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„goethe ruft an“ von john von düffel – ein buchtipp

ein sehr amüsantes buch. vor allen dingen menschen, die schreibpädagogisch, schreibdidaktisch tätig sind oder die schreibgruppen anleiten, werden ihren spaß mit diesem buch haben. aber auch menschen, die schon einmal an schreibgruppen teilgenommen haben, kommen auf ihre kosten. auf dem buchumschlag des buches „goethe ruft an“ von john von düffel steht, es handle sich um „eine komödie über die jagd nach erfolg“.

davon handelt das buch sicherlich auch. aber noch viel mehr spaß machten mir die gedanken und auslassungen zum schreiben an sich. ein schriftsteller mit einer schreibblockade übernimmt die anleitung einer leicht „elitären“ schreibgruppe für einen sehr erfolgreichen schriftstellerkollegen. einer der erfolge des kollegen ist seinem konzept des „leichtschreibens“ geschuldet. verstrickungen, verwicklungen und eifersüchteleien sind der hintergrund vor dem sich die humorvolle tragik der suche nach dem perfekten text, dem perfekten buch abspielt.

wie findet man den genialen ersten satz eines buches? wie schreibt man, wenn man nicht ganz zu dieser welt gehört? wie geht „tiefschreiben“? wie baut man distanz zu seinen literarischen vorbildern auf? warum möchte man schriftsteller bleiben, wenn man erfolglos ist? diese und viele andere fragen werden enorm humorvoll ausgebreitet und erörtert. dazu kommen die verschiedenen charaktere, angefangen beim scheiternden hauptakteur über den allwissenden kollegen, den frustrierten literaturkritiker, die bestsellerautorin von „bahnhofsbuchhandlungs-büchern“, die aketische lyrikerin und ihr homosexueller mann, die der geschichte noch eins draufsetzen.

ein lesenwertes buch, eine schöne satire. das buch ist 2011 im dumont buchverlag in köln erschienen. ISBN 978-3-8321-9649-3 .

„zehn geschichten übers rauchen“ von stuart evers – ein buchtipp

im zeitalter der gesundheits- und körperpolizei ist es mutig ein buch über das rauchen zu schreiben, zumindest den hinweis auf die sucht im titel zu tragen. wenn man in die zehn geschichten einsteigt, wird man sowohl enttäuscht als auch überrascht. enttäuscht, da das rauchen zwar in stories auftaucht, aber nicht in der direktheit, in der man es erwartet hätte.

überrascht wird man von den geschichten. es sind vielfältige, verschiedene und vor allen dingen intensive kurzgeschichten, die jede für sich einen eigenen kosmos eröffnet. der mensch in all seinen höhen und tiefen wird abgebildet, spannung entsteht und oft genug werden der melancholie und der liebe raum gegeben. und immer wieder wird zur zigarette gegriffen.

da schiebt sich von geschichte zu geschichte der glimmstengel in den vordergrund, spielt eine rolle, dient der anbahnung einer romanze, und endet im unvermeidlichen tod. die zigarette als verknüpfungspunkt der seelen, also doch wieder eine gewagte blickrichtung. stuart evers schafft es mit „zehn geschichten übers rauchen“ leselust zu erzeugen, zu erfreuen und zu enttäuschen, man lebt mit seinen heldInnen mit. einfach nur ein schlichter, kurzer genuss, wie die letzte fluppe – die reue kommt später 😉

das buch ist 2011 in der frankfurter verlagsanstalt in frankfurt am main erschienen. ISBN 978-3-627-00176-6

„reisen im skriptorum“ von paul auster – ein buchtipp

es handelt sich bei dem buch um keine neuerscheinung, eigentlich kommt es vom grabbeltisch der mängelexemplare. doch das bedeutet eigentlich nichts, bücher können ja zeitlos sein. die geschichte, die paul auster in seinem buch „reisen im skriptorum“ erzählt, könnte jeden menschen treffen, der schreibt. plötzlich wacht man auf und fragt sich wo man ist. es fehlen einem im ersten moment die worte für die eigene situation, das umfeld ist unklar.

das ganze hat etwas bedrückendes. handelt es sich um alzheimer oder andere altersgebrechen? oder handelt es sich um einen traum, den man gerade nicht verlassen kann? auster entblättert in seiner geschichte stück für stück, dass die situation des erzählers wohl mit dem schreiben von geschichten und romanen zu tun hat. so langsam erkennt der schreibende, dass er die personen, die ihn pflegen und versorgen kennt, ebenso wie seine besuche. doch er weiß nicht genau, woher er sie kennt. so viel sei geschrieben, es sind die geister, die er rief.

während des lesens wird einem bewusst, dass es sich um mehr als eine altenpflegestation handeln muss, dass der erzähler gefangen ist in einem wirrwarr aus ungereimtheiten, deren grundlagen er immer mehr auf die spur kommt. man ahnt, wer die personen um ihn herum sein könnten. man ahnt es darum, da sie ihm so viele vorwürfe machen, da er so viel macht über sie hatte. doch den schluss der geschichte kann man nicht ahnen. er gibt dem ganzen geschehen eine fiese note.

ein buch, das einen hineinzieht in eine welt der bedürftigkeit und hilflosigkeit. ein buch, das einen ebenso lang im unklaren lässt, wie den protagonisten. und ein buch, das am schluss die frage entstehen lässt, woher eigentlich die eigenen geschichten und personen beim schreiben von geschichten und romanen kommen. eine schöne story für zwischendurch. das buch ist 2007 bei rowohlt in reinbek bei hamburg erschienen. ISBN 978-3-498-00074-5

„muße“ von ulrich schnabel – ein buchtipp

ein buch mit klaren botschaften: es ist kein wunder, dass wir heute so gestresst sind und unter termindruck stehen. dagegen kann man etwas unternehmen, aber das ist nicht ganz leicht. die gesellschaft verlangt bestimmte verhaltens- und vorgehensweisen und sich konträr dazu zu verhalten kann abwertungen und sanktionen nach sich ziehen. doch es zeigt sich, viele entdeckungen in den wissenschaften und literarische „genie“streiche gingen einher mit mußestunden der entdeckerInnen und schriftstellerInnen. wahrscheinlich ist muße notwendig, um „kreativ“ sei zu können.

der vollständige titel des buches von ulrich schnabel benennt die hauptbotschaft: „muße – vom glück des nichtstuns“. schnabel schildert, wie schön es sein kann, nichts zu tun. damit meint er aber nicht, sich in eine vollständige „leere“ katapultieren zu müssen, sondern es auszuhalten, den dingen und gedanken ihren lauf zu lassen und weder einzugreifen, noch zu kontrollieren oder es im griff haben wollen. dabei wird ein historischer abriss der rolle der muße ebenso mitgeliefert wie die aktuelle gesellschaftsanalyse mit ihrer „muße-feindlichen“ struktur. schnabel geht außerdem der frage nach, woher diese muße-feindlichkeit kommt.

leider beruft sich auch ulrich schnabel, bei seinen versuchen die funktion der muße und ihre vorteile zu begründen, auf die neurowissenschaften und die neuropsychologie. das wäre überhaupt nicht notwendig gewesen und wirkt, wie wenn es einen rechtfertigungsdruck gäbe, der nur mit naturwissenschaftlichen erkenntnissen zurückgewiesen werden kann. das ist schade, denn zwischendurch blitzen immer wieder die gesellschaftstheoretischen begründungen für die abschaffung der muße durch (z.b. woher kommt die aussage „zeit ist geld“ und warum entfaltete sie so eine große wirkung?), denen eigentlich nur mit gesellschaftlichen (also auch politischen) veränderungen begegnet werden kann.

denn schnabel möchte nicht, dass praktiken der muße dafür verwendet werden, noch effizienter zu sein, noch leistungsstärker zu werden und die muße wieder in ihr gegenteil zu verkehren. er plädiert für eine generelle veränderung, da wir sonst bald die grenzen unserer möglichkeiten und kräfte erreichen. ein spannendes buch, das zu diskussionen anregt und hinweise gibt, wie man für sich eine „zeit der muße“ schaffen kann. mich hat der autor damit gewonnen, dass er die frühaufsteher-kultur kritisch beleuchtet und ein hohes lied auf den schlaf singt 😉

das buch ist 2012 im pantheon verlag erschienen. isbn 987-3-570-55175-2

„wozu lesen?“ von charles dantzig – ein buchtipp

dieses buch ist eine wunderbare ergänzung zu ecos und carrières buch „die große zukunft des buches“. entpuppen sich eco und carriére als büchersammler und -liebhaber, als bibliophile, so ist charles dantzig der ultimative leser. jemand der nicht aufhören kann, beständig zu lesen. seine passion begann als kind. es war der versuch, der erwachsenenwelt näher zu kommen, es den erwachsenen gleich zu tun, in der hoffnung ebenso viel macht über den alltag zu erlangen. dies stellte sich zwar erst einmal als trugschluss heraus, doch es entstand eine lust an der literarischen einkehr. und es stellt eine provokation dar.

so schreibt danzig unter der überschrift „lesen, um sich abzusondern“: „lesen ist ein schwerer fall von selbstabsonderung. ich behaupte, man liest gerade, um sich abzusondern. skandalös! es hat mich immer schon erstaunt, welcher abscheu lesenden menschen, ich meine echten büchernarren, entgegenschlägt. ich selbst wurde von frühester jugend an dafür gehasst, wie ich war, weil ich diesen eigenartigen lesehunger verspürte, … in paris spaziere ich häufig lesen die rue de rennes entlang. seit einigen jahren sind dort … menschen postiert, die umfragen machen. ich kann mich fest darauf verlassen, dass mich einer von ihnen darum bitten wird, ein paar fragen zu beantworten. dabei deutet meine ganze haltung auf innere einkehr hin. ich sehe darin einen feindseligen und gehässigen akt gegen meine person. diese leute vertreten das uniforme denken, gott weiß, dass umfragen eine form von uniformem denken sind. kein wunder, dass sie den anblick von menschen, die ihre einsamkeit offenkundig genießen, nicht ertragen können.“ (s. 78)

und so entpuppt sich charles dantzig in seinem buch „wozu lesen?“ als verfechter des ungestümen, ungebremsten beinahe süchtigen lesens. er erteilt in kleinen, kurzen betrachtungen zu vielen verschiedenen aspekten des lesens zum beispiel pädagogischen zielen des lesens eine abfuhr. denn leserInnen können auch weiterhin mörderInnen sein, diktatorInnen oder despoten sein. sie können es aber auch sein, wenn sie nicht bücher lesen. es stimmt laut dantzig also nicht, dass lesen bildet, dass man beim lesen automatisch lernt. er betrachtet das lesen aus allen blickwinkeln: „lesen verändert uns nicht“, „lesen, um sich auszudrücken“, „lesen, um die buchmitte zu überwinden“, „lesen, um sich zu widersprechen“ oder „lesen, um sich zu verjüngen“ und „lesen als laster“ lauten beispielhaft die überschriften.

ein amüsantes buch für vielleserInnen. denn man fühlt sich bestätigt in all seinem tun und denkt während des lesens: „jawoll ja, er hat ja so recht.“. und man entdeckt am eigenen lesen noch so viel interessantes, das man bis zu dieser lektüre noch gar nicht bedacht hatte. hier meine antwort auf die frage „wozu lesen?“: „wegen diesem buch!“.
das buch ist 2011 im lagerfeld, steidl, druckerei verlag in göttingen erschienen. ISBN 978-3-86930-366-6

„schreibdenken“ von ulrike scheuermann – ein buchtipp

Schreiben und Denken statt Denken und dann Schreiben

In ihrem neuen Buch bricht Ulrike Scheuermann die Lanze für eine umfassende Schreibdidaktik an Hochschulen, an Schulen oder in anderen Aus- und Fortbildungsinstitutionen. Der Titel des Buches gibt dabei schon die Richtung vor „Schreibdenken – Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln“.

Bis heute ist bei uns die Auffassung verbreitet, dass man erst denken und dann reden (oder hier, schreiben sollte). Doch laut Scheuermann ist das oft ein recht ideenloser, anstrengender Prozess, der durch die Umkehrung der Abläufe erfrischt werden kann. Denn wenn wir schreiben, dann denken wir gleichzeitig. Eigentlich denken wir den ganzen Tag, jede Millisekunde ein Gedanke, doch wir vertrauen unseren spontanen Gedanken wenig. In ihrem Buch zeigt die Autorin Wege auf, wie wir durch das Schreibdenken zu einer sprudelnden Quelle von Ideen und Formulierungen werden können. Der Effekt besteht darin, dass uns Schreibprozesse, die wir tagtäglich in Beruf und Wissenschaft durchlaufen, leichter fallen, unsere Texte interessanter und lesbarer werden.

Um an diesen Punkt des Schreibdenkens zu kommen, offeriert Ulrike Scheuermann ein Bündel an Informationen und praktischen Übungen. Sie beginnt mit der Erläuterung, was Schreibdenken überhaupt ist, wie es wirkt und wo es angewendet werden kann. Dann gibt sie den LeserInnen durch die Darstellung von Schreibtypen und Schreibprozessen ein Werkzeug an die Hand, die eigene (Schreib)Situation aufzuschlüsseln. Im Anschluss zeigt sie Methoden auf, die man für sich selbst oder als Lehrende in Seminaren anwenden kann. Der „Methodenkoffer“ bietet für jede Situation ein Anregung, das Schreibdenken in die eigenen Arbeits- und Schreibprozesse zu integrieren. Zum Schluss wird in dem Taschenbuch der Reihe „Kompetent lehren“ noch einmal gesondert auf die Möglichkeiten, das Schreibdenken in der Lehre anzuwenden, von der Autorin eingegangen.

Das Buch ist sehr verständlich geschrieben, die Anleitung der Übungen kann man leicht nachvollziehen und man hält einen Ratgeber im positiven Sinne in der Hand. So geht das Buch über den Gedanken des kompetenten Lehrens hinaus und animiert zum Selbstcoaching. Zum Kennenlernen des Schreibdenkens und zum Ausprobieren oder Umsetzen dieser Praxis lohnt sich der Kauf des Buches. Ich hoffe, dass sich das Schreibdenken in den Schulen und Hochschulen so etabliert, wie es Ulrike Scheuermann formuliert.

Diskussionswürdig finde ich jedoch die Begründungen, weshalb Schreibdenken sinnvoll und notwendig sei. Hier hat sich für mich ein Widerspruch ergeben. Als jemand, der sehr viele positive Erfahrungen bei Gruppenarbeiten und -diskursen gemacht hat, kann ich die Vorstellung, Gruppenideenfindungen und -diskurse würden Ausweichverhalten bestärken, nicht nachvollziehen. Es scheint mir, wie wenn es eher eine Kritik an den Lernbedingungen unserer Bildungsinstitute mit überfüllten Seminaren und Vorlesungen sein müsste. Und es scheint mir, wie wenn die Autorin dem selbst nicht vollständig folgt, da sie im Methodenkoffer wieder wunderbare Vorschläge für Gruppenarbeiten macht. Wahrscheinlich ist alles eine Frage der Umsetzungen und Absprachen in Lehrveranstaltungen. Auch hierfür macht Scheuermann sehr hilfreiche Vorschläge.

Da die Begründungen für den Einsatz des Schreibdenkens nichts an den vielen Ideen und Umsetzungsmöglichkeiten des Buches ändern, ist es ein äußerst empfehlenswertes Praxisbuch, sich anstelle des erst Denkens und dann Schreibens für das gleichzeitige Schreiben und Denken zu entscheiden.

Das Buch ist 2012 im Verlag Barbara Budrich in Leverkusen Opladen erschienen. ISBN 978-3-8252-3687-8.

vier jahre schreibschrift-blog und die rubriken

im laufe der zeit sammelten sich rubriken an, die nicht weniger werden, sondern weiter anwachsen:

352 schreibideen

169 biografisches schreiben und …

160 kreatives schreiben und …

157 selbstbefragungen

143 schreibpädagogik und …

115 schickschnacks

105 web 2.0 und …

101 listen

101 wortklaubereien

085 web 2.xy – webtipps

083 buchtipps

062 nabelschauen

054 schreibberatung und …

025 schreibaufgaben

025 wissenschaftliches schreiben und …

013 umgangslehren zum computer

010 tipps zur schreibgruppen-gründung

und schon jetzt kann ich ankündigen, dass bald eine rubrik eröffnet wird, die sich mit der verhinderung des schreibens beschäftigt.

die rubriken „xy und …“ sind noch einmal gesondert hier aufgelistet: https://schreibschrift.wordpress.com/suchhilfe-fur-den-blog/ (die kombinationen in die suchfunktion des blogs eingeben und schon findet sich der passende artikel)

viel spaß beim lesen

christof zirkel

jugend in deutschland aus tagebüchern, briefen und dokumenten – ein buchtipp

die wiedergabe des titels dieses buches wäre nur das zitat eines zitats gewesen und hätte auf die falsche fährte gelockt. darum habe ich dieses mal die unter-über-schrift gewählt, um einen hinweis auf das spannende werk zu geben. eigentlich handelt es sich um das buch „“wir wollen eine andere welt“ – jugend in deutschland 1900 – 2010 – eine private geschichte aus tagebüchern, briefen, dokumenten“. zusammengestellt hat das buch fred grimm.

wenn man mit hilfe von persönlichen zeugnissen in ein jahrhundert eintaucht, dann stellt man fest, wie viel sich in dieser zeit verändert hat und wie viel sich ständig wiederholt. schon anfang des 20ten jahrhunderts echauffierten sich die gesellschaft und die moralwächter über junge menschen (die halbstarken), die um die häuser zogen und tranken. diese debatten haben wir hundert jahre später wieder. war es früher die kirche, die aufsässigkeit sündig fand, haben wir heute die institutionen der drogenbeauftragen und der bundeszentrale für gesundheitlich aufklärung.

oft könnte man glauben, es gebe keine generationskonflikte mehr, zu viel sei friede, freude, eierkuchen, aber das buch zeigt, dass immer wieder jugendliche haltungen einnehmen, die ältere generationen nicht mehr oder schwer nachvollziehen können. und es zeigt sich auch, dass unsere gesellschaft um kinder ein unglaubliches aufhebens machen, bei jugendlichen meist überhaupt kein verständnis mehr zeigt.

doch noch unter einem ganz anderen aspekt ist dieses buch höchst spannend: beim biografischen schreiben kann man es durch zeitzeugnisse wunderbar nutzen, um in die vergangenheit einzutauchen. können sie sich noch erinnern, was sie in ihrer jugend besonders bewegte? das buch gibt unzählige anregungen, ja es vermittelt sogar die stimmung in der jugendzeit ihrer eltern. es zeigt ebenso die ängste und nöte bestimmter generationen, es macht vergangenes verständlicher.

die beinahe-gegenwart kommt ein wenig kürzer in dem buch vor, aber das macht nichts, denn man kann sie im internet oder in den „shell-studien“ finden. wer wissen will, wie sich jugendliche heute fühlen, sollte sie einfach fragen 😉 . das buch ist bei tolkemitt bei zweitausendeins in frankfurt am main 2010 erschienen. ISBN 978-3-942048-17-0

„auf sie mit idyll“ von wiglaf droste – ein buchtipp

wie der vollständige titel des buches „auf sie mit idyll – die schöne welt der musenwunder“ schon sagt, finden sich darin kurze und etwas längere texte, die sich vor allen dingen der literatur aber auch sonst den schönen künsten und dem schönen leben zuwenden. wiglaf droste berichtet darin von seiner zeit als stadtschreiber in rheinsberg, portätiert krimiautoren und widmet sich den aktuellen politischen entwicklungen.

aber vor allen dingen beschäftigt sich droste mit dem gebrauch unserer sprache. er kommt in fahrt, wenn er das gefühl hat, dass sprache verhunzt wird, dass sie verschleiern und verstecken soll. und er hat keine hemmungen, eigene sprachkreationen (und kleine bösartigkeiten) in den text einfließen zu lassen. eine sehr amüsantes buch, das einen animiert, gleich selber zum stift zu greifen und sich der glosse zu zu wenden.

gewürzt wird ein teil der texte mit kleinen zwei- oder vierzeilern, mit einer „hymne auf die lesebrille“ oder eben solchen rhythmischen und direkten aussagen wie „das leben muss weggelebt, wachheit ist der schlüssel, und ohne klare bewusstsein ist alles nur tran und dschumm und pooftütentum.“ (droste über die erkenntnisse von janwillem van de wetering). ein durch und durch empfehlenswertes buch für menschen, die während des lesens gern lachen. es ist 2011 bei der edition tiamat erschienen. ISBN 978-3-89320-145-7.

„das leben ist kein streichelzoo“ von david sedaris – ein buchtipp

für kurz zwischendurch, kleine geschichten, großer spaß. david sedaris, eigentlich bekannt für schräge, schrille geschichten aus seinem eigenen leben, hat sich die tierwelt vorgeknöpft. in seinem buch „das leben ist kein streichelzoo – fiese fabeln“ gibt es, wie gewohnt, keine tabus und viel humor. denn auch die tierwelt ist alles andere als eine einfache welt.

ob eine arrogante rättin im versuchslabor, eine krähe, die selbstsüchtig ein schaf zum meditieren bringt oder ein kaninchen, das jedes maß der dinge verloren hat, in diesem buch ist alles möglich, sogar die frage, ob die blutegel im anus eines nilpferd singen oder summen. die meist kurzen fabeln haben eigentlich nur eine botschaft: in der tierwelt geht es allzu menschlich zu. nur am rand wird der mensch als thema gestreift, doch dann tut er sich meist dadurch hervor, dass er nichts versteht von den sorgen und nöten der tiere.

besonders schön wird das buch durch die direkten und drastischen illustrationen von ian falconer. dieses buch ist alles andere als ein kinderbuch, aber es ist ein märchenbuch, das den alten grausamen märchen in nichts nachsteht. der große unterschied: sedaris lässt immer noch eine absurde, witzige komponente einfließen. und natürlich der unübertroffene schreibstil von sedaris, wie man ihn aus seinen lebensgeschichten kennt. so erfährt man, dass neben einem in der tierwelt, der bär steppt.

übrigens ist das buch auch eine schöne anregung für das kreative schreiben, sich auch mal den fabeln und tiergeschichten zu zu wenden. das buch ist 2011 beim karl blessing verlag in münchen erschienen. ISBN 978-3-89667-444-9

„die unruhezone“ von jonathan franzen – ein buchtipp

es ist kein neues buch, es ist schon länger auf dem markt, aber manchmal kommt man nicht gleich dazu, ein buch zu lesen. es sagt auf keinen fall etwas über die qualität des buches aus. das buch „die unruhezone“ ist ein wunderbares beispiel für biografisches schreiben.

jonathan franzen führt vor, wie man seine kindheit und jugend in verschiedene erinnerungen, begebenheiten und entwicklungen aufteilen kann, wie man sie berichten und bewerten kann und wie sie sich leicht und unverkrampft lesen lassen. da franzen selber noch nicht auf ein langes leben zurückblicken kann, sondern auf eine etwas angestrengte und ereignisarme kindheit und jugend, ist dies nicht unbedingt stoff für fesselnde geschichten.

aber er schafft es, dass man seine berichte in einer wahrscheinlich durchschnittlichen, bürgerlichen amerikanischen familie mit all ihren unebenheiten und verkrampfungen schwer beiseite legen kann. es ist ein plauderton, der so zu sagen „nebenher“ die vielen unsicherheiten der pubertät und des finden des eigenen wegs offenlegt. dabei wirkt das buch von franzen sehr ehrlich (obwohl man natürlich nicht sagen kann, ob sich wirklich alles so zugetragen hat) und legt sein großes bemühen, anschluss an die welt zu finden, offen.

er verschachtelt seine erinnerungen in einer art und weise, dass sie am ende des buches ein rundes bild seiner gewordenheit wiedergeben. ein lohnenswertes buch in zweierlei hinsicht: als entspannte unterhaltung und als orientierung für das eigene biografische schreiben. das buch ist 2008 bei rororo in reinbek bei hamburg erschienen. ISBN 978-3-499-24439-1

„gamestorming“ von brown, gray und macanufo – ein buchtipp

wie der titel schon erahnen lässt, ist das ganze leben ein spiel. oder anders formuliert, an beinahe jede aufgabe kann man spielerisch herangehen. das nimmt der aufgabe zwar nur teilweise ihre ernsthaftigkeit, aber es schafft raum für mehr kreativität. kein anderes ziel hat das buch „gamestorming – ein praxisbuch für querdenker, moderatoren und innovatoren“ von dave gray, sunni brown und james macanufo.

wie peppt man ein meeting auf, damit am schluss neue gedanken und analysen zum vorschein kommen? man arbeitet nicht starr zielorientiert und in einer strikten abfolge, sondern man arbeitet spielerisch verlaufsorientiert und lässt raum für neues. mit dieser behauptung machen sich die autorInnen daran, den heutigen anforderungen an entwicklungen und neuerungen gerecht zu werden. es gibt sie kaum mehr, die stringente lösung eines problems. die welt ist vielfältiger und unübersichtlicher geworden. dem muss auch in wirtschaft und im marketing rechnung getragen werden.

uns so werden im buch eine große auswahl an verschiedenen „spielen“, assoziationstechniken und gruppenaktionen zusammengetragen, die eine veränderte herangehensweise zulassen. angenehm ist dabei, dass auch ergebnislose prozesse zugelassen werden. unangenehm scheint mir die beschwörung des spielerischen in prozessen, die für die einzelnen teilnehmerInnen existentiell sein können. es gibt nicht viel raum für die eigene befindlichkeit. doch die kommt ins spiel, wenn man der kreativität raum gibt.

insgesamt lohnt es sich die große sammlung an spieltechniken anzuschauen und zu nutzen, wenn man seminare und meetings organisiert. man benötigt post-its ohne ende, flipcharts, stifte (dem zeichnen wird im buch eine große bedeutung zugesprochen), zeit und ideen. dann kann mit großer wahrscheinlichkeit eine menge entstehen und entwickelt werden. positiver nebeneffekt: hierarchien werden zeitweise aufgehoben. das buch ist bei o´reilly 2011 in köln erschienen. ISBN 978-3-89721-326-5. es gibt eine homepage zum buch, auf der beinahe alle spiele versammelt sind: http://www.gogamestorm.com/?page_id=234 .

„die große zukunft des buches“ von eco und carrière – ein buchtipp

das ganze buch ein gespräch zwischen zwei buchliebhabern und -sammlern: umberto eco und jean-claude carrière. auslöser für das gespräch ist die frage, ob die digitalisierung unseres lebens, das gedruckte buch zum verschwinden bringt? die leserInnen können sich schon nach ein paar seiten zurücklehnen und feststellen, die wahrscheinlichkeit ist sehr gering. denn die schrift ist eine ähnliche erfindung wie das rad, sie kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. der mensch kann nicht auf die schrift verzichten, seitdem er sie erkannt und entdeckt hat.

anders sieht es damit aus, wie die schrift verbreitet wird, natürlich verlagert sich vieles ins internet, aber auch hier wird man mit erfrischenden gedanken konfrontiert. ein großer stromausfall und vielleicht verschwindet das internet wieder so schnell, wie es gekommen ist. eco vergleicht die situation mit dem zeppelin: eine große katastrophe und die menschheit verzichtete auf diesen fortschritt. nun muss man nicht unbedingt darauf hoffen, vieles fortschrittliche bestand auch weiter, aber das gedankenspiel um die dauerhaftigkeit des buches, „die große zukunft des buches“ liest sich spannend und regt zu vielen eigenen gedanken an.

die beiden experten fragen sich zum beispiel auch, welche schriften uns eigentlich überliefert sind. sind das wirklich die schriften, die damals in den alten kulturen tonangebend waren oder sind es nur zufällige überbleibsel, deren gewicht in den damaligen gesellschaften marginal war? und was bedeutet dies für unsere gläubigkeit an überliefertes?

ein weiter bogen, der aber immer wieder zu der frage zurückführt, ob der unterschied zwischen internet und buch wirklich so groß ist, wie immer getan wird? denn auch früher bei den ersten büchern wurde schon wissen und weitergabe von wissen gefiltert. eco und carrière gehen sogar so weit, dass sie behaupten „unser wissen über die vergangenheit verdanken wir idioten, dummköpfen und gegnern“ (eine der kapitelüberschriften), da der rest verloren gegangen ist oder nicht weitergegeben wurde.

es wird richtig amüsant in dem gespräch, viel wissen wird vermittelt und der diskurs regt zu einer neuen sichtweise an. ich kann dieses buch jedem empfehlen, der sich mit den konsequenzen des internet für unsere gesellschaften auseinandersetzen möchte. ein kluges und witziges, gedrucktes buch 😉 es ist 2011 in münchen beim deutschen taschenbuch verlag erschienen. ISBN 978-3-423-34694-8

„wortschatz“ von sascha lobo – ein buchtipp

nun, man könnte es als alterserscheinung abtun, dass einem das leben immer beschleunigter und rasender vorkommt. doch schaut man sich um, dann macht sich dieses gefühl auch schon bei jüngeren menschen breit. gleichzeitig scheinen manche gegebenheiten oberflächlich betrachtet konstant und unverrückbar. dazu zählt neben dem beamtentum und der steuersteigerung vor allen dingen die sprache. aber schon die rechtschreibreform und das regelmäßige update des duden sprechen im wahrsten sinne des wortes eine andere sprache.

doch die entwicklung unserer sprache hinkt inzwischen der entwicklung unserer gesellschaft (internet, banken- und börsensituation, globalisierung, beziehungskisten …) hinterher. um bei dieser großen geschwindigkeit den überblick zu behalten und die richtigen worte zu finden, bietet sascha lobo einen vorausschauendes wörterbuch an. sein „wortschatz – 698 worte für alle lebenslagen“ bietet alternativen und weiterentwicklungen für zukünftige kommunikationen an.

mit viel fantasie und humor greift sascha lobo die gesellschaftlichen veränderungen auf und bietet sprachliche abhilfe. so schlägt er den „einling“ vor, als „deutsches wort für single„, oder „friendgehen“ als bezeichnung für „mit facebook-freunden fremdgehen. sowohl durch das als auch beim friendgehen können die peinlichsten, aber auch erregendsten situationen des universums entstehen.„.

immer ein augenzwinkern, immer eine aktuelle entwicklung aufgreifend und immer der teilweise herrschenden sprachlosigkeit eine alternative bietend, veranlasst das buch mich zum lauten lachen in öpnv. ein wirklich fantasievolles und wortfindungen anregendes buch. mal abwarten, wie viele der vorgeschlagenen begriffe im laufe der zeit einzug in den deutschen sprachschatz halten. lohnen würde es sich auf alle fälle. aber so lang dies nicht der fall ist, kann man das buch für kleine schreibanregungen wunderbar verwenden.
das buch ist 2011 in reinbek bei hamburg im rowohlt taschenbuch verlag erschienen. ISBN 978-3-499-62823-8

„das leben wartet nicht“ von ulrike scheuermann – ein buchtipp

Ein „Navi“ auf dem Weg zum Wesentlichen im Leben

Wir leben in einer hochkomplexen, widersprüchlichen Welt. Dabei befinden wir uns beständig im Widerstreit zwischen unseren ureigenen, persönlichen Bedürfnissen und den Forderungen der Gesellschaft an uns. Da kann es leicht passieren, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Erst im Laufe der Zeit stellt man fest, dass man inzwischen etwas lebt, das einem selber nicht entspricht. Doch wie zurück auf die Spur des für mich Wesentlichen kommen?

Mein Tipp: Das neue Buch von Ulrike ScheuermannDas Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ lesen und die darin angebotenen Übungen machen. In dem Buch begleitet die Autorin einen entlang eines roten Fadens von der Grundüberlegung „Wie ist mein Leben heute?“ bis zu dem Gedanken „So sollte mein Leben sein!“. Ausgehend von der Frage „Wie würde ich leben wollen, wenn ich Morgen oder in ein paar Wochen sterbe?“, navigiert sie die LeserInnen durch verschiedene Szenarien der Selbstannäherung.

Nachdem man sich einen Überblick über den Ist-Zustand verschafft hat, werden die eigenen Werte gewichtet, wird auf das Wesentliche fokussiert, eine letzte „weise“ Vorlesung vorbereitet, das Selbst-“Bewusstsein“ weiterentwickelt, werden Beziehungen geheilt und wird selbstlose Liebe ausprobiert. Um die aufeinander aufbauenden Schritte nachvollziehen zu können, bietet die Autorin viele verschiedene selbstreflexive Übungen an. Der Großteil der Übungen animiert zu schriftlichen Annäherungen. Dafür wurden Schreibtechniken des Kreativen und Biografischen Schreibens von Ulrike Scheuermann weiterentwickelt und auf die Fragestellungen abgestimmt. Außerdem können eigene Ideen, Vorstellungen und Gedanken in Bildern, Clustern und Storyboards visualisiert werden.

Das Buch bietet viele Möglichkeiten, sich selbst wieder näher zu kommen. Es gibt Anregungen, Informationen und kleine Stories zum Nachdenken. Ulrike Scheuermann motiviert dazu, dem „Carpe-Diem“-Prinzip zu folgen und Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Die klare Struktur und die verständliche Sprache des Buches machen es einem leicht, alle angebotenen Schritte nachzuvollziehen und auszuprobieren. Und, wie ich finde, ein wichtiger Aspekt: Die letztendliche Entscheidung, wohin die Reise gehen soll, wird einem selber überlassen. So ist das Buch ein flexibles „Navi“, das die subjektiven Bedürfnisse und die persönlichen Ziele der LeserInnen berücksichtigt.

Zwei Aspekte des Buches ließen beim Lesen in mir Widerspruch aufkommen:

  • Die für meinen Geschmack etwas zu häufige Betonung, dass die Reise zum Wesentlichen anstrengend sei. Zu selten wird mir dargestellt, dass solche Schritte der Selbstannäherung auch befreiend sein können, sich gut anfühlen und ein positives Erleben verursachen können.
  • Die Denkanregungen zum Begriff der „Weisheit“ fokussieren für mich zu sehr auf das Entwickeln von Gelassenheit und Versöhnung. Ich bin der Meinung, nur wenn es auch Unruhe und Widerstand gibt, können Lebenskonzepte entstehen, die Gelassenheit und Versöhnung erst ermöglichen. Dies gehört für mich auch zur Vorstellung von Weisheit. Ohne Kritik und Aufregung wird leicht ein unangenehmer oder unmenschlicher Status Quo erduldet. Oder wie eine Bekannte einmal formulierte: „Wenn ich mich nicht mehr aufrege, dann bin ich tot.“.

Aber dies soll der Empfehlung des Buches „Das Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ keinen Abbruch tun, denn es regt zum Denken, zum Diskurs und zum Einnehmen einer eigenen Haltung an. Also ein „Navi“, das einen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Wesentlichen im eigenen Leben führt. Das Buch ist 2011 in der Reihe „MensSana“ bei Knaur Taschenbuch in München erschienen. ISBN 978-3-426-87555-1

70 buchtipps aus diesem blog

im laufe der zeit habe ich hier manche bücher vorgestellt. diese vorstellungen erheben weder anspruch auf irgendeine vollständigkeit noch sind sie irgendein standard. sie purzelten hier einzig in der reihenfolge des lesens herein. doch hier ein gebündelter überblick, mit den links zu den jeweiligen posts (einfach auf den titel des buchs klicken).

erst lesen, dann schreiben“ herausgegeben von olaf kutzmutz und stephan porombka

mein klassiker – autoren erzählen vom lesen“ herausgegeben von sascha michel, mirjam neusius und lea katharina ostmann

verteidigung des privaten“ von wolfgang sofsky

extrem laut und unglaublich nah“ von jonathan safran foer

stilfibel“ von ludwig reiners

das ende der schublade: die macht der neuen digitalen unordnung“ von david weinberger

66 schreibnächte“ von katrin girgensohn und ramona jakob

die logik der sorge. verlust der aufklärung durch technik und medien“ von bernard stiegler

wege zum ruhm“ von robert gernhardt

stilübungen“ von raymond queneau

das erste buch. schriftsteller über ihr literarisches debüt“ herausgegeben von renatus deckert

reimlexikon“ von willy steputat

absichten und einsichten. texte zum selbstverständnis zeitgenössischer autoren“ herausgegeben von markus krause und stephan speicher

maschinenwinter. wissen, technik, sozialismus. eine streitschrift“ von dietmar dath

schreiben lernen – schreiben lehren“ herausgegeben von josef haslinger und hans-ulrich treichel

der sprung in den papierkorb“ von thomas hürlimann

geflügelte worte“ von georg büchmann

krankheit als metapher – aids und seine metaphern“ von susan sontag

abstrakt negiert ist halb kapiert“ herausgegeben zum 60. geburtstag von morus markard

wie romane entstehen“ von hanns-josef ortheil und klaus siblewski

auf meinen spuren. das entdecken der eigenen lebensgeschichte“ von herbert gudjons, marianne pieper und birgit wagener

schwarzes quadrat“ von max frisch

wer bin ich?“ von rolf dobelli

warum denken traurig macht“ von george steiner

fragebogen“ von max frisch

dinge geregelt kriegen – ohne einen funken selbstdisziplin“ von sascha lobo und karhrin passig

the book of questions“ von pablo neruda

vom leben, vom tod und vom übirgen auch dies und das – frankfurter poetikvorlesungen“ von urs widmer

vergessenheit“ von david foster wallace

unglücklich glücklich“ von eric g. wilson

erinnern, wiederholen, durcharbeiten“ von lutz von werder

wer reden kann, macht eindruck. wer schreiben kann, macht karriere“ von ulrike scheuermann

kopf schlägt kapital“ von günter faltin

die sandwirtschaft“ von uwe tellkamp

raum zum schreiben – creative writing in 200 genialen lektionen“ von bonni goldberg

kein schöner land“ von patrick findeis

ruhm“ von daniel kehlmann

das ende der liebe“ von sven hillenkamp

am beispiel des hummers“ von david foster wallace

suchmaschinen“ von david gugerli

schöner wird´s nicht“ von david sedaris

emergenz digitaler öffentlichkeiten“ von stefan münker

wie der bauch dem kopf beim denken hilft“ von bas kast

wie man den bachmannpreis gewinnt“ von angela leinen

ich frage mich“ von janne mathis eick
die kunst, frei zu sein“ von tom hodgkinson

fuckt it!“ von john c. parkin

als hitler das rosa kaninchen stahl“ von judith kerr

fragebuch“ von mikael krogerius und roman tschäppeler

warum?“ von nikolai popov

666 spiele“ von ulrich baer

nachtstücke – ein lesebuch“ von hans ulrich hirschfelder (hg.) und gert nieke (hg.)

das lesikon der visuellen kommunikation“ von juli gudehus

verirren“ von kathrin passig und aleks scholz

die 50 werkzeuge für gutes schreiben“ von roy peter clark

arbeitszeugnisse formulieren und entschlüsseln“ von christian püttjer und uwe schnierda

don´t make me think!“ von steve krug

checker dichten!“ von sabine samonig

die schreibfitness-mappe“ von ulrike scheuermann

ich will so werden wie ich bin“ von volker kitz und manuel tusch

heringers reizwörterbuch“ von hans jürgen heringer

praxisbuch networking“ von andreas lutz

empört euch!“ von stéphane hessel

verführung mit worten“ von karen christine angermayer

kreativitätstechniken“ von georg schumacher

wissenschaftlich schreiben leicht gemacht“ von martin kornmeier

frei geschrieben“ von judith wolfsberger

der therapeut für die hosentasche“ von therese borchard

reality hunger“ von david shields

schreibend lernen“ von gerd bräuer

„der therapeut für die hosentasche“ von therese borchard – ein buchtipp

lebensweisheiten helfen, sonst würden sie ja nicht lebensweisheiten heissen. ähnliches ist bei sinnsprüchen der fall oder bei sprichwörtern. alle sind geronnene formen von alltäglichen erkenntnissen, die sich gern wiederholen. und viele sind aus schwierigkeiten und problemen heraus entstanden.

und so begab sich vor etlichen jahren eine frau ins internet, um über ihre psychischen probleme zu berichten, aber vor allen dingen auch, um ihre lösungswege und -versuche zu veröffentlichen. so bloggte therese borchard seit etlichen jahren und gewann beständig leserInnen, die mit ihren überlegungen und beschreibungen etwas anfangen konnten.

was selten vorkommt, sich aber manchmal doch umsetzen lässt: aus dem blog von therese borchard (siehe http://blog.beliefnet.com/beyondblue/ ) ist ein büchlein geworden: „der therapeut für die hosentasche – 144 tipps für emotionale notfälle – ein unverzichtbarer begleiter für den alltag„.

die autorin hatte nie vor, ihre erkenntnisse zu verallgemeinern. sie beschreibt nur, was ihr gut getan hat. sie beschreibt, wie sie mit neurotischen und psychotischen situationen umgegangen ist. was ihr geholfen hat und was ihr nicht geholfen hat. dies ist meist subjektiv, kann aber auch anderen helfen. der blog lief nur deshalb so gut, weil sich viele menschen, in ähnlichen situationen wiedergefunden haben. und man sollte ernst nehmen, was auf dem buch steht: es geht wirklich um emotionale notfälle, also etwas, was nicht jeder mensch jeden tag erlebt, aber genug menschen, beinahe täglich. (sonst würde man auch keinen therapeuten, keine therapeutin aufsuchen).

und so werden aus berichten, kleine lebensweisheiten für menschen in krisenhaften situationen. da kann auch solch ein büchlein hilfreich sein. und dann kann man auch darüber hinweglesen, dass eine der lösungen von therese borchard im christlichen glauben liegt. auch dies ist geschmackssache, besser glaubenssache, und kann manchen helfen, anderen wieder nicht. wie alles in diesem buch, kann man dies nur für sich selber entscheiden. aber ein blick hinein lohnt sich, wenn man nach wegen sucht, heftige psychische krisen durchzustehen.
das buch ist 2011 im schwarzkopf & schwarzkopf verlag in berlin erschienen. ISBN 978-3-86265-042-2

„wissenschaftlich schreiben leicht gemacht“ von martin kornmeier – ein buchtipp

dieses buch ist hilfreich und ärgerlich zugleich.
hilfreich ist es, da es eine fülle von hinweisen und tipps zu den verschiedenen formen des wissenschaftlichen arbeitens und somit auch schreibens bereit hält. vor allen dingen bei den fragen welche form des forschungssettings man wählt oder wie aussagen und thesen formuliert sein sollten bietet das buch einen wunderbaren überblick. martin kornmeier hat in „wissenschaftlich schreiben leicht gemacht – für bachelor, master und dissertation“ alles zusammengetragen, was heutzutage in wissenschaftlichen arbeiten verlangt und erwartet wird.

sollte man also unsicher sein, welche zutaten man für eine wissenschaftliche arbeit benötigt (der autor vergleicht das schreiben einer arbeit mit dem backen eines gugelhupfs), kann man in dem buch gut nachschlagen.

ärgerlich wird es aber, wenn man zu den vorstellungen des autors zur akademischen welt und zum wissenschaftlichen schreiben an sich gelangt. hier wird die aktuell in deutschland existierende form des wissenschaftlichen arbeitens als non plus ultra dargestellt. ein blick auf ted.com würde zeigen, dass man an wissenschaften auch anders herangehen kann. und zum wissenschaftlichen arbeiten gehört für den autor, dass es schwierig sein muss. so zeigen für ihn die schreibprobleme und schreibkrisen in der akademischen welt nur, dass das leben kein kindergeburtstag ist und qualitativ hochwertiges eben weh tun muss.

das ärgert, da entdecken, erforschen und neu kombinieren auch ein sehr kreativer, lustvoller und einfach entspannter akt sein kann. warum sollte dann das zu papier bringen anstrengend sein und in ausschließlich in ein strenges korsett gefasst werden. der umgang mit wissen war bei vielen großen entdeckern und wissenschaftlern oft viel chaotischer und kreativer als es einem dieses buch nahelegen möchte.

darum finde ich, lohnt sich der hohe gehalt an (grund)informationen, die in diesem buch vermittelt, wissenschaftliches schreiben bietet aber noch viel mehr spielräume als hier abgedruckt. das buch ist in dritter auflage im haupt-verlag, zur verlagsarbeitsgemeinschaft utb gehörend, 2010 erschienen. ISBN 978-3-8252-3154-5 .

„kreativitätstechniken“ von georg schumacher – ein „buchtipp“

also ein buch ist es eigentlich nicht, ein gesellschaftsspiel eigentlich auch nicht. es ist eine box mit 75 („spiel“)karten, ein block, ein bleistift und eine kleine sanduhr. das design ist fröhlich und ansprechend und macht auf den inhalt neugierig. es gibt keinen großen begleittext, es gibt nur die anregung, die karten zu verwenden, um die eigene kreativität zu entdecken. denn die einzige aussage, die hinter der box steckt, ist die behauptung, jeder mensch sei kreativ.

jawoll, ja, kann man dazu nur sagen. und so bieten die karten der „kreativitätstechniken – spielerisch kreativer werden – 75 übungen, die ihre fantasie beflügeln“ von georg schumacher einen bunten mix aus rätseln, übungen, wort“spielen“, fantasieanregern, regeln, hinweisen, forschungsergebnissen, intuitionsübungen, denktrainings und dergleichen mehr. auch wenn man darüber streiten kann, ob kreativität einem sehr biologistisch-evolutionärem konzept folgt, bietet diese box viele nützliche und interessante anregungen. auf den karten wird nicht in abrede gestellt, dass der mensch ganz eigene mittel entwickelt hat, kreativ zu sein. dies wird zum beispiel durch quizfragen wie, was bestimmte berühmte erfinder und schriftsteller gemeinsam haben, in rechnung gestellt. das tagebuch schreiben und skizzenbuch führen.

so bleibt viel raum für spielerei und schreiben beim ausprobieren der box. manchmal wünschte man sich noch etwas mehr selbstreflexive anregungen, da man die fähigkeit des menschen zur selbstreflexion auch als grundvoraussetzung für kreativität sehen kann. auf alle fälle ist die box aber ein wunderbarer pool und ideengeber für kreativitätsübungen, die man sowohl für sich selber verwenden kann, als auch als vorlagen für eigene kreativitätstechniken und -ideen, die man in gruppen anwenden möchte. und das schöne daran, viele anregungen können mit jeder altersstufe durchgeführt werden.

die box ist 2010 in moses. verlag in der rubrik „think! smarter“ in kempen erschienen. artikelnummer 25112 (dieses mal keine ISBN).

„empört euch!“ von stéphane hessel – ein buchtipp

eigentlich ist es ein büchlein, wie man es selten in den buchhandlungen findet. gerade einmal 30 seiten und doch inzwischen so viel gelesen. da äußert sich ein über neunzigjähriger diplomat und philosoph über die möglichkeit und notwendigkeit des widerstands in der heutigen gesellschaft. aus der eigenen lebensgeschichte ergibt sich für ihn ein postulat der empörung gegen die verletzung der menschenrechte. sein aufruf überschreitet die forderungen des neudeutschen „wutbürgers“ bei weitem.

so formuliert er: „ich sage den jungen: wenn ihr sucht, werdet ihr finden. „ohne mich“ ist das schlimmste, was man sich und der welt antun kann. den „ohne mich“-typen ist eines der absolut konstitutiven merkmale des menschen abhanden gekommen: die fähigkeit zur empörung und damit zum engagement.“ er fordert alle auf, verantwortung zu übernehmen, gewaltfrei widerstand gegen eine welt im gewinn- und konkurrenzwahn zu leisten. er erinnert an die überlegungen der résistance für eine gerechte welt, um zukünftig totalitarismus und nationalsozialismus zu verhindern.

so klein das büchlein sein mag, so verständlich ist die kurze botschaft. wahrscheinlich benötigt man ab und zu eine erinnerung an die kraft der empörung und notwendigkeit einer veränderung. also, wo sind die ideale und utopien der zukunft? stéphane hessel bietet mit „empört euch!“ einen anstoss zum nachdenken. das buch ist 2010 bei ullstein in berlin erschienen. ISBN 978-3-550-08883-4