Tagesarchiv: 18. April 2011

web 2.0 und liebe

das web 2.0 verheisst die wahre liebe, das perfekte pendant zu einem selber. auf diese kurze aussage lassen sich die funktionsmechanismen einer (beinahe) globalisierten kommunikation reduzieren. wie schon in dem buch „das ende der liebe“ von sven hillenkamp aufgezeigt wird, suggeriert das internet ein unendliches angebot an potentiellen partnerInnen.

doch dies ist ein trugschluss, beschränkt sich das angebot doch auf die menschen, die einen netzzugang haben, die sich in soziale netzwerke einklinken und die darüber partnerInnen suchen. so wird sich die auswahl im absoluten idealfall auf die weltbevölkerung im beziehungsfähigen alter beschränken, wenn man nicht glaubt, dass in absehbarer zeit zusätzlich potentielle partnerInnen aus dem weltall teil der kommunikationsnetze werden.

und es folgen weitere einschränkungen: jeder mensch kann für sich prioritäten benennen, die potentielle partnerInnen erfüllen sollten. doch allein diese prioritäten gehen durch einen engen filter, den der virtuellen kommunikation. es ist nicht nachvollziehbar, wie weit die angaben in profilen der realität entsprechen, wie weit das aussehen dem digitalisierten bild entspricht und wie weit die schriftliche kommunikation ein spiegel des gegenübers ist.

also muss die versprochene möglichkeit, perfekte partnerInnen durch das netz finden zu können, abermals eingeschränkt werden: die eigentlich menschlichen komponenten kann das web 2.0 nicht abbilden. dazu zählen der körpergeruch, der klang der stimme, die ganz subjektive bewegung, die gelebten emotionen und vor allen dingen die nicht in worte zu fassende ausstrahlung. im computer strahlt nur ein abbild, das eventuell und maximal einen vorgeschmack Weiterlesen

zum digitalen diskurs – ein lesetipp

wie weit beeinflussen die modernen medien, besser geschrieben, das eine medium „internet“, das viele medien in sich vereint, unser denken. der diskurs ist nicht neu, die entwicklung schreitet voran und es kann hilfreich sein, eine zwischenbilanz der erkenntnisse und veränderungen zu lesen.

sehr empfehlenswert in diesem zusammenhang erscheint mir der artikel „feindliche übernahme – die mediale wirklichkeit – zur digitalisierung der verwalteten welt“ von hans günter holl in „lettre international“ – frühjahr 2011, nr.92, s.55ff. (hier ein auszug aus dem artikel: http://www.lettre.de/aktuell/92-Holl.html )

ja, man kann der meinung sein, dass das durch den computer und das web 2.0 angebotene wissen eigentlich nur information ist und einem einzigen zweck dient, nämlich werbung zu sein. werbung für das angebotene vermittelte und gleichzeitig zusätzlich nochmals staffage für offensichtliche werbung. man kann auch der meinung sein, dass sich unser denken den vorgaben durch das medium computer anpasst. dieser diskurs ist nicht neu, aber es schadet nicht, ihn weiterhin aufzurollen.

denn es gibt heute vor allen dingen in den wissenschaften die tendenz, durch gleichrichtung und neurophysiologie unser wissen und unser lernen auf verschaltung und verwertbarkeit zu reduzieren. hier lohnt ein kritischer blick, was in diesen momenten verloren geht, wie wir distanz zum weltbezug gewinnen. dies aber nur, wenn wir diesen vorgaben und interessen folgen. interessen, die in erster linie keine menschlichen sondern kapitalistische, also ideologische und politische sind.

man kann diesem wahn von gleichschaltung der wissenschaften durch credit-points und technologie-verheissungen nur kritisch etwas entgegensetzen, wenn man die mechanismen, die dahinter stecken, versteht und eine kritische distanz dazu einnimmt. denn was den menschen auch heute noch auszeichnet, ist seine fähigkeit der reflexion kombiniert mit kreativität. und wie hier schon öfter beschrieben fließen in die kreativität immer wieder subjektive lebenserfahrungen mit ein. ganz individuelle emotionen, subjektive historizität und persönliches lernen.

die schlussfolgerungen der analyse im artikel scheinen meiner ansicht nach, den menschen zu unterschätzen. es herrscht das bild des sehr prägbaren menschen vor, der sich jedem gesellschaftlichen konstrukt ohne wenn und aber unterwirft. doch dazu gibt es zu viele kritische stimmen. aber die analyse im artikel regt definitiv zu einem spannenden diskurs an, sie ist lesenwert.