Tagesarchiv: 13. März 2011

kreatives schreiben und vertrauen

erst einmal erwartet man, dass vertrauen beim kreativen schreiben keine große rolle spielt. wem soll man schon vertrauen müssen, wenn man fantasievoll für sich schreibt? doch bei der anleitung von schreibgruppen fällt auf, dass teilnehmerInnen oft ihren eigenen einfällen nicht vertrauen. es gibt äußerungen wie: „mir fällt gerade gar nichts ein“, „mein kopf ist so leer“, „das klingt doch lächerlich, was ich mir da überlegt habe“, „die anderen texte werden bestimmt viel fantasievoller sein“ und dergleichen mehr.

das kreative schreiben bietet in diesem zusammenhang verschiedene möglichkeiten an. ich greife einfach meine gedanken auf und verfasse einen text zu der grundannahme, dass ich keine ideen habe oder andere viel fantasievoller sind. oder ich lege mich auf den nächstbesten gegenstand, die nächstbeste aussage, die mir begegnen, fest. ich blicke also durch den raum, fasse etwas ins auge und notiere es auf einem zettel. dann assoziiere ich zu dem gegenstand (cluster, 30-wort-assoziation, abd-darium …).
meist kann dann davon ausgegangen werden, dass ideen auftauchen werden, die einen ansprechen, die eine grundlage für eine kleine geschichte oder ein gedicht bilden.

sollte man sich öfter in der situation wiederfinden, dass man das vertrauen in sich selbst verliert, dann könnte man in der schreibgruppe anregen, dass einmal ein austausch zur ideenfindung stattfindet. wie stark fühlen die anderen sich unter druck gesetzt, „die tolle idee“ haben zu müssen. man wird feststellen, dass man mit diesem gefühl nicht allein da steht. man wird feststellen, dass auch einige andere teilnehmerInnen an ihren fähigkeiten zweifeln Weiterlesen

schreibidee (223)

gelesenes animiert mich inzwischen schnell dazu, schreibideen parallel zu entwickeln. das kann bedenklich stimmen, dass man ständig an schreibideen denkt, es ist aber auch ein steter quell an kreativem output. und so halte ich ein buch über die zwänge, denen wir in unserer heutigen gesellschaft ausgesetzt sind, in händen. warum nicht einmal darüber schreiben, was einen beständig unter druck setzt, obwohl es noch nicht einmal eigenen regeln und vorstellungen entspricht? darum wird in dieser schreibanregung das verfassen von „zwangstexten“ vorgeschlagen.

der einstieg ist schnell gefunden. alle schreibgruppenteilnehmerInnen verfassen 10 sätze mit dem anfang „du sollst …“. sie werden aufgefordert dabei an die erwartungen, die von außen an sie herangetragen werden, zu denken. die jeweiligen zehn sätze werden kurz in der schreibgruppe vorgetragen. anschließend greifen sie eine forderung oder erwartung heraus und beschreiben auf maximal zwei seiten die folgen dieser verinnerlichten regel. wie sehen die auswirkungen auf ihre leben aus? welche handlungen, die ihnen widerstreben, vollführen sie? dieser text wird nicht vorgetragen.

als nächstes geht es darum, weshalb man sich so selten gegen diese anforderungen wehrt. es gibt gute gründe, den zwängen zu folgen. meist ist es angst vor sanktionen, die folgen könnten, die antizipiert werden, wenn man sich anders verhält und den eigenen bedürfnissen folgt. darum werden die schreibgruppenteilnehmerInnen aufgefordert, einen text von maximal einer seite zu verfassen, in dem sie überlegungen anstellen, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn sie den zwängen nicht mehr folgen. welche sanktionen, welche unangenehmen reaktionen werden sie auslösen? auch dieser text wird nicht in der gruppe vorgetragen.

sind die zwänge einmal erkannt, kann man sich einem positiveren vorgehen zuwenden. zum abschluss wird eine längerer text verfasst, der darstellt, wie das eigene leben aussehen wird, wenn man all die erwartungen und anforderungen hinter sich lässt. dies kann eine geschichte, ein bericht, eine situationsbeschreibung, ein tagesablauf oder vieles andere sein. die teilnehmerInnen der schreibgruppe werden eingeladen, ein leben zu schildern, das (ohne anderen zu schaden) ausschließlich den eigenen bedürfnissen folgt. anschließend werden die entstandenen texte vorgetragen und ein feedback gegeben.