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wissenschaftliches schreiben und klischee

generationen von wissenschaftlerInnen, studentInnen und doktorandInnen tragen das klischee weiter, dass wissenschaftliches schreiben vor allen dingen eines sei: anstrengend! schaut man genau hin, dann löst sich auch dieses klischee auf, wie es andere klischees auch tun, wenn man sie genauer betrachtet. es ist nicht das wissenschaftliche schreiben, das anstrengend ist, es ist der kontext, der es so anstrengend macht. das eigentliche schreiben könnte als leicht im gegensatz zu literarischer arbeit gesehen werden, da viele stilistische und strukturelle vorgaben herrschen, die einem den weg des wissenschaftlichen schreibens vorzeichnen.

anstrengend macht das wissenschaftliche schreiben zum beispiel die aussage, dass wissenschaftliches schreiben anstrengend sei. geht jemand unbedarft daran, einen wissenschaftlichen text zu verfassen, dann melden sich schnell mahnende stimmen – seltener von außen, häufiger von innen. da ist der gedanke an die bewertung – es muss eine gute abschlussnote werden, die zukünftige existenz ist davon abhängig. es muss eine so saubere argumentation sein, damit möglichst kein widerspruch von außen aufkommen kann. es muss der hierarchische weg des wissenschaftslebens eingehalten werden – vorgesetzte sollten zitiert und in die betrachtungen einbezogen werden. es muss der richtige zeilenabstand, die richtige zitierweise, das korrekte forschungssetting mit angemessener auswertung, die zurückstellung von eigenen kommentaren und vorstellungen sein. und heute muss es vor allen dingen das korrekte einhalten der bearbeitungszeit und der geforderten seitenzahl sein.

dies alles sind aspekte, die das wissenschaftliche schreiben in ein korsett zwängen, das mit dem forschenden geist nicht mehr viel zu tun hat. es ist schule geworden, bis in die Weiterlesen

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wissenschaftliches schreiben und arbeit

wissenschaftliches schreiben wird mit großer wahrscheinlichkeit wie das schreiben von geschäftstexten eher als arbeit empfunden als biografisches oder kreatives schreiben. dabei unterscheiden sich die eigentlichen schreibprozesse nicht groß voneinander. abgesehen davon widmet man sich in den wissenschaften und in der forschung meist themenbereichen, die einen interessieren, die einem spass machen. also auch in der grundhaltung ist kaum ein unterschied zum biografischen und kreativen schreiben zu entdecken. woran also liegt der große unterschied im subjektiven empfinden, dass das eine als arbeit und das andere als vergnügen betrachtet wird?

ich kann hier nur vermutungen anstellen, die auf äußerungen von schreibenden basieren: es liegt am korsett des wissenschaftlichen schreibens. neben rechtschreibung und grammatik herrschen viel mehr konventionen beim verfassen eines wissenschaftlichen textes. auch dies wäre wahrscheinlich noch nicht allein das problem, denn bei manchen formen der lyrik oder auch der prosa gibt es auch enge grenzen und strenge regeln. was vielen menschen beim wissenschaftlichen schreiben fehlt, ist die möglichkeit eine persönliche haltung einfließen zu lassen.

wenn man sich längere zeit mit einem forschungsgebiet beschäftigt, bildet man sich eine meinung dazu. und man erweitert, differenziert seine haltung stetig beim lesen weiterer wissenschaftlicher texte und ergebnisse. beim forschen führt man einen ständigen inneren diskurs, der teilweise bei kongressen oder colloquien auch zu einem äußeren diskurs wird. doch dieser diskurs ist in schriftlichen wissenschaftlichen arbeiten oft nur am schluss platziert. eine vorstellung von übergeordneter objekivität in veröffentlichungen verhindert eine persönliche positionierung. das, was im mündlichen diskurs stattfinden darf, findet im schriftlichen erst einmal keinen platz.

es ist anstrengend sich zurückzuhalten. wenn man zum beispiel abschlussarbeiten korrektur liest, stellt man fest, dass in kleinen formulierungen die persönliche meinung durchschimmert und man muss die schreibenden darauf aufmerksam machen, dass sie sich kundig machen sollten, ob ihre gutachterInnen persönliche haltungen im text akzeptieren. ich möchte hier kurz die lanze für eine persönliche positionierung auch bei abschlussarbeiten brechen. die vorstellung „echte“ wissenschaft sei erst einmal objektiv, da sie auf logik, mathematik, unbeeinflusste messungen und mehr basieren, ist fragwürdig. auf der wissenschaftstheoretischen ebene gibt es seit jahrzehnten einen diskurs, wie objektiv oder subjektiv unsere forschungen die welt erfassen. auch die als gut erfassbar erscheinenden naturwissenschaften (da man so viel messen kann) kommen da inzwischen an punkte (letztes schönes beispiel – das higgs-teilchen), wo sich die frage stellt, ob die untersuchungsanordnung das ergebnis Weiterlesen

ein vortrag über die beschleunigung des lebens

swr 2 ist ein kultursender des südwestrundfunks, der über eine wunderbare, umfassende mediathek verfügt. viele sendungen können abermals angehört werden, aber auch kurze wissenschaftliche vorträge werden dort bereit gehalten. man kann sie anhören, als hördatei runterladen oder die mitschrift der sendung abspeichern, je nachdem, welcher zugang einem am ehesten zusagt.

gestern wies jemand in facebook auf einen spannenden vortrag von professor hartmut rosa aus jena hin. da mich das thema „beschleunigung unserer kommunikation und unseres lebens“ schon immer interessiert hat, habe ich mir den vortrag natürlich sofort angehört. auch wenn er nicht mehr ganz frisch ist, also ein paar jahre auf dem buckel hat, so ist der doch weiterhin topaktuell. denn rosa gibt in 28 minuten einen hervorragenden überblick über die gründe für eine stete beschleunigung unseres leben. und er zeigt die „beinahe-unausweichlichkeit“ dieses prozesses auf.

auf alle fälle hörens- oder lesenswert, wenn man sich mit den konsequenzen der digitalen medien und kommunikationsformen auseinandersetzt oder wenn man versucht der zeitknappheit zu entkommen. und da es noch andere hübsche hinweise im netz zu diesem thema gibt, ernenne ich den heutigen tag einfach zum „tag des modernen lebens“.

hier der link zum swr 2 und zum vortrag: SWR2 Wissen: Aula: Immer schneller und immer oberflächlicher – SWR2 :: Programm :: Sendungen A-Z :: Wissen :: Archiv | SWR.de.

wissenschaftliches schreiben und verwandlung

menschen, die zuhause an einer schriftlichen wissenschaftlichen arbeit sitzen, verwandeln sich. sie verwandeln sich oft in menschen, die ein schlechtes gewissen haben. eigentlich sollten sie jetzt an ihrer arbeit sitzen, aber sie machen was anderes: sie telefonieren mit einem, gehen in die kneipe, ins kino oder zu irgendwelchen anderen events, sie lesen romane, sie machen großputz und sie wissen genau, dass sie eigentlich etwas anderes machen sollten.

also entwickeln menschen, die an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen, ganz persönliche strategien, wie sie sich zum schreiben motivieren können. die einen suchen räume auf, in denen sie kaum etwas anderes machen können als schreiben. wieder andere stellen sich einen strikten zeitplan auf, um allen schreibverpflichtungen nachzukommen. wieder andere sind dabei sich persönliche aufpasserInnen im bekanntenkreis zu engagieren, um immer wieder zum schreiben angetrieben zu werden.

das unangenehme am wissenschaftlichen schreiben ist für viele, dass es nur einen abgabetermin, aber keine weitere struktur gibt. darum sind auch alle eben aufgezählte strategien, keine garantie dafür, dass es mit dem schreiben klappt. aber sie bewegen sich in eine richtige richtung: zu schauen, welche atmosphäre und welches umfeld man benötigt, um konzentriert schreiben zu können. manchmal genügt schon ein ruhiger raum oder überhaupt ein freier schreibtisch. dann vielleicht noch kleine mahlzeiten dazwischen, ein abgestelltes telefon, eine gesperrte mailfunktion und ein paar bewegungspausen dazwischen. aber vielleicht benötigt man auch musik oder zwischendurch gespräche mit anderen menschen, die auch an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen. wichtig scheint nur, um sich nicht in einen panik-zombie zu verwandeln, sich einmal etwas zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, welches für einen selber das beste schreibsetting ist.

man kann die frage eventuell schriftlich beantworten. man kann sich aufschreiben, möglichst ohne lang nachzudenken, was es braucht, damit man sich beim schreiben wohl fühlt. man kann es anderen erzählen und danach das gesagte Weiterlesen

details einer wissenschaftlichen arbeit auf schreibboutique.de

eine wissenschaftliche arbeit zu verfassen und zu schreiben, unterliegt mehr oder weniger regeln. es wird oft vermittelt, es gebe eine eindeutige vorgehensweise in den wissenschaften. dies stimmt nur bis zu einem gewissen punkt. um ein wenig orientierung zu geben, habe ich auf meiner homepage http://schreibboutique.de einmal die einzelnen groben abschnitte einer wissenschaftlichen arbeit ausführlicher dargestellt.

doch wer erwartet hier ein allgemeingültiges konzept zu erhalten, dem sei geschrieben, dass es dies in den wissenschaften in der form nicht gibt. die einzelnen posts können nicht mehr sein als ein pfad, an dem man sich beim verfassen einer arbeit entlanghangeln kann. es war mir wichtig, an den entsprechenden stellen darauf zu verweisen, wenn man beim schreiben der arbeit lieber sein (forschungs)umfeld fragen sollte, wie bestimmte aspekte einer arbeit umgesetzt werden.

bei den darstellungen handelt es sich also um den kleinsten gemeinsamen nenner beim schreiben einer wissenschaftlichen arbeit, da die welt der wissenschaften so vielfältig und verschieden ist. doch vielleicht hilft es trotzdem dem einen oder der anderen beim verfassen eines angemessenen textes. garantien kann ich dafür nicht übernehmen – einfach mal reinschauen:

1. die einleitung

2. die these / fragestellung

3. theoretische grundlagen

4. die forschung / die methode

5. datenerhebung

6. datenauswertung und das ergebnis

7. diskussion und abschluss

8. inhaltsverzeichnis, zitate, literaturverzeichnis, fussnoten

wissenschaftliches schreiben und männer

das wissenschaftliche schreiben ist überspitzt formuliert, ein männliches schreiben. möglichst ohne emotionen, ohne zu viel persönliche meinung ist eine untersuchung oder ein experiment zu beschreiben, eine ausarbeitung zu erstellen. es wird kein grosses gewese darum gemacht, es bedarf keiner schmückenden und verzierenden sprache. wissenschaftliches schreiben reduziert das schreiben auf die wiedergabe von tatsachen. dies kommt dem weiterhin gelebten männlichen prinzip nahe.

klar kann man wissenschaft auch ganz anders aufbereiten (übrigens können dies auch männer), doch betrachtet man sich einmal die deutschsprachige wissenschaftslandschaft, dann ist dies nicht erwünscht. wann werden bei uns schon einmal essays oder kommentare in seminaren geschrieben? wo finden noch große diskurse statt? manchmal wünscht man sich die emotionalen und direkten 68er zurück, wenn man die heutigen hochschulen betrachtet. da gab es stundenlange diskussionen von 3000 menschen im audimax der fu mit marcuse oder anderen lehrenden zur gesellschaftlichen lage. (siehe http://web.fu-berlin.de/chronik/chronik_Home.html). hier wurde um wissenschaft und ihre ausrichtung gestritten.

dies ist alles vergangenheit. bis heute beherrschen weiter die männer die hochschulen (auch wenn es immer mehr frauen in gehobenen positionen gibt) und verfolgen das eher hierarchisch-emotionslose prinzip. ausreisser aus diesem gefüge darf es nur in den „kreativen“ fächern und hochschulen geben. schaut man genau hin, dann herrscht bei vielen wissenschaftlerInnen eine große begeisterung für das eigene forschungsgebiet und die entdeckungen, die dabei gemacht werden. leider finden sich diese begeisterungen in den wissenschaftlichen texten nicht wieder.

wenn man die freude über die wahrscheinliche entdeckung der higgs-teilchen im fernsehen gesehen hat, dann fragt man sich, weshalb sich in wissenschaftlich geschriebenem diese freude nicht zeigt. es gilt die vorstellung, dass emotionen unwissenschaftlich seien. dem widerspricht aber die persönliche begeisterung für das eigene fach, die eigene disziplin (sonst würde man sich nicht über jahrzehnte mit ein und demselben thema auseinandersetzen). hier wünscht man sich ein seminar mit forschern, um einmal selber zu erforschen, wie männer ihre begeisterung in worte fassen. und dann möchte man sie fragen, Weiterlesen

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (11)

zu wenig zeit

dem schreiben wird zu wenig zeit gegeben. betrachtet man sich unsere schulischen und hochschulischen ausbildungen, dann fällt eines auf: für mathematik, den damit verbundenen kaufmännischen, statistischen und methodologischen vorgehensweisen gibt es in allen ausbildungsgängen genug raum. doch für das schreiben, dem zweiten standbein unseres arbeitslebens und einer der grundlagen unserer kommunikation, wird vergleichsweise sehr wenig zeit zur verfügung gestellt.

es ist nicht nachvollziehbar, weshalb beim schreiben davon ausgegangen wird, dass es keine notwendigkeit des weiteren lernens gibt. besonders auffällig ist dies zum beispiel in den hochschulen, der wissenschaft und der forschung. studiengrundlage in beinahe allen fächern ist die statistik. doch kaum ein fach kommt auf die idee, das wissenschaftliche schreiben und recherchieren ebenso auf den plan zu setzen. hierzu würde gehören, wie man die angemessene literatur finden, wie man sinnvoll exzerpiert, wie man ansprechende präsentationen erstellt oder wie man abschlussarbeiten, forschungsberichte und hausarbeiten verständlich und schlüssig verfasst.

meist taucht die frage des schreibens für die lernenden erst dann auf, wenn es eigentlich zu spät ist. es wird sehr plötzlich und möglichst schnell versucht, sich die notwendigen weiteren schreibkompetenzen anzueignen. lehrende oder arbeitgeber wiederum sind entsetzt, was sie für texte von den lernenden erhalten. doch kaum jemand fordert bei uns, dass auch in fortführenden ausbildungen die weiterentwicklung des schreibens betrieben werden sollte. und wie geschrieben, im mathematisch-statistisch-kaufmännischen bereich ist es eine selbstverständlichkeit.

ich kann nur darüber spekulieren, weshalb dies so ist. eventuell liegt es daran, dass auch lehrende nie gelernt haben, dass schreiben gelernt werden kann. auch sie unterlagen der vorstellung „entweder man kann es oder man kann es nicht“. diese schlechte tradition geben leider viele weiter. machen sie doch einmal die probe aufs exempel und fragen sie ihre lehrenden nach hinweisen zum schreibstil. am besten fragen sie drei personen – und sie werden fünf antworten erhalten.

beim schreiben setzen viele voraus, dass der lernprozess mit der ausbildung an der schule ein für allemal abgeschlossen ist, und der rest nur noch feinheiten sind, die man sich selbst Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und coolness

wissenschaftliches schreiben ist eigentlich pure coolness. keine andere schreibform zeigt weniger emotionen im text, vielleicht noch gebrauchsanweisungen, doch selbst juristen schreiben lebhafter. aus dem wissenschaftlichen schreiben wurden emotionen verband, um eine wie auch immer geartete objektivität zu bewahren. es ist der glaube, dass eine gefühllose und subjektlose sprache die reinheit der wissenschaften bewahrt.

betrachtet man jedoch die forschungsfelder und studien, ergebnisse oder erkenntnisse genau, ist eigentlich das gegenteil der fall. in alle untersuchungen fließen auch die auffassungen der forschenden mit ein. das beginnt bei einem menschenbild, das grundlage ist für die vorstellungen, was neue erkenntnisse für uns seien. es geht weiter über das forschungssetting und die frage, welche aussagen sich aufgrund von statistischen erhebungen treffen lassen und geht bis zur frage, wie viel persönliche meinung in einen wissenschaftlichen text einfließen darf.

gerade die naturwissenschaften vermitteln, dass es möglich wäre in einem menschenungebundenen neutralen raum forschen zu können. was für ein trugschluss. und so werden alle forschenden zu einer angemessenen coolness angehalten, die ihnen gerade einmal im schlusskapitel die möglichkeit eröffnet, persönlich position zu beziehen. man kann dies auch anders und nicht weniger wissenschaftlich handhaben. wissenschaft hat einen gemeinsamen kleinsten nenner: meinungen und thesen müssen belegt oder widerlegt also begründet werden. das hat zur folge, dass die behauptung auch von anderen durch experimente, befragungen oder studien belegt und widerlegt werden kann, die begründung also wiederholt werden kann.

doch momentan haben wir eine gegenteilige entwicklung: da keine zusammenhänge mehr erfasst werden, keine emotionen mehr im spiel sind, sondern beinahe alles nur noch auf mathematikbasierte statistiken runtergebrochen wird, fehlt in vielen zusammenhängen die eigentlich begründung. coolness ist exakt der richtige ausdruck dafür. denn coole kommunikation lässt möglichst alles menschliche außen vor und führt zu handlungen, die keiner menschlichen logik mehr folgen. doch durch dauercoolness verlieren wird den kontakt Weiterlesen

nabelschau (68)

seltsame diskurse – oder was verloren ging. es scheint, in den letzten jahrzehnten ist so manches im politischen und wissenschaftlichen diskurs verloren gegangen, das erst mühsam reaktiviert werden muss – was für eine zeitverschwendung. ob es diskussionen über die energiewende, über unser wirtschaftssystem, über rechte gewalt, über die arbeitswelt, über die folgen von multitasking, stress und burn-out oder über die folgen von lärm sind, alles war schon einmal da, alles ist schon erforscht, diskutiert und belegt. und komischerweise fangen wir heute wieder bei null an.

nein, komisch ist es eigentlich nicht. es ist die logische folge aus einer politik und wissenschaftspolitik, die etliche diskurse und forschungen lang an den rand drängen, nicht finanzieren, als gesellschaftsschädigend kompromittieren und runterspielen konnte. wie immer, lag es eigentlich nur am geld. die schwerpunkte für forschung und wissenschaft wurden verlagert und herrschaftskonformer gestaltet. faszinierend auch, dass sich vieles nicht überlebt hat, sondern momentan immer drängender in den vordergrund rückt.

nur, wieso wieder von vorn anfangen? kann man nicht einfach mal nachschlagen, welche konsequenzen vor jahrzehnten aus den diskursen heraus vorgeschlagen wurden. ein beispiel: schon vor drei jahrzehnten wurde die dezentralisierung der energieproduktion diskutiert, wurden alternative konzepte entwickelt, wurden die kosten in reale verhältnisse gesetzt, indem die langzeitkosten der jeweiligen energieproduktion berücksichtigt wurden (und somit auch die endlagerung eingerechnet wurde). der schluss war eindeutig: alternative energien rechnen sich.

und heute? wir fangen bei null an. auf der einen seite wird die energiewende propagiert, aber bei der diskussion darüber wird schon wieder auf großprojekte gesetzt, dieses mal sind es größenwahnsinnige windparks in der nordsee. und um den strom ins land zu bekommen bedarf es natürlich sofort weiterer stromleitungen, die dann auch noch überirdisch verlaufen, obwohl deren energieverlust enorm ist. und um erst gar keine weiteren diskussionen aufkommen zu lassen, werden wir momentan gebetsmühlenartig darauf vorbereitet, dass eine energiewende natürlich viel geld kostet, die sich im strompreis niederschlägt.

hier wird abermals der bürger für dumm verkauft (und sprachlich eingeschworen). wenn wir es so haben wollen, dann sollten wir auch dafür zahlen. um ein wenig verschwörungstheoretisches futter zu geben: Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und alter

lebenslanges lernen wird zur zeit an allen ecken propagiert. das ist eine schöne sache, wenn es nicht in die erwartung eingebunden ist, damit seinen gesellschaftlichen wert zu beziffern. wer möchte kann auch im alter noch lerninteressen folgen und sich weiter mit für einen persönlich spannenden themen auseinandersetzen. doch es sollte der persönliche spaß im vordergrund stehen und nicht irgendeine schon wieder von außen formulierte erwartung.

um dem wissenschaftlichen lernen eine chance zu geben, haben viele hochschulen inzwischen ihre veranstaltungen den seniorInnen geöffnet. teilweise sind studiengebühren zu entrichten, etliche veranstaltungen oder vorträge können auch ohne weitere kosten besucht werden. so bietet die freie universität in berlin zum beispiel die „gasthörercard“ und viele andere möglichkeiten, an den neuen erkenntnissen der hochschule teilzuhaben (siehe: http://www.fu-berlin.de/sites/weiterbildung/gasthoerercard/index.html ).

aber man kann sich auch entscheiden, im alter noch den doktor zu machen, also zu promovieren. es ist heute nicht mehr ganz so einfach, wie früher, da inzwischen auch promotionen durch verordnungen und zeitfenster streng geregelt sind. aber der versuch, sich nach doktorvätern umzuschauen und aus beruflichem wissen vielleicht eine wissenschaftliche arbeit zu machen, ist es wert. mit großer wahrscheinlichkeit lassen sich wege finden.

ältere menschen werden dann meist ebenso wie jüngere menschen feststellen, dass sie sich beim wissenschaftlichen schreiben in identischen schwierigkeiten wiederfinden können. sicherlich kommen „aufschieberitis“ und schreibkrisen seltener vor, wenn das schreiben einer wissenschaftlichen arbeit nicht mehr der existenzsicherung dient, sondern den eigenen interessen folgt. doch wer glaubt, dass hohe ansprüche an sich selbst oder der ehrgeiz eine Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und unsicherheit

von außen betrachtet scheint es, wie wenn das wissenschaftliche schreiben unglaublich viele sicherheiten bieten würde. angefangen beim layout, beim aufbau eines wissenschaftlichen textes bis zu den zitierweisen und dem literaturverzeichnis existieren absprachen und regelungen. das eigentliche forschungssetting und der untersuchungsaufbau wiederum werden vorab mit zuständigen personen geklärt und abgesprochen. also scheint kaum platz für unsicherheiten zu existieren.

doch weit gefehlt, denn auch in forschung und wissenschaft menschelt es. in dem moment, in dem eine betreuung durch andere personen notwendig ist, kann sich alles wieder ändern. so eindeutig, wie es oft vermittelt wird, sind die strukturen einer wissenschaftlichen arbeit gar nicht. nehmen sie zehn wissenschaftlerInnen und berfragen sie sie, wie groß der persönliche anteil sein darf, wie stark sich jemand mit seiner meinung in einer wissenschaftlichen arbeit positionieren darf. sie werden mit großer wahrscheinlichkeit zehn verschiedene antworten bekommen – von der haltung, dass nur im diskussionsteil ein minimaler anteil an persönlichen statements der autorInnen auftauchen kann bis zur haltung, dass jederzeit persönliche statements abgegeben werden dürfen, wenn sie nur klar gekennzeichnet sind.

auch die kennzeichnung von zitaten wird verschieden gehandhabt, vor allen dingen bei internetverweisen, die auswertung von (statistischen) daten sowieso, ebenso wie die notwendigkeit von grundlagenliteratur. eigentlich spricht nichts gegen unterschiedliche arbeitsweisen in wissenschaft und forschung, wenn nicht parallel ständig vermittelt würde, es gäbe einen wissenschaftlichen konsens, eine klare struktur. dem ist nicht so und dem wird es auch nicht sein. die vergleichbarkeit von wissenschaftlichen arbeiten (vor allen dingen, wenn es darum geht, zu bewertungen und benotungen Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und zufall

wissenschaftliches schreiben lebt eigentlich davon, den zufall auszuklammern, zu bewältigen und in den griff zu bekommen. darum erscheint hier der zufall eher als störfaktor, denn als bereicherung. das fängt schon im vorfeld bei wissenschaft und forschung an, bevor ein wort niedergeschrieben wird. versuchsanordnungen sollen eines schaffen, zufällige variablen ausschließen. dass dies nicht schwer gelingt wissen alle wissenschaftlerInnen. auch die kritik an der statistik, eine zufallserhebung zu sein, soll möglichst ausgehebelt werden.

aber wie geht man nun damit um, wenn einem mitten im wissenschaftlichen schreiben ein zufälliger geistesblitz die vorannahmen des forschungssettings verhagelt? alles noch einmal neu schreiben? die idee unter den tisch fallen lassen? einen einschub formulieren, der den neuen gedanken anreisst? einen zweiten wissenschaftlichen text verfassen, der sich ganz dem geistesblitz widmet? zu empfehlen ist, dass man als erstes rücksprache mit anderen wissenschaftlerInnen hält. was scheint ihnen vorstellbar? teilen sie die neue erkenntnis oder ist sie zumindest nachvollziehbar?

das ist ein heikles thema, da die wissenschaft heute von einem gehörigen konkurrenzverhältnis lebt. der freie austausch von ideen und entdeckungen ist selten üblich. kommen noch hierarchien im akademischen umfeld dazu, gestaltet sich das vorgehen noch schwerer. man mag zwar für sich entscheiden, den geistesblitz erst einmal für sich zu behalten, das anschließende weiterschreiben wird sich schwer umsetzen lassen, ohne immer wieder den neuen gedanken einzubeziehen. aber auf gut glück das neueste aufzunehmen, wenn man sich beim verfassen einer bewerteten abschlussarbeit befindet, dann kann dies Weiterlesen

mein computer und ich – eine umgangslehre (21)

denken

viel aufhebens wird zur zeit darum gemacht, wie der computer und vor allen dingen das internet unser denken verändern. es wird gemessen, getestet und experimentiert, um zu dem schluss zu kommen, dass unser denken sich verändert. teilweise soll die aufmerksamkeitszeitspanne reduziert werden, es soll sich die visuelle wahrnehmung verändern und vieles mehr. dies könnte man so stehen lassen, wenn da nicht eine gesellschaftliche und kulturelle bewertung mit den ergebnissen verknüpft würde. und plötzlich gibt es gut oder schlecht.

es ist schlechter, tag und nacht vor dem computer zu sitzen, als tag und nacht vor dem fernseher zu sitzen oder tag und nacht bücher zu lesen. warum? man könnte auch anders herum argumentieren. im gegensatz zu fernseher und buch ist der computer die viel aktivere variante. bei büchern und glotze wird nur passiv konsumiert, beim computer wird aktiver einsatz verlangt. gut, man kann darüber streiten wie wertvoll ego-shooter-programme sind, aber dass soziale netzwerke eventuell mehr kompetenzen von den usern einfordern als gerichtsshows oder soaps im tv dürfte außer frage stehen.

es ist davon auszugehen, dass jede technische oder kulturelle neuerung unser denken verändert. die entdeckung des feuermachens gab unserer entwicklung einen schub, ebenso die fähigkeit, werkzeuge herzustellen. säge, axt und bäume befähigen uns, den winter anders verbringen zu können, als in der zeit davor. wir müssen uns nicht mehr ständig damit beschäftigen, welches die beste höhle zum überwintern ist, wir können unsere gedanken für anderes verwenden. und die aufmerksamkeit für die abläufe der natur reduzierte sich enorm mit der einführung des wetterberichts 😉

die lebensqualitäten und natürlich auch das denken, veränderten sich zu zeiten der industriellen revolution. und auch damals schon wurden die diskurse über die veränderung auf eine emotional-persönliche ebene verschoben. es wurde nicht darüber diskutiert, wie sich die neuen werkzeuge für alle sinnvoll und human einsetzen lassen, sondern es wurde darüber diskutiert, wer unter welchen gesichtspunkten für welche werkzeuge geeignet ist. die psychotechnik kam auf.

und seien wir mal ehrlich – es ging nie darum, was kann die technik dem menschen gutes tun, sondern es ging darum, wie lassen sich effizienz, leistung und produktion steigern. menschen wurden immer dann bedrohlich für die gesellschaft, wenn sie versuchten sich ihr zu entziehen. der computer bietet manchen menschen eine möglichkeit sich der gesellschaft und ihren anforderungen zu entziehen. in diesem moment wird die wissenschaft herangezogen, um den diskurs über die veränderung des denkens in ein bedrohliches szenario kippen zu lassen. Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und stärke

was bedeutet es, beim wissenschaftlichen schreiben, stärke zu zeigen. es hat wahrscheinlich weniger mit dem schreiben zu tun, denn mit dem inhalt. oder anders formuliert, die struktur und vorgehensweisen bei wissenschaftlichen schreiben sind vorgegeben, doch das füllen der struktur kann sehr unterschiedlich verlaufen.

das fängt an bei forschungsergebnissen, die umstritten sind, die nicht dem mainstream entsprechen. oft versuchen sich die wissenschaftlerInnen schon im vorfeld gegen mögliche kritik zu wappnen. das führt dazu, dass sie alle möglichen angriffspunkte im eigenen text vorab aufgreifen. doch dadurch werden die texte so vollgepackt, dass sie nicht selten schwer zu lesen sind. zur stärke würde in diesem moment gehören, sich auf die eigenen erkenntnisse zu beschränken und es auszuhalten, dass ein aufschrei durch die fachwelt geht und viele diskurse auf einen zukommen.

außerdem könnte ein zeichen von stärke sein, die form der wissenschaftlichen veröffentlichung nicht genau einzuhalten. es gibt themen, die sich spannender und interessanter darstellen lassen, wenn man den strengen rahmen teilweise verlässt. hier landen viele wissenschaftliche schreibenden an dem punkt, dass etwas natürlich nicht populärwissenschaftlich werden sollte, doch die ergebnisse für möglichst viele verständlich vermittelt werden könnten.

spannend wird ein text, wenn auch persönliche meinungen auftauchen dürfen und die emotionale beteiligung der schreibenden zu spüren ist. dies wird im wissenschafltichen oft nicht akzeptiert. die sozial- und geisteswissenschaften erlauben hier mehr. stärke kann es sein, einen anderen weg zu beschreiten. es bleibt natürlich immer ein wagnis und Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und wünsche

der hauptwunsch, seine wissenschaftliche arbeit endlich vollendet zu bekommen, der ist hier nicht weiter diskutierbar und einfach nur verständlich. aber die wünsche, die an einen herangetragen werden beim verfassen einer wissenschaftllichen arbeit, die können diskutiert werden. vor allen dingen die gutachterInnen oder korrektorInnen haben bestimmte vorstellungen, wie eine wissenschafltiche arbeit in ihren augen aussehen soll. diese muss mann als wissenschaftlich schreibender mensch herausfinden.

um nicht beständige den betreuenden die wünsche von den augen abzulesen, ist es hilfreich, die wünsche in einem beratungsgespräch abzufragen. dabei kann man leider ab und zu der haltung begegnen, dass sich die korrektorInnen weigern, hinweise zu geben, da man ja im laufe seines studiums oder seiner ausbildung gelernt haben müssen, wie man einen brauchbaren wissenschaftlichen text verfasst. dabei kommt es dann wirklich auf das angebot der hochschule an. meist wird wissenschaftliches schreiben eben nicht vermittelt. aber man kann zur not bei anderen studierenden und menschen, die schon einen text für die lehrenden verfasst haben, nach den modalitäten nachfragen.

es gibt sehr verschiedene auffassungen darüber, wie weit persönliche positionen in einer wissenschaftlichen arbeit auftauchen dürfen. manche lassen eigene positionen nur in einem extra-abschnitt einer wissenschaftlichen arbeit zu, andere in allen textabschnitten, so weit die eigene position nur klar gekennzeichnet ist. da wissenschaft und forschung eigentlich vom diskurs und nicht nur von den statistischen variablen leben, ist es nicht ganz verständlich, weshalb positionen nur gebündelt in einem abschnitt auftauchen dürfen.

doch strategisches verhalten ist im zusammenhang mit abschlussarbeiten sinnvoll. auch wenn man inzwischen viele eigene vorstellungen entwickelt hat, so ist man doch auf eine positive bewertung für Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und haltung

wissenschaft ist meist hierarchisch organisiert. mal ist die hierarchie flacher, mal sehr steil. titel spielen in den wissenschaftfen eine große rolle, da sie kompetenzstufen signalisieren sollen. dies verhindert so manchen kritischen diskurs und ist eng verknüpft mit den ökonomischen grundlagen der wissenschaften. eine eigene haltung in den wissenschaften einzunehmen ist meist erst nach dem erreichen bestimmter positionen machbar. vorher kann einem im wissenschaftlichen kontext schnell die existenz entzogen werden.

das ist schwarzmalerei? der wissenschaftsbetrieb ist ein durch und durch politischer betrieb. es geht in jedem forschungsbereich darum, auf welchen grundlagen und wissenschaftstheorien die gesamte forschung aufbaut. die 68er-bewegung verbreitete sich nicht ohne grund vor allen dingen an den hochschulen. doch wie kann man nun eine haltung in den wissenschaften finden?

das wissenschaftliche schreiben (oder das schreiben an sich) können dabei eine hilfe sein. zum einen entwickelt man theorien ab einem bestimmten punkt sowieso schriftlich. sie müssen ja veröffentlicht und verbreitet werden. wie weit man bei der veröffentlichung ausschließlich eigene vorstellungen einbringen kann, hängt von der position im wissenschaftlichen gefüge ab. normalerweise entwickelt man auch nicht allein ideen. es wird im team geforscht, also werden meist theorien im team entwickelt. interessant wird es erst in dem moment, in dem die meinungen auseinandergehen. dann zeigt sich, wie ausgereift die diskussionskultur im eigenen forschungsbereich ist.

davon abhängig ist auch, wie stark andere meinungen sanktioniert werden. die ökonomisierung der wissenschaften gibt schon ein ziel vor: verwertbarkeit der ergebnisse. dadurch verliert grundlagenforschung immer mehr boden. das bleibt problematisch und führt auch zu schriftlichen auseinandersetzungen in den fachwelten. man kann seine haltung, wenn man eine veröffentlichungsmöglichkeit erhält, schriftlich mitteilen. doch die zurückhaltung ist meist groß, Weiterlesen

nabelschau (65)

neuropsychologie oder die bedrohung geht von den wahrsagern der naturwissenschaften aus. das schlimme internet, die bedrohung des menschlichen geistes. so oder ähnlich lassen sich etliche äußerungen von neurowissenschaftlerInnen, psychologInnen und gesellschaftsbetrachterInnen zusammenfassen. und sie berufen sich alle inzwischen auf erkenntnisse über die veränderungen der hirnstruktur beim nutzen des netzes. die neuropsychologie bringt es dann so schön auf den punkt, wenn sie den zusammenhang zwischen ergebnissen der gehirnwissenschaften und dem menschlichen verhalten herstellt.

um überhaupt zu erkenntnissen zu kommen, werden probanden diversen reizen ausgesetzt oder ihnen werden (denk)aufgaben gegeben und gleichzeitig werden hirnströme gemessen, wird die aktivierung von hirnregionen im mrt (magnetresonanztomographen) abgebildet. zwischen den messergebnissen, den aufgaben und reizen wird ein statistischer zusammenhang hergestellt, der eigentlich keine schlussfolgerungen zulässt. aber sie werden vorgenommen. eigentlich könnte man nur sagen: wenn ich das und das lese, dann wird mit einer wahrscheinlichkeit von xy % die und die hirnregion aktiver.

aha! und jetzt? jetzt wird das gemacht, was die zahlen einfach nicht hergeben: jetzt wird aus den vermuteten funktionen der hirnregionen und deren aktivierung auf das zurückgeschlossen, was der mensch wohl denkt und wie er denkt. das ganze verfahren ist sehr aufwendig und teuer, endet aber meist in kaffeesatzleserei. da wäre es interessanter, die menschen zu fragen, was sie denken, während sie den reizen ausgesetzt sind, während sie die (denk)aufgaben lösen. sie können sicher sein, bei hundert probanden werden sie hundert verschiedene antworten bekommen (auch wenn sich die inhalte der antworten annähern, so werden sie doch mit unterschiedlichen worten und im hintergrund in individuellen emotionalen zuständen geäußert).

woran das liegt? daran, dass wir subjekte sind. der eine proband sitzt zum beispiel gerade an einer hausarbeit und stellt sich für den versuch zur verfügung. er ist gestresst und erlebt das experiment in diesem zustand. die andere probandin hat sich gerade von ihrem partner getrennt und ist traurig. der nächste proband hatte die nacht vorher tollen sex usw. auch dies steckt alles in den hirnen der versuchspersonen, wird aber im versuchsdesign ausgeschlossen. denn man möchte „unverfälschte“ ergebnisse.

und so kommt man zu dem schluss, dass das surfen im internet unsere hirnregionen, unser denken verändert. aha! wahrscheinlich so, wie das tägliche stundenlange stumpfsinnige autofahren von berufspendlern dies auch tut. unser gehirn ist sehr anpassungsfähig, es kann sich den zielen des denkenden menschen anpassen. wenn ich mich also auf einen bild- oder textausschnitt konzentrieren möchte, dann kann ich das tun und alle anderen wahrnehmungen bis zu einem gewissen grad ausschließen. nur autisten haben teilweise die schwierigkeit, andere sinnesreize zu filtern.

die neuro-expertInnen gehen in ihren aussagen einen schritt weiter: sie stellen fest, dass der mensch, der regelmäßig surft, dinge schneller erfasst, aber oberflächlicher denkt. aha! die technik führt also zu einer kürzeren aufmerksamkeit? liegt wahrscheinlich an der menge der informationen, an den kurzen texten, an den vielen bildern, an der gehäuften zahl von sinneseindrücken? da kann man dann ja den umkehrschluss ziehen, dass menschen, die regelmäßig die bild-zeitung lesen (viele bilder, wenig text, durch große kontrastreiche lettern starke sinnesreize) oberflächlicher denken und ihre hirnstruktur sich verändert – oder?

und was sagt das über den menschen aus? nichts. doch eben diese unterschwellige bewertung Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und störung

die häufig auftretenden störungen beim verfassen eines wissenschaftlichen textes habe ich schon im post „schreibberatung und störung“ benannt. hier möchte ich eher betrachten, welche störungen explizit im zusammenhang mit den wissenschaften und der forschung auftreten können, denn es handelt sich hier um ein besonderes schreibumfeld.

das grösste problem in den wissenschaften stellt die möglichkeit dar, überhaupt in den relevanten zeitschriften veröffentlicht zu werden. man ist also nicht nur mit dem schreiben eines fachtextes beschäftigt, sondern nebenher mit den besonderheiten der fachspezifischen presse. diese abläufe können als sehr störend und zeitraubend erlebt werden. doch ohne veröffentlichungen, also nur mit texten zu den forschungsergebnisse für den eigenbedarf und die forschungsgruppe, kann man in den wissenschaften keine karriere machen.

neben der teils sehr bürokratischen veröffentlichungspraxis geht zudem beim wissenschaftlichen schreiben darum, die hierarchien zu wahren. lästig und störend können dann die veröffentlichungsmodalitäten im forschungsbereich sein. ist man nicht professorIn, hat man meist die über einem stehenden im forschungsbericht mit zu benennen, auch wenn sie mit der eigentlichen untersuchung nichts zu tun haben. diese strukturen und abläufe sind also auch zusätzlich beim schreiben eines textes zu bedenken. dies zieht sich weiter durch den text, denn auch hier gibt es unausgesprochene gepflogenheiten, wenn der anderen man wie zitiert und erwähnt (teilweise auch wie oft).

und dann steht man in den angesagten wissenschaften unter enormem zeitdruck. ein ergebnis, eine entdeckung sollte veröffentlicht und als eigene ausgegeben werden, bevor andere einem zuvorkommen. man muss also nebenher noch die Weiterlesen

„schreibdenken“ von ulrike scheuermann – ein buchtipp

Schreiben und Denken statt Denken und dann Schreiben

In ihrem neuen Buch bricht Ulrike Scheuermann die Lanze für eine umfassende Schreibdidaktik an Hochschulen, an Schulen oder in anderen Aus- und Fortbildungsinstitutionen. Der Titel des Buches gibt dabei schon die Richtung vor „Schreibdenken – Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln“.

Bis heute ist bei uns die Auffassung verbreitet, dass man erst denken und dann reden (oder hier, schreiben sollte). Doch laut Scheuermann ist das oft ein recht ideenloser, anstrengender Prozess, der durch die Umkehrung der Abläufe erfrischt werden kann. Denn wenn wir schreiben, dann denken wir gleichzeitig. Eigentlich denken wir den ganzen Tag, jede Millisekunde ein Gedanke, doch wir vertrauen unseren spontanen Gedanken wenig. In ihrem Buch zeigt die Autorin Wege auf, wie wir durch das Schreibdenken zu einer sprudelnden Quelle von Ideen und Formulierungen werden können. Der Effekt besteht darin, dass uns Schreibprozesse, die wir tagtäglich in Beruf und Wissenschaft durchlaufen, leichter fallen, unsere Texte interessanter und lesbarer werden.

Um an diesen Punkt des Schreibdenkens zu kommen, offeriert Ulrike Scheuermann ein Bündel an Informationen und praktischen Übungen. Sie beginnt mit der Erläuterung, was Schreibdenken überhaupt ist, wie es wirkt und wo es angewendet werden kann. Dann gibt sie den LeserInnen durch die Darstellung von Schreibtypen und Schreibprozessen ein Werkzeug an die Hand, die eigene (Schreib)Situation aufzuschlüsseln. Im Anschluss zeigt sie Methoden auf, die man für sich selbst oder als Lehrende in Seminaren anwenden kann. Der „Methodenkoffer“ bietet für jede Situation ein Anregung, das Schreibdenken in die eigenen Arbeits- und Schreibprozesse zu integrieren. Zum Schluss wird in dem Taschenbuch der Reihe „Kompetent lehren“ noch einmal gesondert auf die Möglichkeiten, das Schreibdenken in der Lehre anzuwenden, von der Autorin eingegangen.

Das Buch ist sehr verständlich geschrieben, die Anleitung der Übungen kann man leicht nachvollziehen und man hält einen Ratgeber im positiven Sinne in der Hand. So geht das Buch über den Gedanken des kompetenten Lehrens hinaus und animiert zum Selbstcoaching. Zum Kennenlernen des Schreibdenkens und zum Ausprobieren oder Umsetzen dieser Praxis lohnt sich der Kauf des Buches. Ich hoffe, dass sich das Schreibdenken in den Schulen und Hochschulen so etabliert, wie es Ulrike Scheuermann formuliert.

Diskussionswürdig finde ich jedoch die Begründungen, weshalb Schreibdenken sinnvoll und notwendig sei. Hier hat sich für mich ein Widerspruch ergeben. Als jemand, der sehr viele positive Erfahrungen bei Gruppenarbeiten und -diskursen gemacht hat, kann ich die Vorstellung, Gruppenideenfindungen und -diskurse würden Ausweichverhalten bestärken, nicht nachvollziehen. Es scheint mir, wie wenn es eher eine Kritik an den Lernbedingungen unserer Bildungsinstitute mit überfüllten Seminaren und Vorlesungen sein müsste. Und es scheint mir, wie wenn die Autorin dem selbst nicht vollständig folgt, da sie im Methodenkoffer wieder wunderbare Vorschläge für Gruppenarbeiten macht. Wahrscheinlich ist alles eine Frage der Umsetzungen und Absprachen in Lehrveranstaltungen. Auch hierfür macht Scheuermann sehr hilfreiche Vorschläge.

Da die Begründungen für den Einsatz des Schreibdenkens nichts an den vielen Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten des Buches ändern, ist es ein äußerst empfehlenswertes Praxisbuch, sich anstelle des erst Denkens und dann Schreibens für das gleichzeitige Schreiben und Denken zu entscheiden.

Das Buch ist 2012 im Verlag Barbara Budrich in Leverkusen Opladen erschienen. ISBN 978-3-8252-3687-8.

wissenschaftliches schreiben und kombinieren

in wissenschaft und forschung spielt das kombinieren eigentlich vor dem niederschreiben der forschungsergebnisse oder der abschlussarbeit eine rolle. denn der eigentliche akt des forschens ist eine folge aus gedanklichen kombinationen, die wiederum zur entwicklung von thesen und zum entwurf des forschungssettings führen.

doch auch beim verfassen eines wissenschaftlichen textes geht es um die richtige kombination: von eigenen worten und von zitaten. von beschreibungen und messergebnissen. von logischen schlussfolgerungen und von belegen. die mischung machts. eine eindeutige orientierung wie viel von was in einem wissenschaftlichen text verloren hat, gibt es nicht. entweder man fragt die betreuenden wissenschaftlerInnen nach der gewünschten zusammensetzung der mischung oder man lässt sich ein feedback von fachfremden personen geben.

zusätzlich kann man sich seinen text, ja seine ganze abschlussarbeit, selber laut vorlesen. rhythmus und gedankenfolgen lassen sich dann noch einmal mit einem anderen sinn erfahren und holperige stellen fallen einem leichter auf. aber das wichtigste an einem wissenschaftlichen text sind die abfolgen logischer gedanken. nur aus dem einen ergebnis kann ich den schluss ziehen, der wiederum die voraussetzung für den gedanken und das nächste ergebnis ist. gedanken bauen hier in einer logischen kombination aufeinander auf.

ganz einfaches beispiel: gäbe es keine schwerkraft könnten reifen nicht abgefahren werden. würden reifen nicht abgefahren, kämen sie nicht so leicht ins rutschen und kämen reifen nicht so leicht ins rutschen würden nicht so viele menschen im graben landen. das ist nun natürlich eine verkürzte darstellung und ganz viele andere faktoren spielen auch eine rolle. aber man kann nicht sagen, auch ohne schwerkraft würden reifen stark abgefahren.

so lässt sich in der wissenschaft und beim wissenschaftlichen schreiben nicht so beliebig remixen, wie im kreativen schreiben. man muss bei allen texten einer vorstellungsrichtlinie und beweiskette folgen. dabei kann man zwar den rückblick zur ursuppe also die ersten ursachen einer reaktion, eines ergebnisses außer acht lassen, aber dies auch nur, da Weiterlesen