Schlagwort-Archive: wut

schreibidee (387)

ob es nun die wutbürger sind oder das stete jammern und klage – es gibt viele anlässe, die die aktuelle welt schlimm und schlecht erscheinen lassen können. es mag sicher so sein, dass manche beschwerde, manche aufregung unberechtigt oder übertrieben ist. aber es klafft nicht nur die schere zwischen arm und reich auseinander, sondern an vielen orten der welt und bei uns entfernen sich bevölkerung und staatslenkung, -verwaltung immer weiter voneinander. ganz abgesehen davon, erleben immer noch zu viele menschen grausamkeiten. darum dieses mal eine ernsthafte schreibanregung zu „anklage-texten“.

vorab noch eine kurze anmerkung: ich möchte nicht in abrede stellen, dass versöhnung wichtig und hilfreich ist. aber vor allen dingen beim gefühl der ohnmacht darf die ganze frustration auch einmal in einen anklagenden, ungerechten text münden. er dient vor allen dingen dem emotionalen ausdruck, der die verarbeitung des erlebten unterstützen kann. und dann gibt es natürlich auch noch situationen, die keinen menschen ruhig lassen (verhungernde, gequälte und getötet).

aber als einstieg soll bei dieser schreibanregung erst einmal der blick auf die eigene welt geworfen werden. die schreibgruppenteilnehmerInnen werden eingladen, eine kleine sammlung zu erstellen, wozu oder worüber sie gern einen anklage-text erstellen würden. daraus wird ein thema ausgwählt und in stichworten notieren sich die teilnehmerInnen, was zu beklagen wäre. im anschluss wird eine anklage geschrieben. dabei sollten die teilnehmerInnen in die vollen gehen. das heisst, sie sollten sprachlich die möglichkeiten ausloten, wie eine anklage auch wirklich anklagend klingt. da es bei diesen text teilweise sicherlich um sehr persönliche dinge geht, werden die texte nicht in der gruppe vorgetragen.

aber im anschluss werden redewendungen gesammelt, die einer anklage nachdruck verleihen können. sie werden am flipchart notiert. nun gibt die schreibgruppenleitung ein thema vor zu dem von allen teilnehmerInnen ein anklagender text verfasst werden soll. dabei können natürlich manche der gesammelten redewendungen verwendet werden. diese texte werden in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine feedbackrunde statt, in der betrachtet wird, wie nachdrücklich die anklage auf die zuhörerInnen wirkt.

zum abschluss wird noch „die rede des häuptlings seattle“, die zu großen teilen gar nicht von ihm stammt, vorgetragen. diese rede zeigt gut, dass man eine anklage abseits von wut, verständnislosigkeit oder verachtung formulieren kann. der stil dieser rede soll in einer eigenen rede, geschrieben von den schreibgruppenteilnehmerInnen nachgeahmt und auf ein anderes thema angewendet werden. die rede kann in kleingruppenarbeit oder einzeln verfasst werden. wenn alle texte fertig sind, dann wird ein rednerpult aufgestellt und die großen reden der schreibgruppe werden vorgetragen. es findet keine feedbackrunde statt, um die wirkung der worte nicht zu zerreden.

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kreatives schreiben und verlust

verluste sind häufig auslöser starker menschlicher emotionen und somit auch gern genutzte themen in geschichten und stories. wenn das schicksal zuschlägt und man plötzlich einen menschen verliert, dann gerät die bisherige welt ins wanken und bietet stoff für zu schreibendes. aber abseits der kreativen und fantasievollen szenarien von dramen und tragödien, kann das kreative schreiben auch bei realen verlusten eine große rolle spielen.

die grenzen zwischen biografischem und kreativem schreiben verschwimmen in dem moment des schreibens zu realen verlusten. und doch kann man seinen persönlichen schwerpunkt auf das kreative schreiben legen. es geht eben nicht darum, geschehenes wieder aufzuarbeiten und zu berichten, sondern es geht darum, geschehenes in geschichten zu packen und diese stellvertretend für sich sprechen oder trauern zu lassen.

man kann metaphern für das geschehene finden, man kann märchen heranziehen, eine fabel aufschreiben oder den protagonisten das antlitz von verlorenen menschen geben. trauer um verlorene menschen (ob nun durch trennung oder tod) durchläuft verschiedene phasen. angefangen bei ohnmacht über wut bis zu einem abfinden mit dem geschehenen kann sich all dies in geschichten widerspiegeln. warum nicht die wut auf die ganze welt, das geschehene und die verlorene person kanalisieren und in eine geschichte, die thematisch nichts mit dem verlust zu tun hat, packen? warum nicht das geschehen in ein drama mit anderem hintergrund übertragen?

das zweifeln an der welt nach einem verlust findet beim schreiben eine sprache. dies wiederum kann entlastend sein. vielleicht ist man es satt, immer wieder über das geschehene nachzudenken, die ereignisse hin und her zu wälzen. da bietet das kreative schreiben einen ausweg, eine alternative. und man kann noch einen schritt weitergehen, man kann erinnerungen an den mitmenschen herbeizaubern, etwas verewigen, um ganz persönlich Weiterlesen

schreibidee (364)

es wird ja immer frauen angedichtet, doch männer können es genauso gut, da gibt es keinen geschlechtsunterschied mehr. das beleidigt sein, das gekränkt sein und seinen frust nicht zeigen. nein, man wendet andere mittel an. man zieht sich zurück und spricht nicht mehr. man lässt „aus versehen“ das essen anbrennen, man tobt durch die wohnung, wenn die partnerin ein wenig ruhe haben möchte, man zeigt schon morgens einen gesichtsausdruck, der selbst am nachmittag erschreckend wäre. nur in den konflikt geht man nicht. darum eine schreibanregung zu „passiv-aggressiven geschichten“.

als erstes sammeln alle schreibgruppenteilnehmerInnen für sich formen der passiven aggressivität – dabei geht es um so etwas wie sabotage, rückzug, verweigern von kommunikation, wunden aufreissen … . im anschluss werden die verschiedenen mechanismen der passiven aggression am flipchart gesammelt. nun haben alle einen schönen überblick, um beim ersten text des treffens, einen gedanklichen monolog eines passiv-aggressiven menschen zu verfassen. da ist wut, da ist verzweiflung, da sind rachegedanken und zum beispiel selbstabwertungen oder ausreden, warum kein streit begonnen wird.

die texte werden in der schreibgruppe vorgetragen, es findet aber keine feedbackrunde statt. denn nun wird der gedankliche monolog einer person, gegen die die passiven aggressionen gerichtet sind, notiert. darin können auch ein paar gesprächsfetzen auftauchen, mit denen der versuch unternommen wird, in den konflikt Weiterlesen

liste (97) – wut

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um die „wut“.

das macht mich zur zeit sehr wütend:

so äußert sich bei mir wut meistens:

diese menschen haben mich mal sehr wütend gemacht:

diese menschen waren auf mich wütend:

das mache ich meist, um die wut loszuwerden:

wortklauberei (87)

„un-gehalten“

eine seltsame wortkombination. fängt man bei „halt“, dann ist die etwas, das wir menschen gern suchen. ob nun im nahverkehr, auf eine wackeligen untergrund oder überhaupt im leben, wir freuen uns, wenn uns etwas halt gibt.

und wir halten dann daran fest, also an dem, das uns halt gibt. wir haben uns festgehalten. sollten wir dann doch einmal den boden unter den füßen verlieren, dann fallen wir entweder hin oder werden von jemand anderem gehalten. das fühlt sich gut an, von jemand anderem gehalten zu werden. es ist anders, als festgehalten zu werden. damit sind wir nicht immer einverstanden.

doch wenn wir nur gehalten werden, dann will uns jemand schützen, uns helfen und dann ist uns jemand nahe. doch was geschieht mit uns, wenn wir un-gehalten werden? ist dann niemand da, der uns zurückhält oder haben wir den halt vollständig verloren und werden darüber wütend? das führt zu einem verbalen ausbruch gegenüber allen um uns herum?

doch wären wir über bestimmte dinge nicht auch wütend, wenn uns jemand hält und uns rückendeckung gibt? nicht jeder mensch, der den halt verloren hat, wird un-gehalten und nicht jeder mensch der un-gehalten wird, hat den halt verloren. man kann noch in die richtung blicken, dass un-gehaltene aussagen keinen gehalt hätten, doch dies scheint weit hergeholt. wie sollte man sonst seinem ärger ausdruck verleihen, wenn nicht auf der basis von guten gründen? vielleicht haben momente, in denen man un-gehalten wird, gerade einen großen gehalt, so wie die un-tiefe eine anhöhe sein kann.

schreibidee (259)

worüber schreiben sie am liebsten nicht? was fällt ihnen beim schreiben schwer? wann wird schreiben ein balanceakt? tja, da könnte so etwas wie angst im spiel sein (das müsste nicht, ist aber oft). man kann versuchen, das zu überwinden und sich dann in textexperimente stürzen, die man bis dahin noch nicht beschritten hat. vielleicht ist diese schreibanregung eine kleine unterstützung auf dem weg zu außergewöhnlichem. ich nenne es einfach „mut und wut„.

gestartet wird in der schreibgruppe mit einer frage: welches thema umgehen sie bis heute bei ihrem kreativen schreiben? gibt es etwas, worüber sie gern schreiben würden, sich aber nicht trauen? die teilnehmerInnen notieren sich ihre hürden und nicht-geschriebenen-textbeispiele. nun wählen sie sich zwei aus und umreissen kurz, worüber sie schreiben würden. diese textvorschläge werden nicht in der schreibgruppe vorgestellt, da sie sehr persönlichen charakter haben könnten.

anschließend wird von der schreibgruppenleitung ein kleiner exkurs darüber gehalten, dass es beim kreativen schreiben erst einmal keine moralischen und ethischen schranken gibt, diese nur zu achten und beachten sind, wenn etwas veröffentlicht wird, man seine texte anderen zur verfügung stellt. dies gilt natürlich auch in schreibgruppen. dies ist die einleitung, die gruppenteilnehmerInnen dazu einzuladen, sich einem thema zu widmen, über das zu schreiben sie sich bisher nicht trauten.

denn nun soll eine geschichte geschrieben, die nicht von mut handelt, sondern mut kostet. es gibt keine vorgabe, was das sein soll. schon vorab wird mitgeteilt, dass sie nicht vorgelesen werden muss und dass es keine feedbackrunde geben wird. aber alle sollten sich an einer persönlichen hürde versuchen. in diesem zusammenhang scheint es notwendig, dass die schreibgruppenleitung sehr aufmerksam ist. sollte auffallen, dass es jemandem schlecht geht bei dem versuch, die eigenen hürden zu überwinden. man darf jederzeit abbrechen, ja sogar die gruppe verlassen. auf der anderen seite sollten die hürden nicht zu hoch angesetzt werden. niemand muss sich in der schreibgruppe beweisen.

nach dieser anstrengenden phase kann wer will seinen persönlichen mut-text vorstellen. es wird definitiv kein feedback gegeben. dann sollte ein wenig durchgeatmet werden und der fokus wird auf die wut gerichtet. denn man kann sich neben der überwindung von hürden, auch in rage schreiben. davor scheuen ebenso viele schreibende zurück. doch warum nicht einmal schriftlich ungerecht, sauer, ausfallend werden und die contenance verlieren?

alle teilnehmerInnen können vorab eine kleine liste erstellen, worauf sie wütend sind. dann wird ein punkt ausgewählt und losgelegt. auch diese texte müssen nicht vorgestellt werden, auch zu diesen geschichten gibt es kein feedback (denn zur wut anderer lässt sich schwer ein feedback geben). anschließend kann wieder, wer möchte, seine geschichte vortragen.

dieses mal scheint es doppelt wichtig, zum schluss des schreibgruppentreffens eine ausführliche feedbackrunde durchzuführen. nicht zu den texten wird eine rückmeldung gegeben, sondern zur erfahrung, sich auf ein terrain zu begeben, das man bis jetzt gescheut hat. es kann befreiende aber auch angstmachende wirkung haben.

schreibidee (233)

sauer macht lustig oder so. sicher bin ich mir da nicht. also wenn ich sauer bin, dann ist nichts mehr lustig. geschmacklich ist sauer irgendwie bei süss und salzig anzusiedeln. und dann natürlich bei der säure, die doch eher das gegenteil von der base ist. also seife, lauge und dergleichen mehr, sind das chemische pendant zu sauer. und messbar ist dann sauer auch, als ph-wert. wer kennt ihn nicht aus der schule, den lackmustest? färbt sich der teststreifen rot oder blau. diese schreibanregung bedient nur eine richtung, denn es sollen „saure texte“ geschrieben werden.

doch zum einstieg noch einmal zurück zum lackmustest. die gruppenleitung bereitet auf einem papier eine skala vor, die sich am ph-wert orientiert. von ganz extrem sauer bis extrem basisch. nun tragen die schreibgruppenteilnehmerInnen in der skala ein, was sie ganz sauer macht, was weniger, was sie eher basisch, seifig stimmt und womit sie sich vollständig einseifen oder auslaugen lassen. zu jedem ph-wert einfach ein paar stichworte. danach wählen sie ein stichwort aus dem sauren und eines aus dem basischen bereich aus und schreiben jeweils einen ein-seitigen text dazu. die beiden texte werden anschließend vorgetragen.

da säure ätzt, wäre es im nächsten schritt an der zeit, einen „ätzenden“ text zu schreiben. wenn die teilnehmerInnen zu diesem zeitpunkt noch nicht richtig sauer sind, können während des schreibens saure gurken, zitronen und sauermilch gereicht werden. der ätzende text sollte der versuch sein, zu einem beliebigen thema die ganze wut oder unerbittlichkeit in die worte zu legen. der text darf ungerecht sein. es geht in dieser übung auch darum, den inneren zensor ein wenig zu besiegen. die texte werden anschließend nicht vorgelesen, sondern weitergereicht.

denn nun wird die säure verklappt, wird in gewisser weise verdünnt und neutralisiert. nun ist es an allen schreibenden, den text, der ihnen vorliegt, zu entschärfen. es darf nichts gestrichen, sondern nur hinzugefügt werden. wie schaffe ich es, einen wortgewaltigen text in eine umgängliche sprache zu verschieben, ihn zu verklappen. anschließend werden die beiden texte nacheinander vorgelesen. in der feedbackrunde wird auch eine rückmeldung gegeben, wie gelungen der text neutralisiert wurde.

und damit es am schluss nicht zur magenübersäuerung kommt, sollten vielleicht noch ein paar salzstangen (laugengebäck) nachgelegt werden 😉

schreibidee (207)

lass es raus, lass es einfach raus. wenn das nur so einfach wäre. wir menschen haben gelernt, uns im sozialen umgang zusammenzureissen. je mehr unsere gesellschaft zu einer dienstleistungsgesellschaft mutiert, um so stärker wird uns ein zwangslächeln abverlangt. dabei gibt es in jedem leben genug situationen, in denen man aus der haut fahren könnte. gut, es ist sinnvoll, nicht alles auszuagieren. aber manchmal würde es einfach gut tun, für sich alles rauszuschreien. in dieser schreibanregung soll es zumindest schriftlich möglich sein. es werden „schrei-texte“ verfasst.

als einstieg werden die schreibgruppenteilnehmerInnen aufgefordert, ein alltagserlebnis aus der letzten zeit, das sie am liebsten aus der haut fahren ließ, in einen einseitigen text fließen zu lassen. die texte werden kurz in der runde vorgetragen. anschließend notieren alle teilnehmerInnen für sich, welche bewältigungsstrategien sie für sich verwenden, um ihre wut, ihre anspannung abzubauen oder in den griff zu bekommen. diese strategien bewerten sie dann als „positiv“ oder „negativ“.

um dem schreien näher zu kommen, notieren nun alle in einer liste zehn personen, die sie gern anschreien wollen. die teilnehmerInnen wählen dann aus, bei wem ihnen das schreien am wichtigsten erscheint. und nun wird ein text verfasst, der schon im geschriebenen das schreien ausdrückt. was möchten sie der ausgewählten person lautstark und unreglementiert an den kopf werfen. es wird ein schrei-text geschrieben. dabei darf es ruhig einmal ungerecht und unvernünftig zu gehen. es geht nicht um die berechtigung des protests oder um alternative lösungsmöglichkeiten.

wenn sich die teilnehmerInnen anschließend trauen und die passenden räumlichkeiten vorhanden sind, dann werden die texte der schreibgruppe schreiend vorgetragen. um die angemessene lautstärke zu schaffen, können im vorfeld stimm- und sprechübungen durchgeführt werden, die ein wenig lockern. mit möglichst großer stimmgewalt werden die texte der gruppe entgegen geschleudert. in der feedbackrunde sollte betrachtet werden, ob der text der lautstärke angemessen ist.

wenn noch zeit vorhanden ist, kann im anschluss ein beruhigungstext geschrieben werden, der die gefühle nach dem dampf ablassen beschreibt. wie zeigt sich die erleichterung? auch diese texte werden kurz in der schreibgruppe vorgetragen, um ein versöhnliches ende zu finden. solche schreibanregungen sollten nur in schreibgruppen umgesetzt werden, die schon recht vertraut miteinander sind, sonst könnte das schreien schnell als bedrohlich empfunden werden.

wortklauberei (56)

„wutbürger“

da war wohl jemand ganz schön sauer, als es um das „wort des jahres 2010“ ging. es handelt sich beim „wutbürger“ nicht unbedingt um ein wort, das in aller munde ist und häufig gebraucht wurde. gut, mit diesem wort wurde versucht, die bürgerbewegung zum beispiel von „stuttgart 21“ zu umschreiben, aber treffsicher scheint das ganze nicht.

mich erinnert wutbürger eher an cheeseburger als an eine protestbewegung. ja, vielleicht noch an einen amokläufer. wie die knef so schön sagte: „ich jogge nicht, ich laufe amok.“. dieser satz würde zum wutbürger passen. denn wut erscheint ungerichteter als protest. wut benötigt selten argumente und in wütender stimmung geht es auch nicht mehr um einen diskurs. doch die so bezeichneten wutbürger lassen sich ja auf alle möglichen auseinandersetzungen und diskussionen ein. sie begründen ihren protest, sie argumentieren und steuern gutachten bei. sie wüten eben nicht.

also stellt sich die frage, weshalb ausgerechnet dieses wort gewählt wurde. man könnte es auch gleich in die liste der unwörter des jahres 2010 aufnehmen, da es eine bewegung eher herabsetzt als ihr respekt entgegen zu bringen. nichts gegen bürgerschaftliche wut, doch wut ist bei uns eher negativ besetzt. sie entspringt in vielen vorstellungen den vorhandenen aggressionen. natürlich kann die ohnmacht ob verschriebener großprojekte in wut umschlagen. doch bis jetzt war alles eher sehr friedlich und argumentativ. also eben doch schwäbisch. aber an worten für die umschreibung des protestes fehlt es eigentlich nicht.

ich wünsche mir ein anderes wort zum „wort des jahres“: grossprojekt. ich frage mich ständig wie ein kleinprojekt aussieht und ob es auch mittelgroße projekte und klitzekleine gibt? aber mich fragt ja keiner 😀

schreibidee (200)

kinder haben einen vorteil, um den man sie manchmal beneiden könnte. wenn die anmutungen von außen zu ätzend werden, können sie sich ohne probleme in den trotz steigern. sie brüllen, sie schreien, werfen sich auf den boden, wälzen sich, sind kackbratzig ohne ende. das erfreut zwar ihre eltern nicht, ist aber ein unverfälschter ausdruck von zorn, wut und unwillen. was kann es besseres geben, als in der zweihundertsten schreibidee anregungen für „trotztexte und ich-bin-wie-ich-bin-geschichten“ zu geben.

eingestiegen wird dieses mal mit einem zehnminütigen fokussierten freewriting. der fokus liegt auf der frage „welche anmutung von außen geht mir gerade total auf den sack?“. die teilnehmerInnen sollen dazu einfach losschreiben und all ihre wut über die anmutung in den text fließen lassen. nach diesem ersten kathartischen moment wir von allen teilnehmerInnen eine lister der zehn dinge, die sie momentan am meisten aufregen, erstellt. aus dieser liste wählen sie die vorlage für den ersten text aus.

der erste text versammelt alle widerständigen satzformeln, die einem einfallen. angefangen bei „ich will nicht mehr …“, über „es reicht mit mit …“ bis zu „warum sollte ich weiterhin …?“. alle zum thema passenden verweigerungen und trotzreaktionen werden zeile für zeile verfasst und anschließend in der schreibgruppe vorgetragen.

nun ist es an der zeit, die trotzphase ein wenig zu verlassen und alle kathartischen momente in willensäußerungen fließen zu lassen. der zweite texte enthält die versammelten wünsche der schreibgruppenteilnehmerInnen für die zukunft. jeder satz beginnt mit „ich will …“. manche werden schwierigkeiten haben, ihren freien willen auszudrücken, da sie sofort den vorwurf des egoismus antizipieren. da empfiehlt sich der einschub des satzes: „ich will egoistisch sein!“. die texte werden nicht in der schreibgruppe vorgetragen.

zum abschluss wird eine längere „ich-bin-wie-ich-bin-geschichte“ geschrieben, die autobiografische züge haben kann, aber nicht muss. es soll eine geschichte sein, die keinen zweifel am starken willen der protagonistInnen aufkommen lässt und sich nicht darum schert, sich auf dem boden zu wälzen, zu schreien und einfach die anderen, die anderen sein zu lassen. im feedback, nachdem die geschichten vorgetragen wurden, wird zurückgemeldet, wie nachdrücklich das „so-sein“ wirkt.

selbstbefragung (17) – wut

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich ab nun ein wenig unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „wut„.

  • was macht sie besonders wütend? nennen sie ein paar beispiele.
  • wie äußert sich bei ihnen wut? richtet sie sich nach außen oder eher nach innen? warum?
  • waren sie schon einmal so wütend, dass sie nicht mehr wussten, wohin mit sich?
  • werden sie oft wütend? was glauben sie, liegt es an ihnen oder an ihrer umwelt, dass sie so selten oder so oft wütend werden?
  • kennen sie rachegedanken? warum nicht?
  • was brauchen sie, um ihre wut in den griff zu bekommen? wollen sie das überhaupt?
  • sind sie anderen menschen gegenüber schon einmal handgreiflich geworden?
  • wie fühlen sie sich, wenn sie wutauslösende situationen einfach verlassen? oder bleiben sie immer im konflikt?
  • können sie fluchen? welches sind ihre besten flüche?
  • können sie dazwischen gehen, wenn andere menschen aufeinander losgehen? begründen sie.

schreibidee (126)

es gibt da etwas unter den menschen, das mit macht und uneinsichtigkeit zu tun hat. es ist schwer dagegen anzukommen, da das gegenüber beständig der meinung ist, es könnte sein gesicht verlieren. es beginnt mit einem streit und endet im krieg. dabei handelt es sich um eskalation. nur nicht nachgeben, nichts verändern, der status quo muss geschützt werden. darum dieses mal die schreibanregungen zu „eskalationsgeschichten„.

zu beginn wird zusammengetragen, wie die konsequenzen von eskalationen aussehen können. denn krieg ist nicht die einzige folge, schon im subjektiven alltag können konflikte, die sich hochschaukeln, zu nervenzusammenbrüchen, handgreiflichkeiten oder schlimmerem führen. darum sollten die ideen auf dem flipchart gesammelt werden und allen angeboten werden.

nun ist es an den teilnehmerInnen, sich eine form der eskalation auszuwählen und am unteren ende eines blattes zu notieren. danach soll eine eskalationskette erstellt werden. dazu kann entweder von unten nach oben in stichworten notiert werden, wie sich schrittweise alles hochschaukelt oder man macht sich als erstes gedanken, wie der auslöser der eskalation aussah und notiert in der folge die kette bis zur eigentlichen katastrophe.

im anschluss ist eine geschichte zu notieren, die die eskalation schildert. dies kann in form eines dialogs geschehen, in einer geschichte oder auch als protokoll, wie es zum beispiel bei einsätzen diverser organisationen verfasst wird. die geschichten werden sich anschließend in der schreibgruppe gegenseitig vorgelesen und beim feedback berücksichtigt, wie schlüssig die ereignisse klingen. dies dürfte nicht so schwer sein, da eskalationen nicht unbedingt logischen mustern folgen.

um einen friedlichen abschluss für die schreibgruppe zu finden, wäre nun die geschichte ab einem bestimmten punkt umzuschreiben. den wählen alle teilnehmerInnen für sich aus, wenn sie ihre eigene eskalationsgeschichte betrachten. dabei wird an dieser stelle die eskalation durch eine handlung, ein ereignis oder einen zufalle durchbrochen und das ereignis geht glimpflich aus. diese geschichten werden zum schluss vorgetragen.

schreibidee (88)

schreiben ist immer so nett und es werden oft so nette texte verfasst. dabei sind viele menschen wütend. wütend auf die verspätete s-bahn, auf die nachbarn, die sich wegen der lauten musik beschweren, auf den anderen autofahrer, der die vorfahrt genommen hat, auf die lebensabschnittsgefährtInnen, die die zahnpasta nie richtig verschließen oder auf die kinder, die immer dann schreien müssen, wenn man mal telefoniert.

diese wut wird gern für sich behalten. ist ja auch ganz sinnvoll, man kann ja nicht wegen jeder kleinigkeit streiten. doch dieses mal soll in der schreibgruppe gesammelt werden, was alles wütend machen kann oder wütend macht. dabei werden in einem brainstorming diverse vorschläge gesammelt und notiert. aus den vorschlägen wählen sich die teilnehmerInnen jeweils einen aus, der sie am meisten berührt.

nun wird ein text verfasst, in den die ganze wut einfließen soll, ein „schimpf-und-schande-text„. wenn es machbar ist, wird der innere zensor vor der tür gelassen und losgelegt. es darf geschimpft, beleidigt und geflucht werden, natürlich nur schriftlich. doch die texte werden anschließend in der runde vorgetragen. im zweiten schritt soll dann eine geschichte verfasst werden, die sich um die situation oder person dreht, die so wütend macht. dabei werden teile des „schimpf-und-schande-textes“ aufgegriffen und integriert, entweder in eine auseinandersetzung oder in wütende gedanken. ich würde da zum beispiel die frau von gestern im buchladen beschimpfen, die meint, an ihr scheiß-handy gehen und in einer unüberhörbaren lautstärke etwas klären zu müssen. sie trat nicht einmal beiseite, sie war wichtig. doch bevor ich jetzt in rage komme, wünsche ich lieber viel spaß bei der umsetzung der schreibidee.

kreatives schreiben und ärger

 

es gibt tage, an denen dinge geschehen, die einem missfallen können. missfallen an sich ist kein sonderlich bedeutungsvolles kriterium. doch aus diesen ereignissen können sich im laufe der zeit wut und ärger bilden. besteht in diesem moment nicht die möglichkeit, den eigenen gefühlen ausdruck zu verleihen, staut sich was an.

dieser gefühlsstau kann einem den letzten nerv rauben, in dem die gedanken immer wieder darum kreisen. hier bietet das kreative schreiben wunderbare möglichkeiten. angefangen bei einfach rausschreiben mit hilfe des freewrtiting. hier kann ich gestautes in beschimpfungen münden lassen, die nie ein anderer mensch zu gesicht bekommt, hier kann in die vollen gegangen werden. ist der erste ärger verpufft, lässt sich kreativer mit den emotionen umgehen.

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kreatives schreiben und emotionen

 

in texte, die im rahmen des kreativen schreibens entstanden sind, fließen eigene gefühle ein. meist in unreflektierter form. aber das kreative schreiben kann auch dazu genutzt werden, sich auf bestimmte emotionen zu konzentrieren. das hat den vorteil, dass in die kreativität bewusst eigene befindlichkeiten einfließen.

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