würde. einziges beachtenswertes element bei einem vielfältigen schreibangebot sollte die ungefähr gleich lang zur verfügung stehende zeit sein. ansonsten sollte man sich nicht beschränken. es kann lyrik verfasst werden, geschichten oder dialoge. als anregungen können diverse medien, orte oder texte dienen. es sollten verschiedene schreibtechniken möglich sein. vielleicht lassen sich die anregungen ein wenig gegliedert in verschiedenen räumen organisieren. dadurch müssen sich die teilnehmerInnen nicht mit allen anregungen auseinandersetzen. hierfür sollte jedoch auch auf alle fälle genug zeit eingeplant werden. je größer das angebot, um so länger benötigen viele für die orientierung.

web 2.0 und us-wahl

die präsidentenwahl in den usa wurde zu großen teilen von den jüngeren generationen entschieden und führte zu einem wechsel, den wenig für möglich hielten. großen einfluss auf die entscheidung hatte die tatsache, dass es viele jüngere menschen für notwendig befanden, zum wählen zu gehen, sich also registrieren zu lassen.

in diesem zusammenhang ist nicht zu unterschätzen, wieweit sich heutzutage junge menschen im internet informieren. und so schalteten bekannte künstlerInnen aus den usa einen werbespot für das wählen auf youtube, der sehr oft abgerufen wurde. aber es fanden auch ausführliche diskussionen über die jeweiligen politischen positionen der beiden präsidentschaftskandidaten statt. das web 2.0 übernahm eine rolle, die sonst dem persönlichen gespräch zur wahl gehört. und es ist damit zu rechnen, dass dieser aspekt eine immer größere rolle spielen wird.

das hat vor- und nachteile. der vorteil besteht darin viele ansichten zu politischen positionen kennenlernen zu können, schriftliche diskurse in aller ausführlichkeit führen zu können. außerdem konnte das sammeln von wahlkampfspenden sehr viel einfacher durchgeführt werden. hier zeigte sich der große vorteil des web 2.0, nämlich die tatsache, dass kleinvieh auch mist macht. barack obama schaffte es durch kleine beträge alle wahlkampfspenden-rekorde zu brechen. ein effekt des internet, der unter dem begriff „long tail“ schon länger bekannt ist.

nachteil bleibt am internet weiterhin die im hintergrund weiterhin existierende virtualität, soll heißen, es ist teilweise schwer zu kontrollieren, wer eigentlich welche nachricht im netz platziert. die verbreitung von gerüchten ist sehr viel schneller möglich. doch es muss eingeschränkt werden, dass der widerspruch zu gerüchten ebenso schnell verbreitet werden kann. ob es nun ein verdienst des web 2.0 ist, die demokratisierung in den usa zu verstärken, lässt sich wahrscheinlich nicht klären, denn ein enormer anziehungspunkt kann auch einfach das auftreten von obama und seinen politischen positionen sein. doch einen wahlkampf ohne internet zu führen kann sich in absehbarer zeit kein politiker mehr leisten.