wie man den spass am schreiben abgewöhnt (03)

grosse genies

im land der dichter und denker hat sich die haltung, dass zum schreiben eine mischung aus genie und angeborener begabung gehört, noch nicht verflüchtigt. zwar wird in manchen bereichen zugestanden, dass kreativität und fantasie gefördert werden können, doch die letztendliche veröffentlichung schaffen nur „echte“ schriftstellerInnen.

das macht es jeder person, die die lust verspürt, geschichten oder romane zu schreiben, den anfang schwer und lässt wahrscheinlich viele gute schreiberInnen zurückschrecken. warum genügt es nicht, sich darauf zu einigen, dass literatur selten in einem ungetrübten schreibfluss entsteht. dass literatur schreiben eben auch arbeit ist. dies könnte vielen die tür öffnen, indem sie sich darauf einrichten, dass sie wie andere menschen einer arbeit nachgehen und dann mal schauen, wie das ergebnis ankommt.

aber nein, meist wird ein abschreckungsszenario formuliert. denn selbst wenn einem talent von anderen bescheinigt würde, dann könnte man sich lang noch nicht sicher sein, einen verlag zu finden oder leserInnen zu gewinnen. wer sich durch den dschungel der genie-talent-begabungs-argumentation durchwindet und trotzdem zu stift oder tastatur greift, muss schon ein dickes fell haben.

die einschüchterung beginnt schon früh. gehen wir einmal davon aus, eine person entscheidet für sich, ich nehme den job der literarischen arbeit auf und schreibt erste texte und geschichten. schon die ersten leserInnen werden häufig mit der erwartung an das geschriebene gehen, dass dies nun der ganz große wurf sein muss. dementsprechend fällt das feedback auch durch gute freunde und bekannte oder durch literaturkreise schnell vernichtend aus.

anscheinend muss vor dem schreiben lernen erst das feedback-geben gelernt werden. wie lässt sich konstruktive kritik lernen? vor allen dingen sollten sich alle feedbackgeberInnen vom geniegedanken verabschieden. die grundhaltung, dass geschriebenes natürlich überarbeitet und verbessert werden kann, ist unabdingbar. das mag für manche leserInnen lächerlich klingen, doch es ist nicht zu unterschätzen wie hoch die ansprüche an schreibende von außen oder auch durch sich selbst sein können.

das elite-denken beschränkt, wie in anderen elitären zusammenhängen auch, die weiterentwicklung und das dazulernen. hier müssen schreibende so viel selbstbewusstsein und mut besitzen, zu widersprechen und die formulierte kritik zurückzuweisen. das heisst aber nicht, dass konstruktive kritik nicht angenommen werden sollte. weisst die kritik auf verbesserungsmöglichkeiten hin, dann kann man die veränderungen für sich einmal durchspielen und danach entscheiden, ob man die kritik annimmt oder nicht.

nur eines sollte man nicht machen: das schreiben aufhören, da es einen verpatzten text gab oder das feedback unangemessen war. am besten macht man sich im vorfeld gedanken darüber, wozu man eine rückmeldung haben möchte und formuliert dies auch den kritikerInnen gegenüber. übrigens sollte man diese haltung auch für sich bewahren, wenn man wirklich veröffentlicht. es gibt literaturkritik, die anregungen zur verbesserung gibt und es gibt kritik, die nur personalisierend und deutend vernichten soll.

bevor man also das schreiben aufgibt, könnte versuchen, den umgang mit kritik für sich selbst zu üben und zu lernen. es wäre zu schade, wenn vieles nicht geschrieben worden wäre, nur weil die kritik schlecht war.

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