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schreibidee (275)

wir haben wege, straßen, trampelpfade, schienen und schilder, die uns die wege weisen. unsere fortbewegung wird kanalisiert, gelenkt und geebnet. das macht es leichter, strecken zurückzulegen und es lässt uns schneller sein. das problem der gelenkten bewegung zeigt jeder stau: wenn zu viele den gleichen weg einschlagen, dann wird es eng. und zwischendurch möchte man ausbrechen aus all diesen festgefügten pfaden. diese schreibanregung bietet die chance zu „querfeldein-geschichten„.

kaum hat sich die schreibgruppe getroffen, verlässt sie auch schon wieder den treffpunkt, um sich dieses mal hinaus ins „umfeld“ zu begeben. am besten zu fuss, am besten mit kompass und leichten, handlichen schreibutensilien. zum einstieg eine kurze kreuz-und-quer-strecke ab dem treffpunkt. es werden gemeinsam jeweils und schritte gegangen. nach diesen hundert schritten notieren sich alle teilnehmerInnen der schreibgruppe drei dinge, die ihnen an diesem ort auffallen. dann wird von einem teilnehmer, einer teilnehmerin die richtung vorgegeben. man geht gemeinsam hundert schritte weiter, notiert wieder drei beobachtungen und danach gibt jemand anderes die richtung vor.

wenn alle schreibgruppenteilnehmerInnen einmal die richtung vorgegeben habe, dann sucht man sich einen platz, ein cafe oder ähnliches, um aus den ganzen notierten begriffen entweder einen, mehrere oder alle auszuwählen für eine kurze, maximal zweiseitige geschichte. die geschichten werden direkt vor ort vorgelesen. mit großer wahrscheinlichkeit orientierte sich die gruppe weiterhin an wegen und straßen. dies ist nun vorbei.

im nächsten schritt wird eine himmelsrichtung gelost oder bestimmt. dafür der kompass, denn im anschluss wird versucht, sich ausschließlich in diese richtung zu bewegen. natürlich kann es sein, dass häuser, zäune oder baugruben den weg versperren, aber es sollte versucht werden die hindernisse einfach zu umrunden. und es wird mit zeit gearbeitet. drei mal oder vier mal fünf minuten geht die gruppe konstant in die richtung. dann wird unterbrochen, es werden kurze notizen zu den eindrücken gemacht und es geht weiter. auch hier wird zum schluss eine geschichte zu den notizen geschrieben. auch diese geschichte wird vor ort gleich vorgetragen.

nun kann man die schreibanregung je nach gruppe und ort Weiterlesen

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„verirren“ von kathrin passig und aleks scholz – ein buchtipp

wir orten, wir können geortet werden, wir planen autos, die selber ihren weg finden, wir kontaktieren beständig den nächsten sendemasten, wir nutzen gps und umts, wir erstellen routen bei google-maps und schauen uns die reiseziele vorher schon einmal digital an. wir wähnen uns auf der sicheren seite, unseren weg zu finden und das ziel schnellstmöglich zu erreichen.

kathrin passig und aleks scholz machen uns mit ihrem buch „verirren – eine anleitung für anfänger und fortgeschrittene“ einen gehörigen strich durch die rechnung. wir irren uns, wenn wir meinen, uns nicht mehr verirren zu können. wir täuschen uns, wenn wir meinen, alles unter kontrolle zu haben. und das ist schön. die beiden autoren versuchen den vorteil des verirrens herauszuarbeiten. so wie früher das flanieren ein ausdruck des müssiggangs war, so könnte heute das verirren diese rolle einnehmen.

warum nicht einmal alle sicherheiten sausen und sich treiben lassen? die welt wird bunter, man wird aufmerksamer und man entdeckt links und rechts des weges vieles, was man sonst übersehen hätte. ob in metropolen oder landschaften, wir können uns, wenn wir wollen überall verirren. es handelt sich beim absichtlichen verirren um die mutigere aber auch realistischere variante. denn selbst mit allen schutzmechanismen vor dem verirren, geschieht es uns doch. und dann sind wir hilflos, da wir nicht damit gerechnet haben.

viele gehen davon aus, dass man sich heute nicht mehr verirren muss, dass man nur jedes hilfsmittel zu nutzen braucht, um auf der sicheren seite zu sein. sie sind nicht darauf vorbereitet, wenn sie sich einmal verirren. das lässt sie in panik geraten und hat teilweise verheerende auswirkungen. dieses belegen kathrin passig und aleks scholz mit vielen beispielen. und sie geben tipps, wie verirren bewältigt werden kann, wie man eventuell doch noch sein ziel findet, bevor man auf der strecke bleibt.

ein teilweise amüsantes aber auch hilfreiches buch in einer unüberschaulichen welt mit einer großen sicherheitsindustrie, die die angst vor dem verirren nutzt. wer auf entdeckung gehen möchte, findet das buch, wenn ich mich nicht irre bei rowohlt berlin verlag, erschienen 2010. ISBN 978-3-87134-640-8