beratungen sind eine gratwanderung, was den austausch von persönlichem angeht. auch in der schreibberatung müssen die beraterInnen einen weg finden, nicht als abweisende, herzlose menschen zu wirken, aber gleichzeitig auch nicht zu viel persönliches einfließen zu lassen. es geht hierbei nicht darum, dass privates bei der arbeit nichts verloren hätte, sondern es geht um die spezielle situation bei beratungen.
wer schon öfter beraten hat, kennt die frage von klientInnen, wie man denn selber bestimmte probleme oder schwierigkeiten angehe. dabei möchten klientInnen einen nicht persönlich näher kennenlernen, sondern sie würden gern von „vorbildern“ lernen. man muss sich in diesem moment bewusst machen, dass jemand vor einem sitzt, der oder die sich gerade in einer situation befindet, in der sie nicht mehr weiter wissen. da kann es eine gute orientierung sein, zu schauen, wie andere menschen mit dem alltag (oder eben dem schreiben umgehen).
auch dagegen würde noch nichts sprechen, wenn menschen nicht so individuell wären. das heisst, die brauchbare handlungsmöglichkeit für den einen menschen ist noch lange nicht für den anderen menschen sinnvoll. aber die bereitschaft, dies in einer schwierigen situation zu glauben ist recht hoch. welche haltung nimmt man gegenüber zu diesem problem ein? wenn ich diese haltung auch einnehme, dann verschwinden die schwierigkeiten.
wenn man die frage nach der eigenen haltung barsch zurückweist, um das beratende setting aufrecht zu erhalten, dann mystifiziert man die problemlösungen schnell. gibt man die eigene haltung preis erhält man schnell eine vorbildrolle. darum ist es sinnvoll, bevor man eigenes vorgehen schildert, immer wieder zu betonen, dass für jede (schreib)schwierigkeit oder (schreib)krise gemeinsam spezielle lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden können.
und doch kann es manchmal hilfreich sein, von klientInnen eine vorbild-funktion zugeschrieben zu bekommen. als beraterInnen sollte man dies aber thematisieren. so kann man zum beispiel nachfragen, ob es dem gegenüber wenn man es einmal gedanklich durchspielt als gute lösung erscheint, sich genauso wie die beratenden zu verhalten. kommt ein klares „ja“ zurück, wäre dies auch nicht weiter in frage zu stellen. dann sollten die klientInnen dies in der praxis erproben und beim nächsten treffen eine rückmeldung geben, ob die wirkung für sie positiv war.
da es auch etwas schmeichelndes hat, dass die eigene haltung einen vorbildcharakter bekommt, sollten beratende sich dessen einfach nur bewusst sein. mehr bedarf es meiner ansicht nach nicht, um eine gewisse form der abgrenzung einzuhalten. rat geben heisst zwar auf der einen seite aus eigenen erfahrungen schöpfen, auf der anderen seite aber auch, die klientInnen als eigenständiges subjekt zu achten und eben nicht automatisch zu wissen, „was ihnen gut tut“. darüber kommunizieren ist die lösung.