Schlagwort-Archive: westerwelle

wortklauberei (66)

„eine entscheidung der konsequenz“

tja, was will uns der redner damit sagen? es war jemand konsequent und hat deshalb eine entscheidung getroffen? oder die konsequenz an sich trifft entscheidungen, ob man will oder nicht? doch wo kommt die konsequenz dann her? wabert sie frei schwebend durch den raum und erwischt einen, wenn man es gerade nicht erwartet?

wahrscheinlich wollte der redner genau diese vage haltung vermitteln. denn „eine entscheidung der konsequenz“ nannte gestern herr westerwelle den rücktritt von herrn guttenberg. wichtig war wohl nur, dass in dem satz die zwei worte „entscheidung“ und „konsequenz“ auftauchen. denn man ist sehr bemüht, das bild aufrecht zu erhalten, dass der ehemalige verteidigungsminister ein sehr konsequenter mensch ist. und dass er „respekt“ verdient.

tschuldigung, verstehen sie nicht auch etwas anderes unter konsequenz, unter logischer folgerung, schlussfolgerung, auswirkung, effekt, ergebnis …? nämlich nicht zwei wochen zu warten, bis man dann die schlussfolgerung zieht, die man schon vorher hätte ziehen können. im deutschen versteht man nämlich unter „konsequent sein“, auch eine gewisse direktheit und beharrlichkeit, die nicht lang herum laviert und nicht häppchenweise eingeständnisse produziert.

aber wenn man etwas „eine entscheidung der konsequenz“ nennt, dann kann man auch so schön alle kritiker als „neider“ oder „scheinheilige“ bezeichnen. und so verkehrt man den diskurs um das wissenschaftliche arbeiten in einen diskurs um menschliche charakterzüge und zollt dem zögerlichen respekt, da die worte es suggerieren, dass hier jemand logischen prinzipien gefolgt, die andere in frage stellen. da gab es aber keine logik, da gab es angst, zögern und unsicherheit, wenn man dann schon personalisieren möchte. aber eigentlich reicht einfach nur der blick auf die juristische handhabung falscher angaben in einer doktorarbeit und schon wird die konsequenz klar. so einfach kann die welt ohne formulierungen sein, die kein mensch versteht.

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wortklauberei (64)

„transformationspartnerschaft“

dass diplomatische sprache eine sprache für sich ist, daran lässt sich nicht zweifeln. dass diplomatische sprache aber auch oft der versuch ist, keine klare position zu beziehen, das wird gern verschwiegen. ja, in ägypten wehrt sich die bevölkerung gegen eine zynische und gewalttätige regierung. und so, wie es schon häufiger in den letzten jahrzehnten der fall war, haben die regierungen der industrienationen mit machthabern zusammen gearbeitet, die die menschenrechte nicht achten.

denn eine unterdrückte bevölkerung produziert und kauft trotzdem waren und kommt nicht mit seltsamen forderungen an, die unbequeme demokratische prozesse in gang setzen. im diplomatensprech wird dann gern von „stabilität“ in der region gesprochen und die angst vor einem „machtvakuum“ geäußert, wenn es unruhig in der bevölkerung wird.

wenn dann letzte nacht der deutsche außenminister westerwelle in den tagesthemen nach der rede von präsident mubarak interviewt wird, dann sagt der „freie“ demokrat nicht, „wir unterstützen die forderungen der ägyptischen bevölkerung bei ihrer friedlichen revolution und können die enttäuschung über die zynische ansprache verstehen.“ nein, dann versteigt er sich in die aussage, dass man eine „transformationspartnerschaft zur demokratie“ hin anbiete.

in diesem moment wird die diplomatische sprache als schutzschild verwendet und hinterlässt doch den geschmack, dass man eigentlich gar kein interesse an einer grundlegenden veränderung hat. hätte 1989 jemand in der brd gesagt, er biete eine „tranformationspartnerschaft“ den bürgern der ddr an, dann wäre dies sofort als „besserwessi“ entlarvt worden. es klingt, wie wenn man sagen würde: „wir wissen, wie das mit demokratie läuft, wir erklären euch das gern, wenn ihr so weit seid.“ wundert es da noch jemanden, dass auf diese partnerschaft nicht zurückgegriffen wird.

und dann wiederholt der außenminister nur noch die aussage, es dürfe keine gewalt geben. doch die herrscht schon seit jahrzehnten in ägypten. einfach ein wenig spät diese erkenntnis.