Ein „Navi“ auf dem Weg zum Wesentlichen im Leben
Wir leben in einer hochkomplexen, widersprüchlichen Welt. Dabei befinden wir uns beständig im Widerstreit zwischen unseren ureigenen, persönlichen Bedürfnissen und den Forderungen der Gesellschaft an uns. Da kann es leicht passieren, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Erst im Laufe der Zeit stellt man fest, dass man inzwischen etwas lebt, das einem selber nicht entspricht. Doch wie zurück auf die Spur des für mich Wesentlichen kommen?
Mein Tipp: Das neue Buch von Ulrike Scheuermann „Das Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ lesen und die darin angebotenen Übungen machen. In dem Buch begleitet die Autorin einen entlang eines roten Fadens von der Grundüberlegung „Wie ist mein Leben heute?“ bis zu dem Gedanken „So sollte mein Leben sein!“. Ausgehend von der Frage „Wie würde ich leben wollen, wenn ich Morgen oder in ein paar Wochen sterbe?“, navigiert sie die LeserInnen durch verschiedene Szenarien der Selbstannäherung.
Nachdem man sich einen Überblick über den Ist-Zustand verschafft hat, werden die eigenen Werte gewichtet, wird auf das Wesentliche fokussiert, eine letzte „weise“ Vorlesung vorbereitet, das Selbst-“Bewusstsein“ weiterentwickelt, werden Beziehungen geheilt und wird selbstlose Liebe ausprobiert. Um die aufeinander aufbauenden Schritte nachvollziehen zu können, bietet die Autorin viele verschiedene selbstreflexive Übungen an. Der Großteil der Übungen animiert zu schriftlichen Annäherungen. Dafür wurden Schreibtechniken des Kreativen und Biografischen Schreibens von Ulrike Scheuermann weiterentwickelt und auf die Fragestellungen abgestimmt. Außerdem können eigene Ideen, Vorstellungen und Gedanken in Bildern, Clustern und Storyboards visualisiert werden.
Das Buch bietet viele Möglichkeiten, sich selbst wieder näher zu kommen. Es gibt Anregungen, Informationen und kleine Stories zum Nachdenken. Ulrike Scheuermann motiviert dazu, dem „Carpe-Diem“-Prinzip zu folgen und Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Die klare Struktur und die verständliche Sprache des Buches machen es einem leicht, alle angebotenen Schritte nachzuvollziehen und auszuprobieren. Und, wie ich finde, ein wichtiger Aspekt: Die letztendliche Entscheidung, wohin die Reise gehen soll, wird einem selber überlassen. So ist das Buch ein flexibles „Navi“, das die subjektiven Bedürfnisse und die persönlichen Ziele der LeserInnen berücksichtigt.
Zwei Aspekte des Buches ließen beim Lesen in mir Widerspruch aufkommen:
- Die für meinen Geschmack etwas zu häufige Betonung, dass die Reise zum Wesentlichen anstrengend sei. Zu selten wird mir dargestellt, dass solche Schritte der Selbstannäherung auch befreiend sein können, sich gut anfühlen und ein positives Erleben verursachen können.
- Die Denkanregungen zum Begriff der „Weisheit“ fokussieren für mich zu sehr auf das Entwickeln von Gelassenheit und Versöhnung. Ich bin der Meinung, nur wenn es auch Unruhe und Widerstand gibt, können Lebenskonzepte entstehen, die Gelassenheit und Versöhnung erst ermöglichen. Dies gehört für mich auch zur Vorstellung von Weisheit. Ohne Kritik und Aufregung wird leicht ein unangenehmer oder unmenschlicher Status Quo erduldet. Oder wie eine Bekannte einmal formulierte: „Wenn ich mich nicht mehr aufrege, dann bin ich tot.“.
Aber dies soll der Empfehlung des Buches „Das Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ keinen Abbruch tun, denn es regt zum Denken, zum Diskurs und zum Einnehmen einer eigenen Haltung an. Also ein „Navi“, das einen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Wesentlichen im eigenen Leben führt. Das Buch ist 2011 in der Reihe „MensSana“ bei Knaur Taschenbuch in München erschienen. ISBN 978-3-426-87555-1
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