Tagesarchiv: 10. April 2011

biografisches schreiben und gier

beinahe alle unsere handlungen basieren auf dem versuch, bedürfnisse zu befriedigen. wenn ich laufe, dann möchte ich einen bestimmten ort erreichen, dann möchte ich vorankommen und habe ein ziel vor augen. und selbst wenn ich ziellos durch die gegend laufe, habe ich eine vorstellung davon, warum ich dies tu. es gibt keine unbegründeten handlungen. das ist der normale lauf unseres lebens. dazu gehört auch, dass nicht jedes bedürfnis befriedigt werden kann, dass wir immer wieder aufgerufen sind, unsere bedürfnisse mit den anforderungen von außen abzugleichen. so kann ich nicht einfach weiterschlafen, wenn der wecker klingelt und der erwerbsarbeit nachzugehen ist.

aber manchmal kann es passieren, dass das zu befriedigende bedürfnis so übermächtig und grenzenlos ist, dass es mit der einfachen handlung nicht getan ist. es scheint uns unvorstellbar, dass dieses bedürfnis nicht befriedigt werden könnte. wir werden gierig. das erinnert ein wenig an die kinder, die vor der supermarktkasse unbedingt noch die eine süssigkeit benötigen. doch wenn ihre eltern zu verstehen geben, dass dies nicht geschehen wird, werfen sie sich auf den boden und schreien, um doch zu bekommen, was ihnen versagt wird.

zur gier gehört ebenso eine gewisse maßlosigkeit. dies bedeutet, ist das bedürfnis eigentlich befriedigt, wird noch eins draufgesetzt und entweder müssen gleich noch zwei andere bedürfnisse befriedigt werden oder man möchte von dem erhaltenen einfach mehr, die doppelte portion bedürnisbefriedigung. beim biografischen schreiben hat man die möglichkeit, einen blick auf die eigene gier zu werfen. wovon konnte man nicht genug bekommen, was wollte man unbedingt haben? Weiterlesen

kreatives schreiben und gier

auch das kreative schreiben kann dazu verführen, immer mehr davon haben zu wollen. das mag jetzt ein wenig kitschig klingen, doch das gefühl, der eigenen fantasie freien lauf zu lassen, etwas selber geschaffen zu haben, ist ein sehr angenehmes. auch wenn mancher versuch größere anstrengungen benötigt und zwischendurch der einstieg ins schreiben schwer fällt, die erfolgserlebnisse machen es für viele wieder wett.

und wenn etwas so gut gefällt, dann möchte man manchmal nicht wieder aufhören. so kann man in die schleife geraten, eine schreibübung nach der anderen zu machen, sich nur noch mit dem kreativen schreiben zu beschäftigen. das kann sich in zwei richtungen bewegen. zum einen kann im laufe der zeit ein beruf daraus werden, man wendet sich der schriftstellerei zu. viele schriftstellerInnen beschreiben ja, da sie sich etwas anderes als schreiben überhaupt nicht vorstellen können. zum anderen kann aber auch das versinken im kreativen schreiben die weltflucht verstärken. ich bewege mich nur noch in meinen geschichten, ziehe mich von allem anderen zurück und fülle meine zeit vollständig mit fantasiegeschichten aus. beide wege sind denkbar aber nicht alltäglich.

kreatives schreiben bietet eine zusätzliche möglichkeit, einen umgang mit der gier zu finden. in einer recht gierigen welt, kann das kreative schreiben der gegenpol sein. in zeiten, wo es vor allen dingen um leistung, erfolg und beständige steigerung des output geht, bietet das kreative schreiben beinahe eine ruhige phase. Weiterlesen