Schlagwort-Archive: wortklauberei

wortklauberei (113)

„sommerflussverkauf“

werbung und wortspiele treffen oft und gern aufeinander. mal erheiternd, mal nervtötend oder auch nur unverständlich. was würden sie mit der überschrift „sommerflussverkauf“ in verbindung bringen? ich erst einmal einen sprachfehler oder dialekt, jedenfalls eine person, die das „sch“ in „f“ verwandelt. da muss ich an den film über die „sch´tis“ denken. ansonsten kann ich mir noch den ausverkauf der wasserstrassen vorstellen, doch bisher gab es zwar inseln und seen im angebot der maklerei, aber von flüssen hatte ich noch nicht gehört.

die auflösung: es handelt sich um werbung für flusskreuzfahrten. oha, da hat jemand mit dem wortspiel gleichzeitig die bedeutung um die ecke gebracht. nichts deutet auf schiffe, auf fahrten oder nur auf touristisches hin. der funktioniert darum nicht, da der sommerschlussverkauf einfach zu dominant ist. das ist ein bekanntes event, das wir alle kennen und oft ausgesprochen haben. die veränderung eines buchstaben ist zu schwach. es ist so, wie wenn ein bordell mit sommerkussverkauf, oder ein waffenhändler mit sommerschussverkauf werben würde (obwohl letzteres eher die passende assoziation erzeugen könnte).

nimmt man das wort ernst, dann kann man es allerdings direkt als schreibanregung verwenden: „man schreibe eine geschichte über den ersten sommerflussverkauf“. die pressemeldungen dazu: „schnäppchenjäger an der schlei“, „mosel und main mit ins einkaufskörbchen rhein“ oder „neues hippes muss – kauf den fluss“. man kann die versteigerung der flüsse beschreiben. oder überlegungen anstellen, was jemand mit einem gekauften fluss anstellt – vielleicht als erstes umleiten, damit er am eigenen haus vorbeifließt 😉 schluss mit dem blödsinn und mit dem ssv – heutzutage nennt man das river-sale!

wortklauberei (112)

„ambrosia-scout“

manche wortkombinationen führen schnell in die irre, da sie für außenstehende nicht mehr erkennen lassen, worum es sich dabei überhaupt handelt. aber die idee war gut 😉

„ambrosia“ ist eigentlich die götterspeise (womit nicht der wackelpudding gemeint ist), also die nahrung der götter. doch die botaniker gaben einer unscheinbaren pflanze den namen der götter, wobei man, wenn man das gewächs sieht, keinen zusammenhang herstellen kann. unscheinbarer geht es nicht. doch so unscheinbar dieses gewächs ist, so allergen ist es auch. das soll heißen, die pollen der pflanze lösen bei vielen menschen starke allergien aus. und so unscheinbar die pflanze ist, so gern verbreitet sie sich zum beispiel in berlin. sie ist eingeschleppt, zäh und fortplanzungsfreudig (vielleicht kommt daher die „götterspeise“).

der pflanze kann man nur dadurch herr werden, dass man sie ausreisst und vernichtet. und da berlin nicht nur viele ambrosia-pflanzen, sondern auch viele ein-euro-jobber hat, kam wohl ein findiger mensch in der senatsverwaltung auf die idee: wir brauchen pfadfinder, die die götterspeise in der stadt aufspüren. so war das projekt „hochallergene-pflanzen-sucher“ geboren. jetzt klingt „hochallergene-pflanzen-stadt-absucher“ erstens nach einem undankbaren job und zweitens viel zu lang und unmodern. also muss ein passender begriff entwickelt werden.

da wirkt „ambrosia-scout“ gleich viel mehr nach „götterspeisen-pfadfinder“ als nach einem profanen schutzprogramm wie die streckenläufer bei eisenbahngleisen. also werden demnächst menschen in berlin ausschwärmen, um der pflanzenwelt herr zu werden. ähnlich wie die miniermotten-blattsammler und die eichenspinner-ausräucherer werden die ambrosia-vernichter versuchen, die natur wieder gerade zu rücken. mal sehen, ob das einen effekt haben wird, oder ob nicht bald das nächste natur-ungetüm der stadt berlin neue jobs veschafft.

wortklauberei (111)

„spontankunde“

was ist ein „spontankunde“? die antwort ist recht einfach: jemand der zum beispiel beschließt, „jetzt gehe ich noch schnell in den supermarkt, bevor er schließt“. das ist ein spontankunde. oder wenn sie bei der bahn am schalter ihre fahrkarte ohne vorbestellung im internet kaufen, dann sind sie auch ein spontankunde. der handel und viele dienstleistungen leben von den spontankunden und der spontankunde ist die normalität des kundendaseins. warum also ein spezielles wort für kunden verwenden?

weil die behörden der weltmetropole und hauptstadt berlin ihre probleme mit spontankunden haben. denn der spontankunde kommt zu den sprechzeiten spontan vorbei (also eigentich ist der spontankunde nicht wirklich spontan, da er sich schon an sprechzeiten orientiert) und überfordert den betrieb.

darum haben die bürgerämter der bezirks mitte dem spontankunden nur noch den montag reserviert (08.00 – 15.00 uhr – wartenummernvergabe maximal bis 13.00 uhr). hier kann man schon die wandlung vom spontankunden zum plankunden erleben. wie nun dem fernsehen zu entnehmen war, verkleinert sich das zeitfenster für spontane amtsbesuch zusätzlich enorm, dadurch dass der spontankunde eigentlich vor 08.00 uhr vor ort sein muss, um noch eine der beliebten wartenummern kurz nach 08.00 uhr zu erhalten, da eine stunde später keine wartenummern mehr ausgegeben werden.

der spontankunde wird also in berlin-mitte zum plan- oder terminkunden. die restlichen termine der woche werden nicht mehr spontan vergeben, sondern müssen per internet oder telefonisch vereinbart werden. das klingt erst einmal hübsch und soll die wartezeiten verkürzen, ist aber nur ein ausdruck des personalmangels. wenn schon vorher spontan die nachfragen nicht zu bewältigen waren, dann sind sie per terminvergabe erst recht nicht zu bewältigen. es wird also einen terminstau geben, der sich stetig summiert und dazu führen wird, dass in absehbarer zeit der nächste freie termin in ein paar monaten ist.

das wäre alles nicht so problematisch, wenn nicht gerade beim bürgeramt dinge erledigt werden müssten, die termingebunden sind (meldebehörde, verlängerung von ausweisen und dokumenten, ummelden und dergleichen mehr). doch das ist in berlin kein einzelfall. inzwischen bekommt man eigentlich von beinahe jeder behörde, wenn man mit einem antrag oder einem anliegen an sie herangetreten ist, die benachrichtigung, dass die post oder die mail eingangen sei, dass die antwort aber dauern könne. leider wird nie ein zeitfenster oder dergleichen mehr angegeben.

das bedeutet, nach der abschaffung des spontankunden wird auch der plan- oder terminkunde nicht mehr akzeptiert, sondern nur noch der wart- und verharrkunde, der sich spontan überraschen lassen kann, wann er denn nun eine antwort oder einen bescheid, eine entscheidung erhält. abgesehen von der verlorenen planungssicherheit, ist man den behördlichen abläufen vollständig ausgeliefert (und wird schon vorher darauf hingewiesen von nachfragen abzusehen). man ist also überhaupt kein kunde mehr, man ist inzwischen wieder bittsteller. berlin sollte den begriff spontankunde, der hier schnell einen bedrohlichen unterton erhält, ja subversiv über seine zeit verfügt, vollständig aus dem sortiment nehmen 😉

wortklauberei (110)

„gottesteilchen“

nun, blasphemie ist das hier nicht. eher eine seltsame begebenheit, wie namen entstehen können. also da fanden wissenschaftlerInnen wahrscheinlich das higgs-teilchen (http://de.wikipedia.org/wiki/Higgs-Boson) im cern-forschungszentrum. wissenschaftlich eine sensation, wenn dem wirklich so sein sollte. aber dann macht eben auch der begriff „gottesteilchen“ die runde, eine doch etwas seltsam anmutende bezeichnung.

doch der name führt in die irre, wie man vorgestern abend im zdf erfahren konnte: ursprünglich wurde es einmal auf englisch als das „gottverdammt-nicht-zu-findende-teilchen“ bezeichnet. und eine fehlerhafte wiedergabe dieser bezeichnung (die neben dem fluch auch nicht unbedingt eine klare beschreibung liefert) führte zum „gottesteilchen“. erstaunlich, dass solche sprachlichen ausrutscher eher übernommen als verworfen werden.

für menschen, die nur an den einen gott glauben, ist unvorstellbar, dass es teilchen von ihm gibt oder dass gott teilchen hergibt. er hat in den augen der gläubigen die welt an sieben tagen erschaffen (also eigentlich an sechs) und später nichts mehr hinzugefügt oder weggenommen. geschöpft ist geschöpft. also würde gott nie andere teilchen schöpfen, die wiederum ihm selber entstammen.

man könnte aber noch anders an die sache rangehen, und die meinung verbreiten, dass es so ein wichtiges teilchen ist, dass es nur eine der ersten schöpfungen gottes sein kann. darum nennt man es „gottesteilchen“. dann hätte aber die gottesanbeterin zu unrecht ihren namen. zudem könnte man in zukunft, um den fluch und den glauben beiseite zu lassen, nur noch vom „higgs-teilchen“ reden. damit würde man den theoretiker, der das teilchen vermutete, ehren und benennen. nur leider bekommt das teilchen im deutschen ausgesprochen einen stark alkoholischen beigeschmack und verführt immer wieder dazu, die ernsthaftigkeit der erkenntnis in die humorvolle ecke zu drängen.

wie wäre es da mit dem namen „universum-schaffendes-masse-teilchen“ (usmt)? leider geht auch das nicht. bedeutet dies bei microsoft doch „user state migration tool“. schwer ist es, einfach schwer mit der wissenschaftssprache. alternativvorschläge werden gern entgegengenommen. 😉

wortklauberei (109)

„fiskalpakt“

die staatfinanzen betreffend wird ein pakt (also vertrag) geschlossen. so könnte man den „fiskalpakt“ beschreiben. da klingt erst einmal schlicht und verständlich, wie zum beispiel „etatverhandlungen“, „steuergesetze“ oder „finanzministerium“. doch inzwischen wuchs sich der fiskalpakt eigentlich zu einer „überschuldungsverordnung und insolvenzpräventionsvertrag auf europolitischer ebene“ aus. irgendwo in den ministerien müssen in den letzten jahren menschen beschäftigt werden, die keine andere aufgabe haben, als worte zu schöpfen, die möglichst wenig von der eigentlichen sachlage preisgeben.

denn der fiskalpakt hat keine andere aufgabe, als die länder der eu daran zu hindern, so viele schulden aufzunehmen, dass ihnen irgendwann die eigenen finanzen um die ohren fliegen. nun gibt es aber schon vor dem schließen des paktes ein paar probleme: die staatfinanzen betreffend überfliegen viele länder der eu die angestrebten schallmauern. die neuverschuldung ist auch weiterhin enorm. man möchte aber gleichzeitig nicht alle sofort abstrafen, denn dann würden sie dem pakt gar nicht zustimmen. also baut man schon im vorfeld eine abweichung vom pakt (und macht einen nicht-pakt daraus).

viel schwerwiegender ist etwas ganz anderes: der pakt wird am reissbrett entworfen und verlagert die nationalen entscheidungsstrukturen auf eine internationale, europäische ebene. das heisst, schlagartig werden unsere demokratischen strukturen übergangen und einige wenige beschließen diesen pakt. das realisierte irgendwann auch unsere regierung (mit ein wenig unterstützung durch das bundesverfassungsgericht). doch eigentlich ist das immer noch nicht alles: teile der nationalen finanzpolitik werden mit dem fiskalpakt ausgelagert und auf die europäische ebene übertragen. die entscheidungen über unsere staatfinanzen entziehen sich somit dem einfluss von uns wählern. wir wähler haben keinen demokratisch direkten zugriff mehr auf die entscheidungen über unsere steuergelder.

darum schlägt der finanzminister plötzlich eine volksabstimmung vor. denn bis jetzt hat auch nicht das europäische parlament (das wir ja mitwählen) über den fiskalpakt entschieden, sondern nur einige wenige menschen (regierungschefInnen, ministerInnen und mitarbeiterInnen). der fiskalpakt hebelt also unsere demokratie aus. dafür ist das wort „fiskalpakt“ ein possierlicher begriff, der ein weiteres mal die dimensionen verschleiert. faszinierend, wie sprache weitreichende entscheidungen klein und übersichtlich macht. ich muss da immer an „kernenergie“ denken. (übrigens haben wir in bürokratischen zusammenhängen keine probleme damit, längere und differenziertere begriffe zu verwenden.)

ein possierlicher vogel hat den schönen namen: fiskalwürger – siehe: http://www.tierdoku.com/index.php?title=Fiskalwürger

Verständlichkeitsstudie – ERGO Versicherungsgruppe AG – ein lesetipp

wer versteht das kleingedruckte? wer liest und versteht gebrauchsanweisungen? wie soll man eine steuererklärung machen, wenn man sie nicht versteht?

erste ergebnisse einer studie von forsa, im auftrag der ergo versicherungsgruppe, können im internet nachgelesen werden. es lohnt sich ein blick in die pressetexte zu werfen, denn neben den texten von versicherungsverträgen scheinen die steuererklärungen am unverständlichsten zu sein.

da kann man tief durchatmen. dachte man doch immer, die anderen würde das alles verstehen, nur man selber ist zu doof dazu. bei den befragten texten könnte man eine wortklauberei an die andere hängen. und vielleicht schafft es ja eine schreibpädagogik mit kreativem schreiben, die welt ein stück verständlicher zu machen.

übrigens lesen frauen das kleingedruckte öfter als männer. was ein echter kerl ist, der kriegt das schon so hin – auch wenn er monate dafür braucht. aber ein blick ins kleingedruckte oder die gebrauchsanweisung ist ein zeichen von schwäche 😀

hier kann man nachschauen:

ERGO Verständlichkeitsstudie | ERGO Versicherungsgruppe AG.

wortklauberei (108)

rekapitalisierung / restrukturierung der banken

„Im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes schließlich können Unternehmen des Finanzsektors den Finanzmarktstabilisierungsfonds für Rekapitalisierungen unter bestimmten Bedingungen in Anspruch nehmen.“ (wikipedia zu „rekapitalisierung“)

aha, da haben wir sie wieder, diese wortungetüme, die etwas „positives“ suggerieren und eigentlich einen „negativen“ hintergrund haben. wer wollte schon begriffen wie „stabilisierung“, „fonds“ und „rekapitalisierung“ etwas zerstörerisches anheften. auch rettungsfonds klingt noch zu hübsch für das, was da gerade geschieht. darum vielleicht einmal im umgangssprachlichen format:

die konstrukte „geld“ und „kapital“ (so ist der geldschein nie so viel wert, wie auf ihm steht, also in der produktion nicht so teuer) waren für menschen, die banken leiten, banken protegieren und banken für die himmelspforten der gesellschaft halten, ein anlass, den besitz andere menschen zu verzocken. sie bauten auf die gedanklichen konstruktionen noch ein paar luftschlösser, die immer höher wuchsen und irgendwann zusammenkrachten. dabei wurde der besitz anderer menschen vernichtet. da man aber angst hat, dass die anderen noch existierenden luftschlösser auch zusammenkrachen, beatmet man die banken künstlich weiter mit dem restlichen besitz der menschen, deren besitz zum großteil schon vernichtet wurde.

faszinierend – diebstahl ist in unserer gesellschaft eine straftat, die im vergleich zu machen körperlichen und sozialen vergehen relativ hoch bestraft wird. ab einer gewissen gesellschaftlichen höhe wird diebstahl nicht mehr bestraft sondern gerettet. noch absurder wird es, wenn die kanzlerin erklärt, man dürfe nun die misswirtschaft einzelner länder der eu nicht der gesamten bevölkerung des zusammenschlusses aufbürden, wobei sie im selben atemzug exakt das gleiche in ihrem land getan hat. die misswirtschaft einzelner banken wurde der gesamten bevölkerung aufgebürdet.

manches kann man vielleicht noch unter solidarität verbuchen, da ein crash noch mehr menschen in mitleidenschaft ziehen würde. aber sich dann einer sprache zu bedienen, die die mechanismen einer zocker- und selbstbedienungshaltung verschleiert, die einigen wenigen weiterhin einen freibrief ausstellt, das zeigt, wie gut sprache funktioniert. folgt man den formulierungen, kann man glauben, dass „wir“ mit all dem nichts zu tun haben, dass es bei uns ja ehrlicher zugeht und wir immer nur in der eu blechen sollen. noch faszinierender finde ich, dass diese sprachliche verschleierung auch noch funktioniert. so werden wir auch morgen noch retten, fonds gründen, rekapitalisieren und restrukturieren, obwohl schon längst die struktur den bach runter und das kapital futsch ist.

wortklauberei (106)

„food-magazin“ – „ernährungspartner“

eigentlich ist der ablauf seit der erfindung des feuers identisch: erst einkaufen oder jagen, dann das gekaufte und gejagte zubereiten und danach allein oder mit anderen essen und verspeisen. im verlauf der jahrtausende hat sich aber die form der zubereitung und die form der kommunikation untereinander verändert. doch anscheinend verschwimmen langsam die grenzen, zumindest sprachlich, zwischen den feldern „kaufen – kochen – essen“.

da wird die zeitschrift „essen & trinken“ zum food-magazin (ich kann mich nicht erwehren, ich denke bei „food“ immer an „futter“) und der lebensmittelhändler „rewe“ wird zum ernährungspartner bei der fussball-em. was bedeutet das für unsere gespräch?

„hast du lust, gemeinsam unser food zu zu bereiten?“
„au ja, ich bin dabei. welches food wollen wir den zubereiten?“
„ich weiß noch nicht genau. ich schau noch mal schnell in mein food-magazin.“
„am besten entscheidest du dieses mal. und wenn du weisst, was wir machen, dann ruf mich noch mal an. sag mir was ich mitbringen soll. werd dann auf dem weg zu dir noch schnell bei meinem ernährungspartner und discount vorbeifahren und alles einkaufen.“
„ok, so machen wir das.“

die beiden, die da gemeinsam kochen wollen, sind eigentlich auch ernährungspartner. hier ist das partnerschaftliche noch zu verstehen. doch worin besteht die partnerschaft zwischen mir und rewe? wahrscheinlich gibt es keine – da ich für einen handel bezahlen werde. ernährungspartner könnte ein begriff sein, der nur verwendet wird, wenn nicht bezahlt werden muss. so liefert rewe die lebensmittel für die fussballnationalmannschaft wahrscheinlich für lau.

und bei „food“ muss ich dann doch immer wieder an science-fiction denken. mir geht der satz „soylent green ist menschenfleisch“ aus dem film „soylent green“ nicht aus dem sinn. hatte auch irgendetwas mit food-ernährungspartnerschaft zu tun.

wortklauberei (104)

endlagersuchgesetz

wie lautet es bei den schwäbischen kabarettischen sängern „ernst & heinrich“ so schön? „such, such, such!“ und „der mensch ist ein suchender.“ und inzwischen macht er dafür sogar gesetze. wir suchen ja schon lang ein endlager für den atommüll, aber anscheinend wurde nie richtig gesucht. nach gefühlt einem halben jahrhundert wird jetzt ein gesetz erlassen, damit endlich mal richtig gesucht wird. abgesehen von der frage, ob man das nicht schon von anfang an wusste, dass es wahrscheinlich keinen anständigen ort für ein endlager gibt, ist die wortschöpfung für den titel des gesetzes einer der schönsten und bürokratischsten: das „endlagersuchgesetz“.

da kommen einem viele ideen in den sinn: erst einmal die schlichten varianten: die ostereiersuchverordnung oder die versteckenspielensuchregeln. doch dann kann man weiter gehen: wo kommen wir gerade nicht so richtig weiter? was benötigt wahrscheinlich noch ein gesetz? zum beispiel ein rettungsschirmbürgermitsprachesuchgesetz wäre chic. oder ein werdrehtanderbenzipreisschraubesuchgesetz – um auch den populistischen bereich abzudecken. doch dann kämen da noch das woentstehenmonopole(undpreisabsprachen)suchgesetz, das wiealsradfahrerindergroßstadtüberlebensuchgesetz, das wogibteswährendderfussballeuropameisterschaftkneipenohnepublicviewingsuchgesetz, das atomkraftwerkausschaltknopfsuchgesetz, das ichweißgarnichtmehrwasichsuchsuchgesetz in frage.

doch nicht genug damit, als nächstes sollten die schützunsnichtfliegervorfluglärmverordnung, das tvwerbeunterbrechungsverkürzungsgesetz, die gutefilmezurprimetimesendeverordnung, das ruhezoneninöffentlichenverkehrsmittelnvergrößerungsgesetz, die wirerziehenunserekinderzuhausezuegotrippernverhinderungsverordnung, das vorratsdatenspeicherungskammerundservergesetz und das tauschhandelistwiedererwünschtgesetz erlassen werden.

und wenn alle gesetze und verordnungen berarbeitet und erlassen wurden, dann wird man sicherlich auch ein endlager finden. aber so lang kommt bei mir der strom einfach aus der steckdose.

wortklauberei (103)

neuromarketing

da ich hier im blog gerade so in fahrt komme, mich über die neurowissenschaften und die neuropsychologie zu echauffieren, greife ich doch gleich einmal eines der aktuellen gruseligen worte auf. angeblich liegt der trend der zeit im „neuromarketing“. nun kann man ja schon über die disziplin „marketing“ streiten, deren einziges ziel es ist, viel von einem produkt zu verkaufen, mit allen mitteln, die recht sind.

nein, bei neuromarketing kann man weder werbung noch anreize für den kauf von gehirnen oder nervenzellen finden. vielmehr geht es darum, tricks und techniken zu entwickeln, die kundInnen willenlos machen und ein bestimmtes produkt kaufen lassen. dabei stützen sich die marketing-expertInnen auf erkenntnisse aus den neurowissenschaften oder geben dementsprechende forschung in auftrag. letztendlich soll herausgefunden werden, welche unterschwelligen manipulationstechniken zum kauf eines produkts führen könnten. dazu werden augenbewegungen und hirnscans im mrt (magnetresonanztomographen) durchgeführt.

es wird geschaut, welche bilder, farben, gerüche oder texturen welche hirnregionen aktivieren. sollte man die „einkaufs-„ oder „haben-wollen“-region im gehirn mit produkteigenschaften koppeln können, dann hat man das richtige instrument gefunden. zum glück funktioniert das, wie vieles im marketing und in der werbung, nicht ganz so reibungslos, wie man es gern hätte. der mensch reflektiert einfach zu viel und ist schwer zu dressieren.

jedoch werden immer mehr läden und passagen mit duftzerstäubern aufgerüstet, um unterschwellig emotionen auszulösen. ebenso werden produkte dementsprechend eingefärbt, platziert und verpackt, um dadurch unterschwellig einen (kaufan)reiz zu geben. all diese versuche basieren auf statistischen neurowissenschaftllichen experimenten. ich plädiere dafür „marketing“ einfach durch „manipulation“(sversuch) zu ersetzen. denn damit benennt man wirklich, worum es geht, um neuromanipulation.

wortklauberei (102)

„wirtschaft – wachstum – wohlstand“

die welt kann so einfach sein, wenn man dem „www“, der kapitalistischen dreieinigkeit des bundesministeriums für wirtschaft und technologie glaubt. diese wortkombination aus „wirtschaft – wachstum – wohlstand“ prangte öfter in werbebannern auf webseiten von tageszeitungen. doch nicht genug damit, das „www“ war erst der anfang. danach wurde noch ministeriumslyrik an der seite der homepage eingeblendet:

„energiewende!
neue netze
neue fakten
neuer newsletter!“

abgesehen von der politischen dimension, dass die flexibilität in richtung neuer positionen nach jahrzehnten der oden an die atomenergie einen doch noch erschreckt, fallen einem viele assoziationen zu den texten ein. ja, man wird überschwemmt von ideen. ich würde dem beinahe rhythmischen verslein gern die überschrift „“neu“lich“ verpassen. und ich würde gern den neuen newsletter durch „neue haltungen“ oder „neue versprechungen“ ersetzen.

auch das „www“ ließe sich noch ein wenig aufhübschen. wie wäre es mit „wirtschaft – wachstum – weltzufriedenheit“ oder „wirtschaft – wachstum – wahnsinn“? man könnte eine kleine schreibaufgabe daraus entwickeln: schreiben sie ein gedicht für das ministerium für wirtschaft und technologie!
ganz schnell würde ich folgendes einreichen:

klimawandel!
wirtschaft
wachstum
weltuntergang

ja, ja, ich weiß, die moralkeule, aber spaß macht es schon. die ministerialen dichterInnen haben zumindest bei mir ihr ziel erreicht: aufmerksamkeit 😉

vier jahren schreibschrift-blog und seine linklisten

neben den ablegern, gibt es auch innerhalb des blogs eine ganze menge linklisten, die regelmäßig aktualisiert werden. dadurch lassen sich schreibideen, listen, selbstbefragungen und dergleichen mehr leichter finden. hier eine „liste der linklisten“ 😉 :

1500 fragen zur selbstbefragung: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/01/05/1500-fragen-zur-selbstbefragung-aus-diesem-blog/

497 listen zu 100 kategorien: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/03/15/497-listen-aus-diesem-blog-in-100-kategorien/

350 schreibideen: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/02/28/350-schreibideen-aus-diesem-blog/

100 schnickschnackse: https://schreibschrift.wordpress.com/2011/09/03/100-mal-schnickschnack-aus-diesem-blog/

100 wortklaubereien: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/03/04/100-wortklaubereien-aus-diesem-blog/

70 buchtipps: https://schreibschrift.wordpress.com/2011/09/25/70-buchtipps-aus-diesem-blog/

25 schreibaufgaben: https://schreibschrift.wordpress.com/2010/03/20/25-schreibaufgaben-aus-diesem-blog/

10 tipps zum gründen einer schreibgruppe: https://schreibschrift.wordpress.com/2011/10/18/schreibgruppen-selber-grunden-die-zusammenfassung/

viel spaß beim „linken“ und lesen,

christof zirkel

vier jahre schreibschrift-blog und die rubriken

im laufe der zeit sammelten sich rubriken an, die nicht weniger werden, sondern weiter anwachsen:

352 schreibideen

169 biografisches schreiben und …

160 kreatives schreiben und …

157 selbstbefragungen

143 schreibpädagogik und …

115 schickschnacks

105 web 2.0 und …

101 listen

101 wortklaubereien

085 web 2.xy – webtipps

083 buchtipps

062 nabelschauen

054 schreibberatung und …

025 schreibaufgaben

025 wissenschaftliches schreiben und …

013 umgangslehren zum computer

010 tipps zur schreibgruppen-gründung

und schon jetzt kann ich ankündigen, dass bald eine rubrik eröffnet wird, die sich mit der verhinderung des schreibens beschäftigt.

die rubriken „xy und …“ sind noch einmal gesondert hier aufgelistet: https://schreibschrift.wordpress.com/suchhilfe-fur-den-blog/ (die kombinationen in die suchfunktion des blogs eingeben und schon findet sich der passende artikel)

viel spaß beim lesen

christof zirkel

100 „wortklaubereien“ aus diesem blog

worte, werbung, wortwendungen, polit- und beratersprech – ein weites feld, in dem sich immer wieder begrifflichkeiten oder aussagen finden, die absurd, fragwürdig, irrwitzig oder einfach nur kracher sind. ich fühle mich nicht als saubermann der deutschen sprache – ich greife nur gern skurriles auf (auch wenn es nicht tagesaktuell ist) und versuche, es auseinander zu klauben. nun sind die 100 klaubereien voll, darum hier eine linksliste zu den verschiedenen auffälligkeiten:

wortklauberei (01): „tiefkühlkost“
wortklauberei (02): „seitenflügel“
wortklauberei (03): „ausbildung“
wortklauberei (04): „zeitnah“
wortklauberei (05): „wellness“
wortklauberei (06): „mit dem wort links habe ich keine berührungsängste“
wortklauberei (07): „wintereinbruch“
wortklauberei (08): „verantwortungsloses system“
wortklauberei (09): „dienstleistungsgesellschaft“
wortklauberei (10): „garnier-koffein-augen-roll-on“
wortklauberei (11): „finanzmarktstabilisierungsanstalt“
wortklauberei (12): „die genuss-molkerei“
wortklauberei (13): „schicksalsreportage“
wortklauberei (14): „handy“
wortklauberei (15): „rauschtrinken“
wortklauberei (16): „clashen lassen“
wortklauberei (17): wort des jahres: „finanzkrise“
wortklauberei (18): „kinderleicht-regionen“
wortklauberei (19): „… dass niemals wieder ein vorstandsvorsitzender der deutschen bank ein renditeziel von 25 prozent vorgibt“
wortklauberei (20): „kampfmittelbeseitigung“
wortklauberei (21): unwort des jahres: „notleidende banken“
wortklauberei (22): „always ultra mit secure guard schutzkonturen“
wortklauberei (23): „ein herz für erzeuger“
wortklauberei (24): „eine neue zeit beginnt. wir sind bereit.“
wortklauberei (25): „in dieser unendlichen weite des tabellen-ozeans“
wortklauberei (26): „cesar – zeig deine liebe“
wortklauberei (27): „wir werden das konjunkturtal überwinden“
wortklauberei (28): „up-&-awake-pads“
wortklauberei (29): „athletisches design“
wortklauberei (30): „zwei leben. eine liebe. sheba“
wortklauberei (31): „karriere lounge“
wortklauberei (32): „creativ catering“
wortklauberei (33): „bunte eier aus bodenhaltung“
wortklauberei (34): „das stinkt doch nach pfusch“
wortklauberei (35): „schicken sie ihren gaumen auf weltreise“
wortklauberei (36): „bossnapping“
wortklauberei (37): „bad bank“
wortklauberei (38): „sei welt – sei meister – sei berlin“
wortklauberei (39): „stück für stück ins homoglück“
wortklauberei (40): „gesundheitskasse“
wortklauberei (41): „endlich gibt es tempo auch als toilettenpapier“
wortklauberei (42): „trendwende“
wortklauberei (43): „internationaler tag des kusses“
wortklauberei (44): „frauenpolitik & genderpolitik in der friedrich-ebert-stiftung“
wortklauberei (45): „basisfahrplan“
wortklauberei (46): „analog-käse“
wortklauberei (47): „kundenlebenswert“
wortklauberei (48): „dienstleistungsbereitschaft“
wortklauberei (49): „du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“
wortklauberei (50): „sprachbox“
wortklauberei (51): „black puty”
wortklauberei (52): „eine gute id“
wortklauberei (53): „unsere kommune ist demenzfreundlich“
wortklauberei (54): „millionisieren”
wortklauberei (55): „verschwulung des bezirks“
wortklauberei (56): „wutbürger“
wortklauberei (57): „wahre liebe kribbelt nicht. sie brutzelt.“
wortklauberei (58): „neujahr“
wortklauberei (59): „der vorsatz“
wortklauberei (60): „amt warnt vor asthma durch babyschwimmen“
wortklauberei (61): „abends mit gesundem gemüse kochen“
wortklauberei (62): „thailändisches überschwemmungsamt“
wortklauberei (63): „die unnötigen zeilenumbrüche des nachrichtentextes wurden automatisch entfernt“
wortklauberei (64): „transformationspartnerschaft“
wortklauberei (65): „lebensqualität“
wortklauberei (66): „eine entscheidung der konsequenz“
wortklauberei (67): „stumpfsinn“
wortklauberei (68): „grenzwert“
wortklauberei (69): „warnschussarrest“
wortklauberei (70): „mozarella in „herzli“-form zum muttertag“
wortklauberei (71): „angsthase“
wortklauberei (72): „eifersucht“
wortklauberei (73): „rumgurken“
wortklauberei (74): „lehruntauglich“
wortklauberei (75): „nicht kirchensteuerpflichtig = vd“
wortklauberei (76): „smartbucher“
wortklauberei (77): „schlichtgefieder“
wortklauberei (78): „lasst benni nicht im heim sterben”
wortklauberei (79): „sozialer patriotismus“
wortklauberei (80): „schmutzfangmatten“
wortklauberei (81): „krümelschutz“
wortklauberei (82): „bundestrojaner“
wortklauberei (83): „dumpf-muffiger fehlton“
wortklauberei (84): „flexiquote“
wortklauberei (85): „schuldenschnitt“
wortklauberei (86): „un-möglich“
wortklauberei (87): „un-gehalten“
wortklauberei (88): „auf der grundlage eines festen kompasses“
wortklauberei (89): „der breite widerstand ist friedlich“
wortklauberei (90): „selbstausfragung“
wortklauberei (91): „kochblockade“
wortklauberei (92): „care-verpflichtungen“
wortklauberei (93): „verfassungsschutz“
wortklauberei (94): „globalzufriedenheit“
wortklauberei (95): „ausgeflöckel“
wortklauberei (96): „for you. vor ort“
wortklauberei (97): „ehrensold“
wortklauberei (98): „einschaltquote“
wortklauberei (99): „billiges geld“
wortklauberei (100): „fettstufe“

viel spaß damit!

wortklauberei (100)

„fettstufe“

da der wahnsinn um kohlehydrate und fettstufen erst so richtig beginnt, greife ich zurück auf altes, bekanntes und lyrik, um dem begriff „fettstufe“ ein angemessenes gewand zu geben (in anlehnung an hermann hesse):

(fett-)stufen

wie jede butterblume welkt und jede jugend
dem alter weicht, blüht jede fett´ge stufe
blüht jedes diät-reif auch und jede tugend
zu ihrer zeit und darf nicht ewig dauern.
es muss das herz bei jedem fetten rufe
bereit zum abschied sein und neubeginne,
um sich in tapferkeit und ohne trauern
in andre, neue ernährung zu geben.
und jedem anfang wohnt ein zauber inne,
der uns verdickt und der uns hilft, zu fetten.

wir sollen heiter raum um raum durchschreiten,
an keinem wie an einer pommes hängen,
der schmalzgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns stuf´ um stufe heben, weiten.
kaum sind wir heimisch einer geschmacksweise
und traulich eingewohnt, so droht erschlaffen,
nur wer bereit zum nachtisch ist und reise,
mag lähmender gewöhnung sich entraffen.

es wird vielleicht auch noch die todesstunde
uns neuem essen jung entgegen senden,
des fettes ruf an uns wird niemals enden …
wohlan denn, herz, nimm abschied und infarkte!

wortklauberei (99)

„billiges geld“

jupp, wieder etwas doppeldeutiges. also erst lernt das kind, geld ist geld, und dinge kosten davon einiges, wenn man sie haben möchte. es gibt festpreise und schnäppchen. beim billigen einkaufen zahlt man wenig für viel. doch dann kamen findige köpfe aus den ökonomie-zonen auf eine idee: warum die preise senken, man kann ja auch das geld billiger machen. die einen nennen es inflation, wenn es für das geld nichts mehr gibt, es nichts mehr wert ist. die anderen nennen es „billiges geld“, wenn das geld weniger kostet aber gleich viel wert ist.

es klingt wie die quadratur des kreises. gehen sie einmal in ihre bank und sagen am schalter: „ich hätte gern fünfzig euro für zwanzig euro.“ ihnen wäre zu ohren gekommen, es gebe von der ezb billiges geld. da wird man ihnen sagen, dass sie das nicht bekommen, sondern nur die banken. und das geld sei nicht billiger, nur die zinsen, die man für das geliehene geld zahlen müsse. sie beliefen sich auf ein prozent. „oh, da nehme ich auch was von. ich hätte dann gern einhundert euro zu einem prozent zinsen.“ und abermals wird die bank ihnen erklären, das gehe so nicht. es solle doch nur der stützung des marktes dienen, damit die banken genug geld hätten, um es zu mehr zinsen weiterverleihen zu können und zu wollen. sie sagen abermals, das würde ich auch gern machen. ich leihe mir also bei ihnen 200 euro zu einem prozent zinsen und verleihe es wieder zu drei prozent zinsen (damit liege ich allemal unter ihren konditionen).

doch auch in diesem moment versteht ihre bank keinen spaß. sie wird ihnen erklären, dass sie das nicht dürfen. da haben sie noch eine frage: „wenn ich das richtig verstanden habe, dann bekommen sie als bank billiges geld, da ich einen großen teil meines geldes wiederum an den staat gebe, der es der ezb gibt, die es billig an sie weitergibt? dann ist es doch nur für sie billig, mich kommt es aber teuer zu stehen?“ da hätte man etwas falsch verstanden, werden sie ihnen sagen. würde das nämlich nicht geschehen, würde sie als bank keine kredite mehr vergeben. sie sagen nur noch einen satz: „dann haben sie ihren beruf verfehlt.“ und am nächsten tag schreiben sie an den finanzminister, sie wollten ihr billiges geld zurück, es würde ja unter wert vergeben, sie hätten dafür aber ganz schön geschuftet.

sie können sicher sein, ab diesem moment wird man sie für nicht mehr geschäftsfähig erklären, sie als verrückten einordnen. und dabei hatten sie doch nur als kind gelernt, dass geld zwar wert verlieren kann, aber nicht billiger werden kann. so hatten sie nicht gewettet, als sie steuern als gesellschaftlichen beitrag befürworteten, nun sind sie nur noch ein finanzgesellschaftlicher beitrag 😡

wortklauberei (97)

„ehrensold“

ich will auch bundespräsident werden, also zumindest für anderthalb jahre. ich wüsste auch, was ich für reden halten würde, es gäbe manches zu sagen. wenn ich das schön durchhalte, dann bekomme ich einen „ehrensold“. das ist ein seltsames wort. es geht wohl davon aus, dass menschen in der position eines bundespräsidenten per se ehrenhaft sind, sonst wären sie nicht bundespräsident geworden. im ränkespiel der parteien eine etwas übertriebene vorstellung.

und irgendwie steckt da auch die vorstellung drin, dass man als bundespräsident anscheinend der wehrpflicht unterliegt oder „teil der truppe“ ist. wie käme sonst jemand auf die idee, es „sold“ zu nennen. jetzt steht natürlich die frage im raum, für was denn ehemalige bundepräsidenten gekämpft haben? aber vielleicht leisten sie zivildienst, da bekam man ja auch „sold“. man bekam sogar ein häufchen geld, wenn der dienst beendet war. wäre hübsch gewesen, wenn man es „ehrensold“ genannt hätte, bei dem knochenjob, den man gemacht hatte.

und noch schöner wäre es gewesen, wenn man über eine ähnlich hohe abfindung monatlich verfügen könnte. da wäre das häuschen, das man sich nach dem zivildienst gekauft hat, schnell abbezahlt. oh, das klingt jetzt nach sozialneid. stimmt, man möchte nicht zum bundespräsidenten werden, man möchte die rolle gar nicht übernehmen, allein der terminkalender, der einen da durch die gegend scheuchen wird.

aber doch impliziert das wort etwas, nämlich „ehre“. und da wird es auch schwierig. es ist ein sehr altbackener begriff, der schwammig daherkommt. meist wird auch dieser begriff im zusammenhang mit dem militär gebraucht, abgesehen vom ehrenamt. ehrenamtlich tätige dürfen eine aufwandsentschädigung erhalten, die in berlin zum beispiel für jeden geleisteten dienst den wert von zwei bvg-tickets umfasst für die fahrt hin und zurück.

gut es gibt ehrenämter, da wird mehr aufwandsentschädigung gezahlt, aber es darf eben kein gehalt sein. bei 200 000 euro im jahr, kann es sich aber nicht mehr um eine aufwandsentschädigung handeln (vor allen dingen nicht wenn im nachhinein bezahlt wird). wer in der glücksspirale oder in anderen lotterien die „rente“ gewinnt, liegt immer noch locker unter dem „ehrensold“. nein, es ist wahrscheinlich kein sozialneid – es ist die frage nach der verhältnismässigkeit zwischen leistung und entlohnung auf lebenszeit. hier werden durch den ehrensold viele ehrhaften tätigkeiten entehrt. wir leben da wohl über unsere verhältnisse.

wortklauberei (95)

„ausgeflöckel“

mei, is unser wetter putzig. da stehen sie vor ihren deutschlandkarten, zeigen uns kleine windige pustereien in der animation, zählen temperaturen, sonnenstunden oder auch regenmengen schön zusammen, wie in der grundschule, und berichten eben von „ausgeflöckel“, das noch aus den restwolken auf uns hernieder schweben wird. es ist schon *klatsche, klatsche in die hände* ein wenig wie auf dem kindergeburtstag, wie sie mit uns reden.

nur noch eine berufsgruppe schafft es so hübsch, einem das gefühl zu geben, ein wenig minderbemittelt zu sein und ohne diese sprache nichts zu kapieren: psychologInnen. ich erinnere mich da an lehrfilme über familienaufstellungen. da wurde dem gesagten durch eine sprachmelodie und *klatsche, klatsche in die hände* durch die putzige wiederholung des gesagten mit den klientInnen gesprochen, wie mit kleinen kindern. es erinnert an das blicken in den kinderwagen, an das „putzi, putzi“ und vor allen dingen an die tatsache, dass ein baby das natürlich noch ganz ansprechend findet und begeistert reagiert. dies wiederum steigert die begeisterung der erwachsenen *klatsche, klatsche in die hände*.

peinlich wird es aber, wenn man nicht mehr realisiert, dass man vor lauter ausgeflöckel, in den sandkasten zurückgerutscht ist. da möchte man als zuschauer auf die kleinen fingerchen hauen und immer wieder flöten „nein, schön die finger davon lassen! nein, du sollst da nicht hinfassen! naheeein!“. aber die hören einen nicht, ebensowenig, wie die erwachsenen beim blick in den kinderwagen sich selber hören. putzi, putzi, heute gibt es wieder ein wetterchen mit ausgeflöckel 😉

wortklauberei (94)

„globalzufriedenheit“

natürlich ist es werbung (und nicht ein ergebnis der sicherheitskonferenz in münchen), in der anscheinend bei der befragung der kunden der spitzenplatz bei der „globalzufriedenheit“ eingenommen wurde. doch was ist das? bedeutet dies, dass die menschen rundum zufrieden sind (da ja der globus eine kugel ist)? oder bedeutet dies, dass menschen auf dem ganzen globus mit dem angebot zufrieden sind? und was wäre dann „globalunzufriedenheit“? etwa die stimmung nach der letzten uno-sitzung?

mir scheint, die globalzufriedenheit ist etwas ähnliches wie mega-sauberkeit oder turbo-preise oder ultra-leicht. denn anders erschließt sich das wort nicht. jedoch bietet es perspektiven für zukünftige wortschöpfungen, die unsere erde einbeziehen. globalsauberkeit wäre der begriff, wenn der umweltverschmutzung einhalt geboten wurde. oder globalsattheit würde bedeuten, dass alle menschen zu essen haben. nur bei globaleitelkeit oder globalverlässlichkeit kann ich mich noch nicht so ganz entscheiden, wo ich die worte einordnen sollte.

also global betrachtet ist globalzufriedenheit ein ganz schön anmaßender begriff. gesteigert werden kann er wahrscheinlich nur noch mit planetarischer zufriedenheit oder (welt)allzufriedenheit. doch in diesem moment müssten wir erst einmal mit den anderen wesen in den unendlichen weiten kommunizieren können. das dürfte aber dem schöpfer dieses wortes nicht so schwer fallen, handelt es sich doch um ein telekommunikationsunternehmen. da passt dann doch wieder alles 🙂 .

wortklauberei (93)

verfassungsschutz

„freiheitlich demokratische grundordnung“ ist das zauberwort. wer dagegen agiere und sich äußere, der oder die sei beobachtungswürdig, lassen die vertreterInnen des verfassungsschutzes verlauten. und wie vorgestern im fernsehen zu vernehmen war, sei die unterstellung man sei auf dem rechten auge blind, eine unverschämtheit. wie das mit phrasen so ist, sollten sie gefüllt werden, bevor ein urteil gefällt wird.

wir haben eine verfassung und daraus folgend eine „freiheitlich demokratische grundordnung“. doch ab welchem moment agiere ich dagegen? ab dem moment, ab dem ich mich für politisches und soziales asyl einsetze? ab dem moment, ab dem ich mich gegen so genannten „turbo-kapitalismus und globalisierung“ wehre? vor wem schützt der verfassungsschutz die verfassung?

in erster linie vor menschen, die sich für eine humanere, sozialere und solidarischere welt einsetzen. leider werden nicht die beobachtet, die in den letzten jahren immer wieder unser grundgesetz angetastet haben. auch nicht die, die vom verfassungsgericht mit brief und siegel das urteil erhalten haben, dass sie gegen unsere verfassung mit ihren gesetzgebungen und verordnungen verstoßen. es geht eben nicht um die „freiheitlich demokratische grundordnung“, es geht um den status quo, der nicht zu großen veränderungen unterworfen sein soll.

der zweite absatz des artikels 14 sagt aus: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. nirgends im grundgesetz und unserer verfassung steht, dass ein agieren gegen die kapitalistische grundordnung gleichzeitig ein agieren gegen die freiheitlich demokratische grundordnung sei. sehr wohl steht aber im grundgesetz, dass niemand aufgrund der herkunft, der religion, der politischen anschauung oder des geschlechts benachteiligt werden darf, ja ein recht auf körperliche unversehrtheit hat.

wenn also diskutiert wird, was ein verfassungsschutz zu schützen hat, dann sollte auch diskutiert werden, was unser grundgesetz eigentlich sagt, denn nur dieses kann grundlage der „freiheitlich demokratischen grundordnung“ sein und nicht die verfasstheit politischer führung. es zeigt sich jedenfalls in der debatte, dass wortungetüme kaum mehr hinterfragt werden, sondern die definitionsmacht bei der schutzbehörde liegt. und es zeigt sich, wie weit unsere gesellschaft von der eigenen verfassung entfernt ist, ganz abgesehen von den menschenrechtskonventionen.